- Telefonzelle (Deutschland)
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Eine Telefonzelle, fachlich als Telefonhäuschen (TelH) bezeichnet, ist ein kleines Häuschen mit einer Grundfläche von etwa einem Quadratmeter, an dessen innerer Rückwand ein Telefonapparat angebracht ist. Die Gebühren des Telefonats werden je nachdem mit Münzgeld, einer Telefon-, Kredit- oder Geldkarte bezahlt. Telefonzellen stehen in der Regel im öffentlichen Raum.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die erste Telefonzelle, damals noch Fernsprechkiosk genannt, wurde am 12. Januar 1881 in Berlin in Betrieb genommen. Ab 1899 gab es Münzfernsprecher, vorher wurden Telefonbilletts verkauft. Die ältesten geschlossenen Zellen befanden sich noch in geschlossenen Gebäuden, Postfilialen, im Empfangsbereich von Hotels und gastronomischen Einrichtungen und lösten kleinere, vor allem durch Raumteiler abgegrenzte Telefongelegenheiten ab, für deren Benutzung es noch keine einheitlichen Regeln gab.
Ab den 1920er Jahren gehörten Telefonhäuschen mit Münzfernsprechern zum vertrauten Bild öffentlicher Plätze und Straßen. Ihre Gestaltung und Farbgebung wurde ab 1932 reichsweit normiert. Zunächst waren Blau und Gelb, ab 1934 Rot, ab 1946 einheitliches Gelb vorgeschrieben.[1] Mitte der 1990er Jahre wurde die Farbgebung auf weiß-grau-magenta der Telekom umgestellt.
Öffentliche Telefonzellen kamen nach ihrer Einführung allgemein sehr gut an und wurden nicht nur zum Telefonieren benutzt. Sie waren auch beliebte Treffpunkte.
Ab 1983 wurden die öffentlichen Fernsprecheinrichtungen durch Neuentwicklungen ergänzt:
- barrierefreie sechseckige Telefonzellen. Per Knopfdruck öffnete sich die Tür für Rollstuhlfahrer.
- bargeldlose öffentliche Fernsprecher, sogenannte Karten-Telefone. Begonnen wurde 1983 zu Testzwecken in Frankfurt am Main mit der Ausstattung von 29 Telefonzellen und wurde 1984 in weiteren Städten unter anderem in Aachen, Bonn und Goslar eingeführt. Bis 1984 waren aber mit 129.000 Telefonzellen ein Großteil nur reine Münzfernsprecher.[2] Ende der 1980er Jahre führte die Deutsche Bundespost Kartentelefone flächendeckend ein, die die Münzgeräte zum Teil verdrängten. Erst Ende der 1990er Jahre wurden Kombinationsgeräte (Telestation) eingesetzt, die sowohl Münzen als auch Telefonkarten akzeptieren.
- anrufbare Telefonzellen. In rund 25 Städten wurden ab 1983 über 300 Telefonzellen dergestalt nachgerüstet, dass diese auch angerufen werden konnten. Teilweise wurden die bestehenden Münzfernsprecher auch nur in Rückruf-Telefonzellen umgewandelt, in denen nur Anrufe entgegengenommen werden konnten. Für die Nutzer ergab sich die Möglichkeit im Fall einer Verspätung, den Wartenden zu erreichen oder sich zu verabredeten Zeiten gegenseitig anzurufen. Die Anrufbarkeit der Telefonzellen konnte später technisch eingeschränkt werden. Erkennbar waren diese Telefonzellen außen durch ein Klebepiktogramm mit dem Symbol einer Glocke, die das Gerät als anrufbar kennzeichneten; die Rufnummer war bei einigen dieser Klebepiktogramme unter dem Glockensymbol aufgedruckt oder befand sich am Bedienpiktogramm des Gerätes. Diese anrufbaren Geräte wurden Post-intern als „aMünzFw“ bezeichnet. Noch in der Deutschen Demokratischen Republik waren viele Telefonzellen anrufbar, sofern die Telefonnummer bekannt war. In den 1990ern wurde die Anrufbarkeit der öffentlichen Fernsprecher teilweise wieder zurückgebaut; u. a. war ein Grund dafür, dass durch ankommende Gespräche die Geräte belegt waren und Sprechgäste, die telefonieren wollten, dies nicht konnten, was zu Verlusten bei den für den wirtschaftlichen Betrieb eines öffentlichen Telefons unabdingbaren Einnahmen führte.
- Münzfernsprecher für Hörgeschädigte. Ab 1984 wurden 2.000 Telefonzellen in Hannover und 2.500 Telefonzellen in Stuttgart versuchsweise mit Telefonhörern ausgestattet, die direkt auf das Hörgerät des Nutzers wirkten.
Bis 1984 kostete eine Gesprächseinheit in der Bundesrepublik Deutschland 0,20 DM und ab 1. Oktober 1984 mit Ausnahme der ersten Einheit 0,30 DM. Dennoch blieben die Fernsprecher für die Deutsche Bundespost unrentabel, da die Betriebskosten für 1984 bestandenen 130.000 Telefonzellen die Einnahmen von jährlich rund 250 Millionen DM überstiegen. Dennoch waren noch rund 2,3 Millionen Haushalte in Deutschland auf Telefonzellen angewiesen.
Lange Jahre war das Bild öffentlicher Plätze in Städte und Gemeinden durch die auffälligen Telefonzellen mitgeprägt, die auch in beiden Teilen Deutschlands postgelb waren. Nach der flächendeckenden Einführung privater Haushaltstelefone sank ihre Bedeutung als Kontaktpunkt in beiden Teilen Deutschlands, in Ostdeutschland etwas langsamer.
Mit der Privatisierung im wiedervereinigten Deutschland änderte sich die Corporate Identity und die neu geschaffene Deutsche Telekom ersetzte die gelben Telefonzellen nach und nach durch grau-weiß-magentafarbene. Dabei wurden kritische Stimmen laut, die wegen der neuen, unauffälligeren Farbe warnten, dass es im Notfall dazu kommen kann, dass viel zu spät alarmiert wird, da mehr Zeit für die Suche der Telefonzellen aufgewendet werden muss. Diese Bedenken wurden durch das Aufkommen von Mobiltelefonen zerstreut.
Die gelben Telefonzellen aus Bundespostzeiten sind in einigen Regionen Deutschlands kaum noch anzutreffen und haben vereinzelt, je nach Modell schon Sammlerwert, ähnlich wie die markanten roten britischen Telefonzellen, die mittlerweile in aller Welt zu finden sind. Seit dem Wegfall des Telekommunikationsmonopols in Deutschland stellten auch verschiedene private Anbieter Telefonzellen auf. Sie beschränken sich bei ihrer Standortwahl jedoch meist auf ausgesuchte lukrative Standorte wie beispielsweise Fußgängerzonen in Großstädten. Dort werden neben den „normalen“ Telefonstelen, seit Ende der 2000er Jahre so genannte Multimedia-Terminals aufgestellt. An diesen können über einen Touchscreen weitere Dienste wie beispielsweise Internet und SMS-Versand oder lokale Informationen wie Hotelverzeichnis oder Busfahrpläne abgerufen werden.
Seit 2008 sind in ganz Deutschland 15.000 Telefonhäuschen abgebaut worden. Bei 111 Millionen Mobilfunkanschlüssen (2010) [3] werden die ortsgebundenen Fernsprecher an vielen Stellen unrentabel. „Eine Telefonzelle kostet pro Monat etwa 100 Euro im Unterhalt. Wenn wir sehen, dass der Umsatz einer Telefonzelle unter 10 Euro sinkt, prüfen wir, ob wir diese Telefonzelle abbauen können.“ (Udo Harbers, Sprecher der Telekom für die Region Süd[4]) Wegen der „Grundversorgung im Bereich öffentliche Telefonie“ muss die betroffene Kommune zustimmen und die Bundesnetzagentur informiert werden. Gegebenenfalls wird die Telefonzelle durch eine einfache Telefonsäule ersetzt. „Das Basistelefon ist kostengünstiger im Unterhalt, es braucht keine Stromversorgung, ist nicht in einer Zelle untergebracht und hat keine Verkleidung. Der Nachteil ist allerdings, dass der Benutzer ohne Zelle und Verkleidung auch nicht vor Wind und Wetter geschützt ist. Außerdem kann das Basistelefon nur mit Telefon- und Geldkarten bedient werden, denn Münzautomaten funktionieren nur mit Strom.“ (Harbers[4]). So wurde schon ein Fünftel der 80.000 Telefonzellen (2008) in Deutschland durch Basistelefone (offene Telefonsäule) ersetzt. An Verkehrsknotenpunkten wie Bahnhöfen und Flughäfen werden Telefonzellen noch intensiv genutzt, unterstützt wird dies, wenn wie in Bayern, Telefonzellen Auskunft über den Fahrplan öffentlicher Verkehrsmittel geben. Die verbliebenen 13.000 traditionellen gelben Telefonhäuschen werden allerdings zunehmend durch die grau-rosa Telefonsäulen ersetzt.
Rund 40 Prozent aller öffentlichen Telefone der Deutschen Telekom waren Ende der 2000er Jahre Münztelefone, die neben Euromünzen und Telefonkarten auch noch heute die D-Mark akzeptieren.[5]
Einfluss des Vandalismus
Die Münzfernsprecher in Telefonzellen waren schon immer von Aufbrüchen und Vandalismus betroffen, was ihre Gestaltung beeinflusst hat. Einerseits hielten sie einen je nach Standort kleinen bzw. recht großen Betrag an Münzen bereit, der mitunter geplündert wurde, zum anderen sind sie abgeschlossene Räume, die zweckentfremdet genutzt werden können. Die Einführung von Telefonkarten konnte die Zahl aufgebrochener Münzfernsprecher wirksam reduzieren, war aber für den Kunden eine Mehrbelastung. Bei allen öffentlichen Münzfernsprecher-Modellen, die ab den 1970er Jahren bei der Deutschen Bundespost eingeführt wurden, fällt das Münzgeld aus dem Fernsprecher in einen separaten Kassettenanbau bzw. stark gepanzerten Münztresor, welcher sich unter dem Gerät befindet und in dem die Münzkassette eingesetzt ist. Im Falle eines Einbruchs wird nicht mehr, wie bei den alten Münzfernsprechern MünzFw 56,63 bzw. 57 der Apparat selbst zerstört.
Wegen der hohen Vandalismusschäden und Reinigungskosten ist die Deutsche Telekom seit etwa dem Jahr 2000 dazu übergegangen, Telefonzellen durch Telestationen zu ersetzen, die keinen Wind- und Lärmschutz mehr bieten. Seit 2003 werden alte unrentable Telefonzellen-Standorte durch neue Telefone ersetzt, die weder Münzen noch Telefonkarten als Zahlungsmittel akzeptieren, sondern nur über Calling Cards und 0800 freecall Rufnummern benutzt werden können. Diese Telefone sind sehr einfach ausgeführt. Um Vandalismus so weit wie möglich auszuschließen, verfügen sie weder über Anzeigeelemente noch über einen Kartenschlitz. Die Telekom bezeichnet sie als Basistelefon. Die Kosten für eine Telefonzelle betragen 7.500 Euro (ohne Wartungskosten), die für ein Basistelefon nur 500 Euro.[5]
Laut Versorgungsauftrag, den die Telekom erfüllen muss, müssen in Stadtgebieten öffentliche Telefone „schnell zu Fuß“ (welche sich auf ungefähr 2,5 Kilometern Entfernung laut Versorgungsauftrag definieren) erreichbar sein.[5]
In Deutschland gab es 2007 insgesamt (Telekom und Mitbewerber) noch um die 110.000 Telefonzellen.[6] 2008 noch über 100.000 und Ende 2009 rund 90.000 öffentliche Telefone der Telekom.[5]
- Fälle von Vandalismus an Telefonzellen 1982
Insgesamt beliefen sich die Schäden 1982 an den 115.217 öffentlichen Münzfernsprechern auf rund 13,6 Millionen DM.
Schaden Anzahl der Fälle Glasschäden 18.000 gestohlene Hörer 7.800 gestohlene Münzbehälter 1.270 zerstörte Apparate 287 zerstörte Telefonhäuschen 226 Schäden an Wählscheiben und Halterungen 49.000 Notrufmelder
Notrufmelder (NRM) waren ab den 1970er Jahren notwendig geworden, nachdem die Leitung des Münzfernsprechers erst mit Einwurf einer Münze „frei“ wurde. Da Notrufe aber auch ohne Münzen möglich sein sollten, stattete man in der Bundesrepublik die Telefonzellen mit Notrufmeldern aus.
Durch das Umlegen des Hebels wurde über eine Nockensteuerung, also selbst bei Stromausfall, eine Verbindung zur nächsten Polizeidienststelle oder Feuerwache aufgebaut. Der NRM wählte außerdem eine Standortkennung nach, die bei der Dienststelle angezeigt wurde. Dadurch war automatisch der Standort bekannt, von dem der Notruf kam, ohne dass der Benutzer dies telefonisch erklären musste.
In heutigen Telefonzellen ist ein eigener Notrufmelder nicht mehr notwendig, da die Notrufnummern direkt ohne Münzeinwurf oder Telefonkarte gewählt werden können oder - wie beim Basistelefon - über eine spezielle „SOS-Taste“ erreichbar sind (siehe Bild Basistelefon).
Bildergalerie deutscher Telefonzellen
Reichspost
Deutsche Post der DDR
Deutsche Bundespost
Deutsche Telekom
Wettbewerber
Weblinks
Commons: Telefonzellen in Deutschland – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Infrastruktur der Telekom (verschiedene öffentliche Telefone)
- Telekom baut Münztelefon-Netz aus auf heise online vom 6. Oktober 2005
- Telekom darf weitere Telefonzellen durch Billigtelefone ersetzen auf heise online vom 18. März 2006
- Die Öffentlichen Telekommunikationsstellen, Telefonzelle, Münzfernsprecher und Kartententelefon in Deutschland (private Homepage)
Einzelnachweise
- ↑ Münzfernsprecher auf der Webseiten des Museum für Kommunikation Frankfurt
- ↑ Unsere Post: Informationsmappe 2, Hrsg: Deutschen Bundespost, Stand: 01/1984
- ↑ laut Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom)
- ↑ a b heise.de: Telefonzellenschwund-geht-weiter. 1. November 2010
- ↑ a b c d Allgemeine Zeitung Mainz, 5. Januar 2010, S. 6
- ↑ Öffentliche Telefonstellen in Deutschland auf den Seiten der Bundesnetzagentur
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