Thermodynamisches Potenzial

Thermodynamisches Potenzial

Ausgehend von der Fundamentalgleichung der Thermodynamik, die die innere Energie U als Funktion aller extensiven Variablen ausdrückt, besteht die Möglichkeit, andere, vom Informationsgehalt gleichwertige Funktionen – die thermodynamischen Potentiale – als Funktion ihrer natürlichen Variablen anzugeben. Die dazu notwendige Koordinatentransformation ist die Legendre-Transformation, die von den extensiven Variablen zu deren Ableitungen übergeht. Die Ableitungen der inneren Energie nach den extensiven Variablen sind jedoch die intensiven. Je nach äußeren Bedingungen, d.h. je nachdem welche intensive Größe kontrolliert werden kann, wird das zugehörige Potential definiert.

Die innere Energie U(S,V,N) und alle aus ihr mittels Legendre-Transformation hervorgehenden Funktionen sind thermodynamische Potentiale. Die Legendre-Trafo transformiert die Potentiale von Entropie S nach Temperatur T, Volumen V nach Druck p und Teilchenzahl N nach chemisches Potential μ. Es gibt somit 3 Variablenpaare (S,T),(V,p),(N,μ) und daher 23 also 8 thermodynamische Potentiale.

Die bekanntesten und gebräuchlichsten sind (jeweils als Funktion ihrer natürlichen Variablen ausgedrückt):

Die verbleibenden drei Potentiale:

  • R = R(S,V,μ)
  • J = J(S,p,μ)
  • K = K(T,p,μ)

Diese thermodynamischen Potentiale stehen über folgende Relationen miteinander in Zusammenhang:

  • H = U + pV
  • F = UTS
  • G = HST
  • Ω = F − μN
  • R = U − μN
  • J = R + pV
  • K = G − μN

Eine andere Möglichkeit sich die thermodynamischen Potentiale mit ihren natürlichen Variablen zu merken, ist das Guggenheim-Quadrat der Thermodynamik. Dabei befinden sich angrenzend an jedem Potential seine natürlichen Variablen.

Die Bedeutung der thermodynamischen Potentiale besteht darin, dass sie die Gleichgewichtsbedingung anzeigen. Bei Anschluss eines Systems an ein anderes stellt sich das thermodynamische Gleichgewicht dann ein – die Entropie des Gesamtsystems ist dann maximal, wenn alle intensiven Parameter gleich sind. Dies, so kann man einfach zeigen, entspricht immer einem Extremalprinzip bei dem zugehörigen thermodynamischen Potential. In der Praxis bedeutet das: Sind S, V und N die veränderlichen Variablen eines Systems (alle anderen seien mittels Zwangsbedingungen festgelegt), so liefert die Innere Energie die vollständige Information über das System und sie wird sich gleichgewichtig einstellen. Sind, wie bei chemischen Reaktionen, p, T und N die freien Parameter, so liefert die Freie Enthalpie die korrekte Beschreibung. u.s.w

Exemplarisch soll der Wechsel von einem Potential zum anderen mittels totalen Differentialen durchgeführt werden. Wir beginnen bei der Inneren Energie:

\mathrm{d}U(S,V,N)=\frac{\partial U}{\partial S}\,\mathrm{d}S+\frac{\partial U}{\partial V}\,\mathrm{d}V+\frac{\partial U}{\partial N}\,\mathrm{d}N=T\,\mathrm{d}S-p\,\mathrm{d}V+\mu\,\mathrm{d}N

Ziel ist von der Inneren Energie mit den natürlichen Variablen S,V,N auf ein neues Potential mit den natürlichen Variablen T,V,N zu transformieren. Dazu schreibe T\,\mathrm{d}S als \mathrm{d}(TS)-S\,\mathrm{d}T

\mathrm{d}U=\mathrm{d}(TS)-S\,\mathrm{d}T-p\,\mathrm{d}V+\mu\,\mathrm{d}N

Nun bringe d(TS) auf die linke Seite:

\mathrm{d}(U-TS)=-S\,\mathrm{d}T-p\,\mathrm{d}V+\mu\,\mathrm{d}N=:\mathrm{d}F=\frac{\partial F}{\partial T}\,\mathrm{d}T+\frac{\partial F}{\partial V}\,\mathrm{d}V+\frac{\partial F}{\partial N}\,\mathrm{d}N

Das neue Potential UTS hängt nun von den natürlichen Variablen T,V,N ab und wird Freie Energie F genannt.

Literatur

  • Callen: Thermodynamics and an Introduction to Thermostatistics. Wiley & Sons. ISBN 978-0471862567

Siehe auch


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