- Tischfernsprecher W48
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Der Tischfernsprecher W48 (Wählfernsprecher 1948) war – nach dem von der Firma SABA nur kurz produzierten W46 – das zweite deutsche Nachkriegstelefon, das 1948 für die Deutsche Post in den westlichen Besatzungszonen (ab 1950 Deutsche Bundespost) entwickelt und in sehr großen Stückzahlen gefertigt wurde.
Wie auch bei den Vorgängermodellen Modell 36 und dem W38 war Siemens & Halske maßgeblich an seiner Konstruktion beteiligt. Prinzipiell ist der W48 lediglich eine Weiterentwicklung des W38 der Deutschen Reichspost. Der W48 ist heute für viele Sammler und Liebhaber zum Klassiker unter den deutschen Fernsprechern und zum Inbegriff des „alten Telefons“ geworden.
Inhaltsverzeichnis
Vorgänger
In den 1930er Jahren wurde das Unternehmen Siemens & Halske von der Deutschen Reichspost beauftragt, ein neues, preisgünstiger zu produzierendes Einheitstelefon zu entwickeln, welches das bisherige Standardmodell W28 ablösen sollte. So entstand der Urvater des W48, das sogenannte Modell 36, das 1936 auf der Leipziger Frühjahrsmesse vorgestellt wurde. Wegen technischer Unzulänglichkeiten wurde es jedoch nicht von der Reichspost eingeführt. Erst das verbesserte Nachfolgemodell W38 von 1938 erhielt die Reichspostzulassung und wurde ab 1940 in großen Stückzahlen hergestellt.
Modell 36 und W38 unterschieden sich äußerlich kaum: eine massive Ausführung aus schwarzem Duroplast (Bakelit) und einer schweren Bodenplatte aus Stahl, eine Bakelit-Gabel sowie ein großer, ergonomisch geformter Telefonhörer. Der Aufbau der Grundplatten war jedoch bei den Modellen 36 und W38 völlig unterschiedlich; auch ließen sich die 36er- und 38er-Gehäuse nicht untereinander tauschen. Der Wecker hatte zwei Glockenschalen. Die meisten Teile dieser beiden Modelle sind jedoch baugleich. Ab etwa 1940 wurden die Schalen des Weckers aus Pressglas gefertigt, um kriegswichtiges Metall zu sparen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der W38 in beiden Teilen Deutschlands weiter unverändert produziert; in Ostdeutschland wurden die Glasglocken beibehalten. Glasglocken erzeugen im Gegensatz zu den Metall-Glockenschalen einen weniger schönen, klirrend-rasselnden Klang.
In Westdeutschland (1948) und in Ostdeutschland (1958) erhielt der W38 leicht verbesserte Nachfolger (W48 und W58). Der W48 unterscheidet sich vom W38 lediglich in der Form der Einsprache des Hörers. Beim W38 ist sie trichterförmig, beim W48 fast flach, da bei der trichterförmigen Version festgestellt wurde, dass aus Hygienegründen gerne daneben gesprochen wurde und man somit für den Gesprächspartner schlechter verständlich war. Alle Teile der Serien 38 und 48 sind wechselseitig austauschbar.
Herstellung
Ab ca. 1950 produzierten fast alle westdeutschen Telefonhersteller den W48 in Lizenz für die Deutsche Bundespost, die das Gerät nicht verkaufte, sondern den Telefonkunden nur gegen eine Miete zur Nutzung überließ. So wie das äußere Design blieb auch das technische Innenleben des W48 über die Jahre nahezu unverändert. Zwischen den einzelnen Herstellern gab es nur minimale Unterschiede in der Ausführung. Nur das Unternehmen SABA baute gegen 1950 kurz einen recht außergewöhnlichen, selbst konstruierten Nummernschalter mit „Fingermuldenscheibe“ ein. Es befanden sich in dieser Wählscheibe nicht die üblichen Löcher, sondern kleine halbkugelförmige Vertiefungen.
Der W48 blieb bis Anfang der 1970er-Jahre das schlichte, robuste und preiswerte Basistelefon der Deutschen Bundespost. Selbst auf minimale Funktionserweiterungen wie zum Beispiel einen Lautstärkeregler für den Klingelton wurde verzichtet. Das absehbare Ende der W48-Ära wurde aber bereits 1963 eingeläutet, als die Post den Fernsprech-Tischapparat 611 (FeTAp 611) einführte: einen technisch und optisch völlig neuartigen, handlicheren Apparat aus thermoplastischem, schlagfestem ABS-Kunststoff. Da es diesen neuen Apparat aber vorerst nur mit (FeTAp 612) und ohne Erdtaste (FeTAp 611), aber noch nicht als Parallelausführung (z. B. mit Schauzeichen) gab (die Modelle 613 bis 616 kamen erst 1967 auf), benötigte man bis 1967 noch die W48a-/W49a-Typen mit und ohne Schauzeichen zum Anschluss eines zweiten Endgerätes. Erst der FeTAp 611 machte das Telefon in der Bundesrepublik Deutschland von einem Luxusobjekt zu einem selbstverständlichen Gebrauchsgegenstand. Ab 1972 war der 611er als zweite Version in insgesamt fünf Farben erhältlich (kieselgrau, ockergelb, hellrotorange, farngrün, lachsrot), wobei das lachsrote Farbmuster Ende der 70er Jahre nicht mehr produziert wurde.
Eine von der Firma Wilhelm Heibl Werke GmbH & Co. KG hergestellte Neuauflage mit modernem Innenleben zum 500. Jubiläum der Post Anfang der 1990er Jahre war erfolgreich. Ein Nachbau des W48 wird von Friedrich Reiner Telekommunikation hergestellt und über die eigene Internetseite sowie Manufactum vertrieben.
Ausstattung, Farbe, Varianten
Wie bei den Vorgängermodellen Modell 36 und W38 wurden beim W48 die elektrischen und mechanischen Bauteile auf der Metallgrundplatte montiert und mit gebundenen Kabelbäumen frei verdrahtet. Im Laufe der Zeit ersetzte man den Zweispulen-Wecker durch eine preiswerter zu produzierende einspulige Variante. Gegen 1956 kamen Nummernschalter der Bauart „Siemens NrS 38 R“ mit sog. „Rückdrehsperre“ zum Einsatz, die mechanisch bedingte Falschwahl verhindern sollten. Von verschiedenen Herstellern wurden unterschiedliche Nummernschaltervarianten nach der 38er-Lizenz mit und zum Teil ohne Rücklaufsperren nachgebaut. Die letzten Exemplare wurden werkseitig schon mit einer transparenten Nummernschalter-Staubschutzhaube ausgestattet, die allerdings nicht bruchfest war. Ein Gehörschutz-Gleichrichter aus zwei Selendioden („Knallschutz“) wurde im Handapparat eingebaut, um die schädlich lauten Knall- und Knattergeräusche zu unterdrücken (die z. B. beim Betätigen der Gabel und auch bei der elektromechanischen Vermittlungstechnik entstanden). Auch hat man die Rückhördämpfung – insbesondere bei den Büroapparaten – mehrmals abgeändert.
Während Schaltung und Montageaufbau bei den W48-Standardmodellen für die Bundespost unverändert blieben, wurden die W48a-Schauzeichenapparate in unterschiedlichen Schaltungs- und Aufbauvarianten gefertigt. Das Schauzeichen wurde – abhängig vom Hersteller sowie vom Vorhandensein einer Erdtaste – entweder mittig oder links angeordnet. Es traten jedoch Platzprobleme aufgrund der recht großen Weckerschalen auf. Da man aber das Gehäuse auch beim Erdtasten-W48a mit Schauzeichen nicht vergrößern wollte, musste man durch anderweitige Veränderungen Platz schaffen: Entweder baute man eine kleinere Weckerschale ein (siehe Foto) oder man verwendete gleich zwei kleinere Glocken bzw. das Schauzeichen wurde mittig platziert, während eine verkleinerte Erdtaste rechtsseitig mittels einer Metallschiene auf den Originalglocken fixiert wurde. Auch das Durchsägen einer normalen Weckerschale wurde herstellerseitig praktiziert, wobei eine halbe Weckerschale keinen Glockenklang mehr erzeugen konnte. – Schaltungstechnisch gab es Unterschiede bei den Widerstands- und Kondensatorwerten der Schauzeichenapparate.
Die ersten Exemplare hatten eine Mikrofon-Einsprachekappe mit nur 22 kreisförmig angeordneten Löchern, die man später auf 40 erhöhte, um die Verständigungsqualität zu verbessern. Der Apparat wurde anfangs mit einer textilummantelten (Baumwollgarn) oder geflochtenen Hörerschnur ausgeliefert. Es gab von der DBP auf Kundenwunsch als Sonderzubehör eine dehnbare, textilummantelte Schnur, deren Gummizug jedoch bei Überdehnung schnell riss, so dass diese dann auf ihrer vollen Länge von ca. 2 Metern verblieb. Ab den 1960er Jahren wurde (ebenfalls als Sonderzubehör) auch eine dehnbare Kunststoff-Spiralschnur angeboten, die bis in die 80er Jahre bei Reparaturen eingesetzt wurde. Gegen Ende der 1960er-Jahre hat man die im Fernmeldezeugamt überholten bzw. reparierten Exemplare recht häufig mit einem zur Gesamtoptik nicht passenden Nummernschalter neuerer Bauart (mit transparenter Kunststoff-Fingerlochscheibe anstatt Bakelit) ausgerüstet. Diese Nummernschalter-Typen wurden jedoch nie ab Werk eingebaut.
Schwarz war die Standardfarbe des W48. Aber es gab ihn – wie auch die Modelle W28, W38 (selten) und W49 – auch in der Farbe Elfenbein, einer Art Cremeweiß. Die Kunststoffe der elfenbeinfarbenen Apparate waren nicht sehr lichtbeständig und darüber hinaus bruchempfindlicher, weshalb heute viele Apparate dieser Farbe beschädigt oder fast schneeweiß ausgeblichen sind. Bei den elfenbeinfarbigen Gehäusen gab es herstellerabhängig auch deutliche Farbunterschiede. Weil die Herstellung von elfenbeinfarbenem Duroplast aufwändiger und teurer war, galten die hellen Geräte als Statussymbol; sie wurden von der Bundespost nur gegen einen Aufpreis bereitgestellt und waren eher in begüterten Haushalten sowie Arztpraxen, Anwaltskanzleien oder Hotels zu finden. Den W48 gab es sehr selten auch in anderen Farben, z. B. in grau, braun und dunkelgrün. Zu Ausbildungszwecken für angehende Fernmeldetechniker wurde eine transparente Version aus Plexiglas hergestellt (später als Design-Nachbau von der Fa. Reiner). Diese Exemplare sind ebenfalls selten.
Findet man heute ein farbiges Gerät, so handelt es sich in den meisten Fällen um ein von früheren Besitzern nachlackiertes Exemplar bzw. es stammt aus der in den 1990er Jahren produzierten Neuauflage. Nachlackierte Geräte erkennt man daran, dass das Zifferblatt des Nummernschalters farblich nicht passt (Ausnahmen betreffen sehr seltene elfenbeinfarbige Nebenstellenapparate im Originalzustand, außerdem den hellroten Nachbau-Apparat der Fa. Reiner). In der Regel sind die Ziffern weiß auf schwarz (dann war der Apparat ursprünglich schwarz) oder grün auf elfenbein (Apparat ursprünglich elfenbeinfarben). Während die Metallböden bei den schwarzen Apparaten stets in schwarz gehalten sind (mit unterschiedlichen Lackierungsverfahren), zeigt sich bei den elfenbeinfarbenen Modellen keine einheitliche Tendenz. Beispielsweise haben Bosse-, DFG-, Reiner- und SEL-Apparate silberfarbene Bodenplatten in verschiedenen Lackierungsausführungen, während Krone eine zum Gehäuse passende beigefarbenene Lackierung verwendet hat. Siemens hat auch für elfenbeinfarbene Modelle oft schwarze Bodenplatten in Originalausführung eingesetzt.
Unter der Bezeichnung W48 Wand wurde eine Wandausführung hergestellt, die es auch schon beim Vorgängermodell W38 gab. Der Wandfernsprecher W51, der äußerlich dem W48 Wand glich, hatte einen etwas abgeänderten Innenaufbau. Das Unternehmen Hagenuk in Kiel produzierte mit dem technisch baugleichen W49 (Modellbezeichnung: TiWa49) ein Schwestermodell, das vom Tisch- zum Wandgerät umgebaut werden konnte. Außerdem gab es unzählige W48-Varianten für große und kleine Telefonanlagen, ausgestattet mit Erdtaste, Schauzeichen und Nebenstellentasten zur Handvermittlung.
Unter dem Namen Teilnehmer-Münzfernsprecher 55b (Tln Mü 55b) gab es ein W48-ähnliches Tisch-Münztelefon für Ortsgespräche. Nach Einführung des Zeittaktes für Ortsgespräche wurde die gewerbliche Nutzung dieses Tischmünzers 1980 unterbunden und untersagt, da mit einer Zahlung von 20 Pfennig stundenlange Ortstelefonate möglich waren, was zu Lasten des Anschlussteilnehmers führte, der nach Gebühreneinheiten an die Post zu zahlen hatte.
Der W48 heute
Ganz verschwunden ist der W48 nicht. Wegen seiner ehemals hohen Verbreitung hat er nach wie vor einen großen Bekanntheitsgrad und erfreut sich heute als „klassischer Fernsprecher“ zunehmender Beliebtheit. Alte Originale werden restauriert und wieder eingesetzt. Nach dem problemlosen Einbau einer modernen Transistor-Sprechkapsel statt des herkömmlichen Kohlemikrofons (oder einer neuen Kohlekapsel aus den 61er-Geräten) entspricht die Sprachqualität voll dem heutigen Standard, wenngleich die Rückhördämpfung (die Dämpfung der eigenen Stimme) aufgrund der etwas simpleren Sprechschaltung etwas schlechter ist als bei den 61er-Nachfolgegeräten.
Durch Nachrüstung eines TAE-Steckers lässt sich ein W48 ohne Probleme an einem analogen Telefonanschluss im Telefonnetz der Deutschen Telekom betreiben. Für den Betrieb an Telefonanlagen, die lediglich das Mehrfrequenzwahlverfahren (MFV) unterstützen, ist allerdings ein zwischen TAE-Steckdose und W48 zu steckender, externer Impuls-Generator (Wahlumsetzer) oder aber eine weitere analoge Telefonanlage mit IWV-MFV-Umsetzung notwendig (Betrieb als Unteranlage). Der W48 kann mit einem impulswahlfähigen a/b-Wandler (Terminaladapter) auch an ISDN- und sonstigen modernen digitalen Anlagen betrieben werden. Aktuelle Modelle der Fritz!Box des Berliner Herstellers AVM unterstützen beispielsweise das Impulswahlwahlverfahren an den analogen Anschlüssen, so dass ein W48 direkt angeschlossen werden kann.
Ein weiteres Problem bei modernen, kleineren Telefonanlagen ist eine oft zu schwache Rufstromversorgung, da diese für den elektronischen Tonruf heutiger Telefone ausgelegt ist. Diese reicht oftmals nicht aus, um die induktiven elektromechanischen Wechselstromwecker der W48 zu versorgen. Im einfachsten Fall wird die Rufspannung (meist 24 Volt) bei vielen Nebenstellenanlagen aus einer separaten Transformatorwicklung gewonnen und entspricht damit zwangsweise der im Stromnetz üblichen Frequenz von 50 Hz. Der Wecker des W48 ist zwar für eine Rufstromfrequenz von 25 Hz und 50 Hz geeignet, läutet aber bei 50 Hz weniger harmonisch und neigt bei nicht korrekter Einstellung eher zum Schnarren bzw. Scheppern. Neben den Fritz!Box-Geräten von AVM bieten mittlerweile auch einige andere TK-Anlagen die Möglichkeit, die Rufstromfrequenz an den analogen Anschlüssen auf 25 Hz einzustellen (Auerswald, Elmeg, Agfeo, Siemens HiCom 150).
In vielen Fällen müssen die im Laufe der Jahre stark verharzten und verschlissenen Nummernschalter entweder überholt oder getauscht werden, weil eine unpräzise Impulsfolge gerade bei diversen modernen Telefonanlagen gerne zur Falschwahl führt. Jedoch lassen sich die 38er-Nummernschalter, welche bei W48-Geräten zum Einsatz kommen, durch eine gründliche Reinigung und (sparsame) Neuschmierung meist problemlos überholen, sofern man über feinmechanisches Werkzeug und entsprechendes Geschick verfügt.
Der W48 ist auch heute noch als Neugerät in schwarz und elfenbein (andere Sonderfarben stehen ebenfalls zur Auswahl, sind aber wesentlich teurer) erhältlich - ausgestattet mit modernem Innenleben (kupferkaschierte, geätzte Pertinaxplatine mit aufgelöteten Bauteilen) und Transistorsprechkapsel.
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