Totoaba

Totoaba
Totoaba
Systematik
Barschverwandte (Percomorpha)
Ordnung: Barschartige (Perciformes)
Unterordnung: Echte Barsche (Percoidei)
Familie: Umberfische (Sciaenidae)
Gattung: Totoaba
Art: Totoaba
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Totoaba
Villamar, 1980
Wissenschaftlicher Name der Art
Totoaba macdonaldi
(Gilbert 1890)

Der Name Totoaba (Totoaba macdonaldi) oder Totuava ist die Bezeichnung für einen Umberfisch und entstammt einer Indianersprache (von Anrainern der Sonora-Wüste). Er bedeutet (angeblich) eigentlich „unersättlicher Vogel“, weil man meinte, überwinternde Kanadische Ringelgänse (Branta bernicla nigricans) verwandelten sich auf dem Wasser des Golfs von Kalifornien in diese Fische. Auf Grund ihrer Ökologie und der Beeinträchtigung ihres Lebensraumes durch den Menschen steht Totoaba nun möglicherweise vor dem Aussterben.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Totoaba[1] ist der größte Umberfisch der westlichen Hemisphäre: sie kann über 2 m Länge erreichen und über 100 kg schwer werden (Weibchen – die trommelnden Männchen bleiben deutlich kleiner. Wenn allerdings die Berichte über frühere Fänge mit einem Gewicht von 330 Pfund beweisbar wären – etwa mittels subrezenter Ohrsteine – könnte die Totoaba selbst den Adlerfisch an Größe übertroffen haben).- Das Alter kann 15 Jahren erreichen.

In der Körperform ähnelt Totoaba einem Seebarsch (Dicentrarchus), doch ist die Schwanzflosse groß fächerförmig (eigentlich fünfeckig, aber die hintere Ecke liegt an einem fast gestreckten Winkel). Die Färbung ist das helle Schattenfisch-Silber mit mehr oder weniger Braun-Anflug; die Flossen sind dunkel. Jungfische haben eine gefleckte Rückenseite.

Flossenstrahlen: Dorsale 1 X-XII, Dorsale 2 I/~25, Anale II (schwach)/7-9, Pectorale 15-17. Seitenlinien-Schuppen: ungefähr 60 (d.h. der Fisch hat 29 Wirbel - das Maximum bei Sciaeniden).

Das fast oberständige Maul ist nicht sehr groß. Die Kieferrand-Bezahnung ist recht schwach, immerhin gibt es außen (vorne) am Prämaxillare und innen am Dentale größere Reiß- (aber keine Hunds-) Zähne. (Hundszähne hat z. B. der Zander: sie dienen dem Durchbohren der Beute, die dabei meist aus Stress gleich stirbt.) Die Schlundbezahnung der Pharyngealia ist quetschend genug, dass Totoaba auch benthische und nektische (freischwimmende) Krebstiere fressen kann, aber bevorzugt werden von diesem in Schulen jagenden Raubfisch Sardinen (Sardinops), Anchovis (Anchoa: bes. ischana) und Königsmakrelen (Scomberomorus concolor) des freien Wassers und (benthisch) auch Plattfische, kleinere Umbern u. a.- Zur Ethologie des Trommelns liegt (wie für die meisten Umberfische) keinerlei Untersuchung vor.

Vorkommen

Dieser Trommler lebt nur im nördlichen Teil des Golfs von Kalifornien (auch Cortez-See genannt). Die Cortez-See, die in ihrer Größe der Adria vergleichbar ist, wird von etlichen Endemiten – darunter sogar einer kleinen Delphin-Art (Tursiops sinus) – bewohnt. Das Verbreitungsgebiet reicht bis etwa zur Tortuga-Insel (27°50'N). Weiter südlich findet man höchstens versprengte Exemplare; den Golf verlässt Totoaba nie. Das nördlich anschließende Mündungs-Ästuar des Colorado-Flusses dient als Laich- und Entwicklungsgebiet der Jungfische. Die Totoaba-Schulen zogen früher vom Spätherbst bis in den Frühling immer wieder zum Laichen in das großräumig [2] verbrackte Mündungsgebiet dieses Flusses. Für die Jungfische ist ca. 2 % Salinität optimal. Seit Jahrzehnten findet aber nur mehr einmal – im Februar (falls überhaupt) – ein Laichzug statt. Kleinere Flüsse, die in den nördlichen Golf münden, können zur Regenzeit ebenfalls kleine Brackzonen ausbilden, die für das Laichen geeignet sind. Geschlechtsreif wird der Fisch mit 6 (Männchen) oder 7 (Weibchen) Jahren, mit ca. 60-75 cm Länge.

Evolution

Gilbert beschrieb die Art als zu Cynoscion gehörig – auf Grund äußerlicher, auf Konvergenz beruhender Merkmale von Jägern des freien Wassers. Heute meint man eher, Bezüge zu Bahaba herstellen zu können (z. B. im Otolithen-Bau); da aber Bahaba eine Gattung Südostasiens ist und man über die Kladistik innerhalb der Sciaenidae allgemein noch keine klaren Vorstellungen hat, erscheint auch dies wenig plausibel, wenn man hier an transpazifische Verwandtschaften denkt (eine "transatlantische" aus Zeiten der Tethys, des Abdriftens Nordamerikas und einer damals noch existierenden Meeresstraße zum Ostpazifik ist natürlich denkbar).

Bei etlichen Fisch-Familien ist zu beobachten, dass aus einer adaptiven Radiation auch ein Räuber hervorgeht, der sich dann oft auch von den verwandten Fischarten ernährt (vgl. etwa Belonesox unter den Poeciliidae). So nimmt man an, dass Totoaba im Golf von Kalifornien selbst zum Spitzenprädatoren evoluiert ist – vielleicht von „corvina“-ähnlichen Vorfahren (vgl. Meerrabe oder Weißer Umber) aus; ähnliche Vermutungen lassen sich auch für den Adlerfisch im Mittelmeer anstellen. Es gibt fossile Otolithen aus dem Untermiozän aus marinen Sandschichten von Bakersfield (Ca.), die man einer Totoaba fitchi zuordnet.[3] Rezent ist Totoaba monotypisch.

Menschliche Eingriffe

Die Totoaba wurde seit je von den Indianern Niederkaliforniens und der Sonora bejagt und meist vom Boot aus gespeert.[4] Als besonders schmackhaft galten die „Wangen“muskeln (d. h. der Adductor mandibulae) – wie bei vielen anderen Fischen, in anderen Kulturkreisen, auch. Vor hundert Jahren gab es dem Hörensagen nach riesige Schwärme – die wahre Populationsgröße damals ist Gegenstand der Diskussion. Nach Ankunft der Weißen in der Gegend dauerte es noch einige Zeit, bis auch sie auf den Fisch aufmerksam wurden. Doch waren in der Gegend arbeitende Chinesen die ersten, die anfingen, Totoabas für kommerzielle Zwecke zu fangen, und zwar nur um der Schwimmblase willen. Für bestimmte Suppen-Zubereitungen ihrer Heimat bedarf es des gallertigen Eiweißes Ichthyokoll (engl. isinglass, ein Kollagen), das man besonders von Stören gewinnt, aber auch von vielen anderen Fischarten kennt. Ähnliche Kollagene enthalten die Salanganen-Nester, die für die Schwalbennestersuppe verwendet werden. Man tötete also ab etwa 1915 zunehmend Mengen von Totoabas, entnahm aber nur die Schwimmblase („buche“). Die Schwimmblasen der Weibchen erwiesen sich als einfacher gewinnbar, die der Männchen mit ihren Fortsätzen zerrissen zu leicht. Die Fische selbst verrotteten am Ufer oder im Wasser, Reisende berichteten vom unerträglichen Gestank in der Gegend. Die Schwimmblasen ließen sich einfach trocknen und mit Gewinn nach China verschiffen.

Später, nach dem Weltkrieg, erkannte man auch den Wert der Totoaba als Speisefisch – dies wurde erst möglich, als man genügend Eis für Kühltransporte per LKW nach größeren Städten der USA bereitstellen konnte (ab ca. 1924). Beim Fang der Fische (Langleinen, Netze) waren auch Indianer (z. B. die Seri) involviert, die zwar weniger vom Profit bekamen als Weiße, aber nun auch mit Dynamit arbeiten durften.[4] Eine Abnahme der Fänge begann man zu merken, nachdem in den 1930er-Jahren die Wassermenge, die der Colorado River in die Cortez-See sandte, durch die großen Bewässerungsanlagen, Trinkwasserentnahmen u. a. am Oberlauf, drastisch (um mehr als 95%) zurückgegangen war, wodurch die Salinität im Ästuar anstieg, was wieder das Aufkommen der Jungfische ungünstig beeinflusste.[5] Auch Verschmutzungen z. B. mit Kunstdünger, später mit Pestiziden, begannen sich auszuwirken.

1943 fing man über 2000 Tonnen, aber 1975 nur mehr 58 Tonnen. Erst dann wurde der Fisch endlich unter völligen Schutz gestellt. Der Fang ist seither verboten; da aber die Umweltveränderungen[6] nicht rückgängig zu machen sind, gilt die Totoaba heute praktisch als ausgestorben (d. h. ausgerottet). Z. B. wurden noch vor kurzem alljährlich hunderttausende Jungfische als „Shrimps“-Beifang getötet. Hier spielt der Irrtum herein, die hunderttausend Eier oder mehr, die man beim Filletieren in den Eierstöcken eines reifen Weibchens zu Gesicht bekommen kann, könnten bei „Bedarf“ den Raubbau an der Population rasch ersetzen.

In der Restpopulation wird besonders von US-Amerikanern noch immer gern gewildert und der Fisch, als „Weißer Seebarsch“ (also Atractoscion) deklariert, exportiert. Wenn die Population "intakt" wäre, könnte ein so großer Fisch selbstverständlich das Traumziel vieler Sportfischer sein, die auf diese Weise erheblich zum Lebensstandard in der landwirtschaftlich kaum nutzbaren Umgebung des Mar de Cortès beitragen könnten. Der Fischerei war aber sehr lange der kurzfristige Gewinn wichtiger als die mittelfristig vorausschauende Ressourcen-Planung. Verschärft wird die Lage durch einen säkularen Rückgang der Niederschläge in der Region. Daher konnten nunmehr eingeleitete Totoaba-Zuchtmaßnahmen (selbst mit eigenen Entsalzungsanlagen) bisher noch keine deutliche Verbesserung der Situation bringen.

Literatur

  • L. N. Chao: Sciaenidae. Corvinas, barbiches, bombaches, corvinatas, corvinetas, corvinillas, lambes, pescadillas, roncachos, verrugatos. In: W. Fischer, F. Krupp, W. Schneider, C. Sommer, K. E. Carpenter und V. Niem (Hrsg.): Guia FAO para identificacion de especies para los fines de la pesca Pacifico Centro-oriental. 3 volumes, S. 1427-1518, 1995.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. A. Villamar: Totoaba, un nuevo género de la familia Sciaenidae del Golfo de California, México (Pisces: Teleostei). Anales de la escuela nacional de ciencias biológicas, México, 23, S. 129-133, 1980
  2. C. A. Rodriguez et al.: Macrofaunal and isotopic estimates of the former extent of the Colorado River estuary, upper Gulf of California, México. J. arid environments, 49, S. 183-193, 2001
  3. Richard W. Huddleston and Gary T. Takeuchi: First fossil record of Totoaba Villamar 1980 (Teleostei, Sciaenidae) based upon early Miocene otoliths from California with comments on the ontogeny of the saccular otolith. Bull. South. Calif. Acad. Sci., 106, S. 1-15, 2007
  4. a b Conrad J. Bahre, Luis Bourillon und Jorge Torre: The Seri and commercial totoaba fishing (1930-1965). Journal of the Southwest, 42, 2000
  5. Diego Lercardi und Ernesto A. Chavez: Possible causes related to historic stock depletion of the totoaba, Totoaba macdonaldi (Perciformes: Sciaenidae), endemic to the Gulf of California. Fisheries research, 86 (2-3), S. 136-142, 2007
  6. Robert Kunzig: Drying of the west. Natl. Geogr. Mag., 90-113, Feb. 2008

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