- Turing Award
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Der nach Alan Turing benannte A. M. Turing Award wird jährlich von der Association for Computing Machinery (ACM) an Personen verliehen, die sich besonders um die Entwicklung der Informatik verdient gemacht haben. Er gilt als höchste Auszeichnung in der Informatik, vergleichbar dem Nobelpreis oder der Fields-Medaille.
Ablauf
Eine Nominierung für den Turing Award kann jedermann aussprechen, sie muss aber neben einem Lebenslauf des Nominierten auch ein Begründungsschreiben (200 bis 500 Wörter) und mindestens drei substantielle Unterstützerbriefe möglichst prominenter Vertreter des jeweiligen Fachbereichs enthalten. Obwohl Langzeiteinflüsse des Schaffens berücksichtigt werden, sollte der Vorgeschlagene eine hervorzuhebende Einzelleistung vollbracht haben. Die Vorschläge werden in einem Komitee geprüft, dem in der Regel u.a. mehrere vorherige Preisträger angehören.
Verliehen wird der Award auf dem jährlichen ACM Awards Banquet jeweils für das Jahr zuvor. Die Preisträger halten anlässlich ihrer Preisverleihung auf einer beliebigen ACM-Konferenz eine besondere Vorlesung, die Turing Award Lecture, in der sie ihre Sichtweisen und Erfahrungen in zentralen Bereichen der Informatik darlegen.
Seit 2007 ist der Turing Award mit 250.000 US-Dollar dotiert, die von Intel und Google gesponsert werden. Vier Jahre zuvor war das Preisgeld von 25.000 auf 100.000 Dollar erhöht worden.
Preisträger
Der erste Preisträger war 1966 Alan J. Perlis, mit Frances E. Allen erhielt 40 Jahre später erstmals eine Frau die Auszeichnung. 1975 ging der Preis erstmals an mehr als eine Person (Allen Newell und Herbert Simon, die sich zusammen mit künstlicher Intelligenz befassten). Rund zwei Drittel der Awards gingen an amerikanische Staatsbürger, der einzige deutschsprachige Preisträger ist der Schweizer Niklaus Wirth (Stand März 2011).
Der einzige Turingpreisträger, der auch einen Nobelpreis (für Wirtschaftswissenschaften) bekam, ist Herbert Simon. Den Turing- und den Japan-Preis teilen sich Marvin Minsky, Vinton G. Cerf, Robert E. Kahn, Dennis Ritchie und Ken Thompson, einen Turing- und einen Kyoto-Preis halten John McCarthy, Maurice V. Wilkes, Donald Ervin Knuth, Tony Hoare, Richard M. Karp und Alan Kay (Stand März 2011).
Jahr Bild Person Leistung Lecture 1966 Alan J. Perlis
(1922–1990, )Fortgeschrittene Programmiertechniken und Compilerbau The Synthesis of Algorithmic Systems 1967 Maurice V. Wilkes
(1913–2010, )Bau des EDSAC, des ersten Computers mit intern gespeicherten Programmen, sowie zusammen mit David Wheeler und Stanley Gill die effektive Einführung von Programmbibliotheken mit dem Werk Preparation of Programs for Electronic Digital Computers Computers Then and Now 1968 Richard Hamming
(1915–1998, )Numerische Methoden, code-erzeugende Systeme, fehlererkennende und fehlerkorrigierende Codes One Man's View of Computer Science 1969 Marvin Minsky
(* 1927, )Künstliche Intelligenz Form and Content in Computer Science 1970 James H. Wilkinson
(1919–1986, )Numerische Mathematik, lineare Algebra, „Rückwärts“-Fehleranalyse Some Comments from a Numerical Analyst 1971 John McCarthy
(1927–2011, )Künstliche Intelligenz Generality in Artificial Intelligence
(veröffentlicht in überarbeiteter Form 1986)1972 Edsger Wybe Dijkstra
(1930–2002, )Technik und Begrifflichkeit der Programmiersprachen The Humble Programmer 1973 Charles Bachman
(* 1924, )Datenbanktechniken The Programmer as Navigator 1974 Donald Ervin Knuth
(* 1938, )Analyse von Algorithmen und Entwurf von Programmiersprachen, insbesondere die Beiträge zur Programmierkunst in The Art of Computer Programming Computer Programming as an Art 1975 Allen Newell
(1927–1992, )Künstliche Intelligenz, Psychologie menschlicher Erkenntnis, Listenverarbeitung (ursprünglich zusammen mit Cliff Shaw) Computer Science as Empirical Inquiry: Symbols and Search Herbert Simon
(1916–2001, )1976 Michael O. Rabin
(* 1931, )Nichtdeterministische Automaten (eingeführt im Paper Finite Automata and Their Decision Problem) Complexity of Computations Dana Scott
(* 1932, )Logic and Programming Languages 1977 John Warner Backus
(1924–2007, )Höhere Programmiersprachen (insbesondere Fortran), formale Verfahren zur Spezifikation von Programmiersprachen Can Programming Be Liberated From the von Neumann Style? A Functional Style and its Algebra of Programs, pdf Datei 1978 Robert Floyd
(1936–2001, )Methoden zur Erzeugung von effizienten und zuverlässigen Programmen, und Hilfe zur Begründung der Informatik-Unterfelder Parsertheorie, Programmiersprachensemantik, automatische Programmverifizierung und -synthese sowie Algorithmenanalyse The Paradigms of Programming 1979 Kenneth E. Iverson
(1920–2004, )Programmiersprachen und mathematische Notation, Implementierung interaktiver Systeme, Nutzung von APL in der Ausbildung, sowie Beiträge zur Theorie und Praxis der Programmiersprachen Notation as a Tool of Thought 1980 Tony Hoare
(* 1934, )Definition und Design von Programmiersprachen The Emperor's Old Clothes 1981 Edgar F. Codd
(1923–2003, )Theorie und Praxis der Datenbankmanagementsysteme, speziell Relationale Datenbanken, die er in einer Serie von Papers um A Relational Model of Data for Large Shared Data Banks entwickelt hat, womit er die Grundlagen für weitere Forschungen zu Datenbanksprachen, Abfrage-Subsystemen, Datenbanksemantik, Locking und Recovery und inferenzielle Datenanalyse legte Relational Database: A Practical Foundation for Productivity 1982 Stephen A. Cook
(* 1939, )Komplexitätstheorie, insbesondere die im Paper The Complexity of Theorem Proving Procedures begründete Theorie der NP-Vollständigkeit An Overview of Computational Complexity 1983 Ken Thompson
(* 1943, )Grundlegende Betriebssystemtheorie, Implementierung von Unix Reflections on Trusting Trust Dennis Ritchie
(1941–2011, )Reflections on Software Research 1984 Niklaus Wirth
(* 1934, )Entwicklung mehrerer Programmiersprachen: Euler, Algol W, Modula und insbesondere Pascal From Programming Language Design to Computer Construction 1985 Richard M. Karp
(* 1935, )Algorithmentheorie, insbesondere die Entwicklung effizienter Algorithmen für den Netzwerkfluss und andere kombinatorische Optimierungsprobleme, die Identifikation der Berechenbarkeit in Polynomialzeit und Beiträge zur Theorie der NP-Vollständigkeit, wo er eine Methodik zu deren Nachweis entwickelt hat Combinatorics, Complexity, and Randomness 1986 John E. Hopcroft
(* 1939, )Design und Analyse von Algorithmen und Datenstrukturen Computer Science: The Emergence Of A Discipline Robert Tarjan
(* 1948, )Algorithm Design 1987 John Cocke
(1925–2002, )Compilertheorie und -design, Architektur großer Systeme, Entwurf der RISC-Architektur; insbesondere für die Entdeckung und Systematisierung vieler zur Optimierung von Compilern grundlegender Transformationen, wie die Verringerung der Operatorstärke, Eliminierung verbreiteter Unterausdrücke und von totem Code, Registerallokation und Konstantenausbreitung The Search For Performance In Scientific Processors 1988 Ivan Sutherland
(* 1938, )Computergrafik, angefangen mit der Entwicklung von Sketchpad, das viele wichtige Techniken einführte, später auch die Entwicklung eines Lorgnons zur Betrachtung von Stereobildern, und eleganter Algorithmen zur Registrierung digitalisierter Ansichten, Polygon-Clipping und Oberflächenrepräsentation mit überdeckten Linien Micropipelines 1989 William Kahan
(* 1933, )Numerische Mathematik, insbesondere Gleitkommaberechnungen, mit der Entwicklung und Propagierung der Standards IEEE 754 und IEEE 854 1990 Fernando José Corbató
(* 1926, )Konzept und Koordination der Entwicklung des Compatible Time-Sharing System und Multics (das viele wichtige Konzepte und Techniken einführte und viele spätere Systeme beeinflusste; Corbatós taktbasierter Seitenauslagerungsalgorithmus wird seither in praktisch allen Virtuellen Speichersystemen verwendet), dabei Pionierarbeit in vielen Software-Engineering-Techniken, wie Datenkapselung durch erzwungene Abstraktion On Building Systems That Will Fail 1991 Robin Milner
(1934–2010, )- LCF, der wohl erste theoretisch fundierte und praktisch einsetzbare Theorembeweiser
- ML, die erste Programmiersprache mit polymorpher Typinferenz und typensicherem Exception-Handling
- CCS, eine generelle Theorie der Nebenläufigkeit
Elements of Interaction 1992 Butler Lampson
(* 1943, )Verteilte, personalisierte Computerumgebungen (nach dem Paradigma Personalcomputer/LAN/Server statt Terminal/Mainframe) und die Technologie für deren Umsetzung: Workstations, Netzwerke, Betriebssysteme, Displays, Sicherheit und Dokumenten-Publishing Principles for Computer System Design
(DOC, PDF, HTML)1993 Juris Hartmanis
(* 1928, )Begründung der Komplexitätstheorie mit dem Paper On the Computational Complexity of Algorithms On Computational Complexity and the Nature of Computer Science Richard Edwin Stearns
(* 1936, )It's Time to Reconsider Time 1994 Edward Feigenbaum
(* 1936, )Design und Konstruktion großer Systeme künstlicher Intelligenz, mit denen die praktische Wichtigkeit und der kommerzielle Einfluss der KI-Technologie demonstriert wurde (Reddy: Spracherkennung, Feigenbaum: regelbasierte Expertensysteme) How the “What“ Becomes the “How“ Raj Reddy
(* 1937, )To Dream The Possible Dream 1995 Manuel Blum
(* 1938, )Komplexitätstheorie und deren Anwendung in der Kryptographie und Programmprüfung 1996 Amir Pnueli
(1941–2009, )Zeitliche Logik; Programm- und Systemverifizierung, insbesondere bei nebenläufigen und reaktiven Systemen (mit dem Paper The Temporal Logic of Programs) Verification Engineering: A Future Profession
(PostScript)1997 Douglas C. Engelbart
(* 1925, )Zukunftsvision des interaktiven Computers, Erfindung von Schlüsseltechnologien für deren Realisierung (die Maus, Fenster, Hyperlinks, Telekonferenzen, Online-Publishing) Collective IQ and a framework for bootstrapping our society 1998 James N. Gray
(1944–2007?, )Datenbanken und Transaktionsverarbeitung, und technische Führerschaft in der Systemimplementation von Prototypen zu kommerziellen Produkten What Next? A Few Remaining Problems in Information Technology 1999 Frederick P. Brooks
(* 1931, )Rechnerarchitektur, Betriebssysteme, Software-Engineering The Design of Design
(WMV)2000 Andrew Yao
(* 1946, )Berechenbarkeitstheorie, insbesondere die komplexitätsbasierte Theorie der Pseudozufallszahlenerzeugung, der Kryptographie und Kommunikationskomplexität 2001 Ole-Johan Dahl
(1931–2002, )Für das Aufkommen der objektorientierten Programmierung fundamentale Ideen durch das Design der Simula-Programmiersprachen, die Konzepte wie Objekte, Klassen und Vererbung einführten The Development of the Key Object-Oriented Concepts
(Der Vortrag wurde nicht gehalten, da beide Preisträger zuvor verstarben)Kristen Nygaard
(1926–2002, )2002 Ronald L. Rivest
(* 1947, )Asymmetrische Verschlüsselungsalgorithmen, speziell RSA, und deren praktische Einsetzbarkeit The Early Days of RSA – History and Lessons
(HTML-Slides, QuickTime, Shockwave, MP3)Adi Shamir
(* 1952, )Cryptography: State Of The Science
(HTML-Slides, QuickTime, Shockwave, MP3)Leonard Adleman
(* 1945, )Pre-RSA
(HTML-Slides, QuickTime, Shockwave, MP3)2003 Alan Kay
(* 1940, )Grundideen moderner objektorientierter Programmiersprachen mit der Entwicklung von Smalltalk und deren grafischer Entwicklungsumgebung, sowie die Integration von deren Konzept in den Xerox Alto und das Dynabook und damit Beiträge zum Personal Computing The Computer Revolution Hasn't Happened Yet
(QuickTime)2004 Vinton G. Cerf
(* 1943, )Internet, insbesondere Entwicklung von TCP/IP (keine, stattdessen eine Podiumsdiskussion)
(QuickTime)Robert E. Kahn
(* 1938, )2005 Peter Naur
(* 1928, )Beiträge zum Design von Programmiersprachen und der Definition von Algol 60, Compilerdesign (mit Jørn Jensen Implementierung des GIER Algol Compilers, der Prozeduren vollständig unterstützte, abstrakte Typprüfung und Testabdeckungsprüfung anbot) und der Kunst und Praxis des Programmierens (Einführung von Assertions, Verwendung von strukturierter Programmierung) Computing vs. Human Thinking
(QuickTime)2006 Frances E. Allen
(* 1932, )Theorie und Praxis der Compileroptimierung, Grundlagenlegung für die moderne automatische Programmoptimierung und Parallelverarbeitung (alleine, etwa mit dem Paper Program Optimization, das graphentheoretische Strukturen in die Optimierungsanalyse einführte, und zusammen mit John Cocke) Compiling for Performance – A Personal Tour
(QuickTime)2007 Edmund M. Clarke
(* 1945, )Entwicklung der von Clarke/Emerson und Sifakis unabhängig voneinander begründeten Modellprüfung zu einer effektiven, in Hard- und Softwareindustrie weitverbreiteten Verifizierungstechnik Model Checking – My 27 year quest to overcome the State Explosion problem
(QuickTime, später in überarbeiteter Form mit den anderen beiden wiederveröffentlicht)E. Allen Emerson
(* 1954, )Model Checking: A Bird’s-Eye View
(QuickTime, später in überarbeiteter Form mit den anderen beiden wiederveröffentlicht)Joseph Sifakis
(* 1946, )The Quest for Correctness – Beyond Verification
(PDF, QuickTime; später in überarbeiteter Form mit den anderen beiden wiederveröffentlicht)2008 Barbara Liskov
(* 1939, )Beiträge zu Programmiersprachen- und Betriebssystemdesign, insbesondere im Zusammenhang mit Datenabstraktion, Modularität, Fehlertoleranz, Persistenz und verteiltem Rechnen The Power of Abstraction 2009 Charles P. Thacker
(* 1943, )Pionierarbeit am Design und der Umsetzung des Alto, dem ersten Personal Computer mit grafischer Benutzeroberfläche, und Beiträge zur Entwicklung des Ethernets und von Tablet-PCs Improving the Future by Examining the Past 2010 Leslie Valiant
(* 1949, )Maßgebliche Beiträge zur Komplexitätstheorie, insbesondere der Computational learning theory (mit der Einführung des PAC-Modells), der Aufzählungs- und algebraischen Berechnungskomplexität und der Theorie parallelen und verteilten Rechnens Weblinks
- A. M. Turing Award bei der ACM (englisch)
Kategorien:- Computerbezogene Auszeichnung
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- Wissenschaftspreis (Vereinigte Staaten)
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