- Tuschetien
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Tuschetien, auch Tuscheti (georgisch თუშეთი) ist eine historische Region in Ost-Georgien. Sie liegt im Großen Kaukasus und grenzt nach Norden hin an Tschetschenien und im Osten an Dagestan, im Süden und im Westen grenzt es an die ehemaligen georgischen Provinzen Kachetien und Pschawi-Chewsuretien. Die Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Tuschen, eine Subethnie der Georgier. Heute gehört Tuschetien zur georgischen Region Kachetien.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Historisch gesehen umfasste Tuschetien vier Siedlungen auf Bergen des Alasani-Tals: Zowa, Gometzari, Chagma und Piriqiti Tuschetien. Heute gehört es zum Bezirk Achmeta der Region Kachetien und umfasst zehn Dörfer, von denen Omalo das größte und auch Verwaltungszentrum ist.
Von der jahrtausendealten Kultur der Tuschen zeugen Archäologische Ausgrabungen und Felszeichnungen. Die ersten Bewohner der Region waren nicht-christliche Georgier aus Pchowi (d.h. aus Pschawi und Chewsuretien), die in den 330er Jahren während ihrer Auflehnung gegen die Zwangschristianisierung durch den iberischen König Mirian III. in die unbewohnte Bergregion flohen. Dennoch mussten sie zum Christentum konvertieren und sich den georgischen Königen unterwerfen. Die Tuschen nahmen im 8. bis 9. Jahrhundert mindestens 500 Jahre später als die anderen Georgier ebenfalls das Christentum an, nicht zuletzt wegen ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Verbindung zum übrigen Georgien, lebten ihren eigenen Glauben aber relativ unabhängig weiter. Sie haben gegen die Missionare gekämpft und ihren Aberglauben verteidigt. In ganz Tuschetien gibt es nur eine einzige Kirche - dafür befinden sich an vielen Orten kleine Heiligtümer in freier Natur, die sogenannten „Chati“, an welchen den Naturgeistern noch immer in heidnischer Tradition Opfer dargebracht und viele abergläubische Traditionen gepflegt werden.
Nach dem Zusammenbruch des vereinten georgischen Königreichs geriet Tuschetien im 15. Jahrhundert unter die Herrschaft Kachetiens. Im Laufe ihrer Geschichte haben die Tuschen den georgischen Königen oftmals militärische Unterstützung geleistet. Sie waren als tollkühne Kämpfer in Georgien sehr geschätzt und wehrten erfolgreich zahlreiche feindliche Überfälle auf Georgien ab. Im 16. Jahrhundert wurde Zowa vom nordkaukasischen Volk der Bats besiedelt. König Lewan von Kachetien stellte den Bats im Gegenzug für ihre militärische Unterstützung im Kampf gegen die Perser das Land das Alwani-Tals zur Verfügung. Die Nachkommen der Bats werden auch Zowa-Tuschen genannt. Sie sind stark assimiliert und sprechen meist sowohl georgisch als auch Bats, die heute nur noch in dem Dorf Semo Alwani gesprochen wird.
1801 lebten in Tuschetien noch 1019 Familien, 1860 – waren es 786, 1931 nur mehr 379. Während der deutschen Invasion der Sowjetunion fand in Tuschetien eine Revolte gegen das Sowjetregime statt, die mit größeren Revolten in der Nachbarregion Inguschetien zusammenhing. 1959 hat die sowjetische Regierung aus politischen Gründen den Kolchos in Tuschetien aufgelöst. (Ein Kolchos (Kollektivwirtschaft) war in der Sowjetunion ein landwirtschaftlicher Großbetrieb, der genossenschaftlich organisiert war und dessen Bewirtschaftung durch das „sozialistische Kollektiv“ der Mitglieder erfolgte.) Die meisten Tuschen mussten deshalb von den Bergen nach unten in die Ebene, in die Dörfer Semo- und Kvemo-Alwani umsiedeln.
Wirtschaft
Die Tuschen leben traditionell von der Schafzucht. Tuschetischer Gouda-Käse und tuschetische Wolle waren für ihre Qualität berühmt, wurden nach Europa und in die Sowjetunion exportiert. Schafzucht ist bis heute die wichtigste Einkommensquelle des tuschetischen Hochlands. Die Schafhirten verbringen die Sommermonate in den Bergen und leben im Winter in den tiefer gelegenen Dörfern Semo Alwani und Kwemo Alwani. Ihre Kultur und Tradition ist der anderer georgischer Bergvölker, wie den Chewsuren, ähnlich.
Die Feuer- oder Wehrtürme Tuschetiens
Charakteristisch für Tuschetien sind die mächtigen Wehrtürme aus dem 12.-13. Jahrhundert. Es wurden verschiedene Türme errichtet: Beobachtungstürme, die dazu dienten, drohende Angriffe in kürzester Zeit mittels Nachrichtenfeuer an die Bevölkerung Tuschetiens und ins georgische Inland zu melden, und Wohntürme, die der Bevölkerung Zuflucht und Schutz boten. Die Feinde der Tuschen waren Laken aus Dagestan. Wenn sich Feinde näherten, wurde deren Ankunft über in den Türmen gemachte Feuer- und Rauchzeichen signalisiert und die Information so weitergegeben.
Abergläubische Traditionen
- Bis Anfang 20. Jahrhundert wurde an den Grabsteinen statt des Kreuzes die Sonne dargestellt.
- Wenn die Tuschen an Festtagen ein Schaf schlachten, verschmieren sie heute noch die Hände mit Blut. Auch Frauen und Kinder machen diesen Brauch mit.
- In Tuschetien (Omalo und Umgebung) isst man kein Schweinefleisch. Jedoch züchten die gleichen Leute in den Dörfern im Tal Schweine und essen auch ganz normal Schweinefleisch, nur oben darf man das nicht. Wenn Touristen von unten Schweinefleisch, oder Würste aus Schweinefleisch mitbringen und die Einheimischen das mitbekommen, müssen die Touristen das Fleisch in der Erde begraben. Den Grund dafür weiß kein Mensch. Das ist nur eine Tradition aus dem Mittelalter und sie respektieren damit ihre Vorfahren.
- Dörfer wo es Kirche oder Kirchenreste gibt, haben extra Ein- und Ausgänge für Frauen. Es gibt Dorfeingänge, die nur von Männern benutzt werden dürfen. (Diese Regel gilt heute noch, allerdings nur für Einheimische).
- „Heiligen Stellen“ dürfen sich Frauen nicht nähern. Eine „Heilige Stelle“ können Kirchenreste, ein „Gerichtsplatz“ (wo früher die Verbrecher bestraft wurden) oder einfach ein Steinhaufen sein. (Heute noch. Grund unerklärbar)
- Frauen dürfen nicht in Gebäude hineingehen oder -schauen wo Bier gebraut wird. (Heute noch. Der Grund dafür ist unklar)
- Die tuschetischen Türme haben Untergeschosse wie Keller. Schwangere Frauen wurden hierhergebracht. Sie mussten das Kind allein, ohne Hilfe gebären und nach der Geburt 40 Tagen auch dort bleiben. Niemand durfte rein und sie durfte auch nicht raus. Diese 40 Tagen war sie ganz allein mit dem Kind. Das Essen bekam sie vom Fenster. Viele Frauen und Kinder starben unter solchen Umständen. Diese Tradition gab es bis Ende 19. Jahrhundert.
Die Sage über die Tebschorikas
Tebschorikas waren böse Feen oder Hexen. Eine Tebschorika sah aus wie eine wunderschöne Frau. Sie überfielen die Schafhirten im Schlaf und brachten sie um. Wenn ein Hirt erwachte bevor ihn die Tebschorika umbringen konnte und ihr die Haare schneiden konnte, wurde die Tebschorika harmlos und blieb lebenslang seine Sklavin. Die abgeschnittenen Haare musste der Hirte in seiner Dolchscheide aufbewahren, damit die Tebschorika nicht ihre alte Macht wiedererlangte. Sie waren sehr kräftig und machten alle Aufgaben ihres Herrn fleißig. Aber man musste ihnen alles umgekehrt befehlen, z.B. „setz dich“ statt „stehe auf“, „schrei“ statt „sei still“ usw. Man sagt, dass die tuschetischen Türme von Tebschorikas erbaut wurden.
Weblinks
Commons: Tusheti – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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