U-Boot-Falle

U-Boot-Falle

U-Boot-Fallen sind auch als Q-Ships, Decoy Vessels, Special Service Ships oder Mystery Ships bekannt. Sie wurden hauptsächlich im Ersten Weltkrieg von seiten Großbritanniens benutzt.

Bei U-Boot-Fallen handelt es sich um Schiffe, die als unbewaffnete, manchmal sogar neutrale Schiffe getarnt sind und versteckte Waffen an Bord haben. Ein angreifendes Tauchboot, das - wie zu Anfang des Ersten Weltkrieges üblich - das Q-Schiff aufgetaucht stoppt, um es zu untersuchen, die Besatzung zu übernehmen und schließlich zu versenken, wird von seinem vermeintlichen Opfer stattdessen selbst angegriffen.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Der Einsatz einer solchen Waffe verfolgt, neben der offensichtlichen Zielsetzung der Zerstörung gegnerischer Tauchboote, den Zweck dem Gegner eine bestimmte Taktik aufzuzwingen.

In einem Handelskrieg, in dem Tauchboote Handelsschiffe bekämpfen, lag bis zur Einführung spezieller Taktiken, Technologien und Einheiten der Vorteil auf Seiten der Angreifer.

Diesen Vorteil sucht der Einsatz von U-Boot-Fallen zu stören, indem er die Tauchboote unter Wasser zwingt, wo ihre Reichweite und Effizienz stark eingeschränkt sind. Die im Allgemeinen Unterseeboote genannten Fahrzeuge waren bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges eigentlich Tauchboote, das heißt Schiffe, die wann immer möglich an der Wasseroberfläche fahren und nur gelegentlich tauchen.

Unter Wasser angreifen zu müssen, da jeder Angriff aufgetaucht das Boot dem Risiko eines Angriffs aussetzt, drängt die jeweilige Tauchboote in größerer Stückzahl einsetzende Seite damit in einen sogenannten 'Uneingeschränkten U-Boot Krieg'. Unter dieser Doktrin, die z.B. Deutschland in beiden und die USA im Zweiten Weltkrieg anwendeten, werden in einem gewissen Gebiet alle Schiffe ohne genauere Prüfung angegriffen, wobei es schnell zu Fehlern kommen kann, wie dem Angriff auf neutrale Schiffe oder feindliche Schiffe, die nicht angegriffen werden sollten. Beispiele sind der Untergang der RMS Lusitania und der Athenia. Im Pazifikkrieg wurden beispielsweise auch japanische Truppentransporter, die amerikanische Kriegsgefangene an Bord hatten, von amerikanischen Tauchbooten torpediert.

Erster Weltkrieg

Britische U-Boot-Falle HMS Tamarisk

Großbritannien suchte 1915 eine Möglichkeit, um sich gegen deutsche U-Boote zu wehren, die den Seehandel bedrohten. Die Möglichkeit, Konvois zu bilden, war aus Mangel an geeigneten Kriegsschiffen nur sehr eingeschränkt gegeben, außerdem waren Wasserbomben und Seeminen technisch noch nicht weit entwickelt und eher ineffektiv. Aufgrund dessen wurde die Idee entwickelt, deutsche U-Boote durch scheinbar alte, beinahe seeuntaugliche Dampfer, die als ein durch Artillerie leicht versenkbares Ziel erscheinen sollten, zum Auftauchen zu bewegen und die aufgetaucht verwundbaren Boote dann zu versenken. Diese Taktik versprach Erfolg, da Torpedos sehr teuer waren und U-Boote außerdem nur eine geringe Torpedokapazität hatten (U 1 hatte drei Torpedos an Bord, U 20 sechs). Unbewaffnete Schiffe wurden daher meist mit der Bordartillerie versenkt, die zeitweise, bei den U-Kreuzern, sogar deshalb sehr stark war. Teilweise wurden die Q-ships sogar als Schiffe neutraler Nationen getarnt, da diese von U-Booten vor einer möglichen Versenkung nach Prisenrecht gestoppt und durchsucht werden mussten.

Für den Fall eines Torpedobeschusses waren U-Boot-Fallen meist mit Holz und ähnlichem schwimmfähigen Material beladen, so dass bis zum Untergang oft Stunden vergingen. Dies sollte U-Boote dazu zwingen, doch noch aufzutauchen und der Falle die Möglichkeit zum Abschuss zu geben. Sollte auch dies nicht funktionieren, so ging ein Teil der Besatzung, die sogenannte „Panic Party“, in gespielter wilder Panik von Bord, um die U-Bootsbesatzung von der „Echtheit“ des Schiffes zu überzeugen. Eine andere Konzeption einer U-Falle sah einen Trawler vor, der ein getaucht fahrendes U-Boot schleppte. Über eine Telefonverbindung wurden so im Fall eines Angriffs die Zielkoordinaten an das U-Boot durchgegeben, welches daraufhin seinerseits das angreifende Boot torpedieren sollte.

Am 23. Juni 1915 wurde U 40 als erstes U-Boot von einer U-Boot-Falle, bestehend aus dem Trawler Taranaki und dem U-Boot HMS C24, versenkt. Insgesamt jedoch kann der Erfolg der britischen U-Boot-Fallen als eher gering eingestuft werden. Von 178 versenkten deutschen U-Booten wurden lediglich 14 nachweislich von U-Boot-Fallen zerstört, weitere 60 wurden beschädigt. Von den 200 britischen U-Boot-Fallen wurden im Gegenzug jedoch 27 versenkt und ein Q-Boat versenkte das eigene britische U-Boot HMS J6. Die deutschen Hilfskreuzer, wie Möwe oder Wolf, waren keine U-Boot-Fallen. In der Ostsee operierten insgesamt fünf deutsche U-Boot-Fallen, die in der Handels-Schutz-Flottille zusammengefasst waren. Das Schiff K oder Kronprinz Wilhelm konnte dabei 1916 das russische U-Boot Gepard schwer beschädigen. Das Schiff H oder Hermann wurde im Juni 1916 von russischen Zerstörern während eines Geleitzugkampfes versenkt.

Zweiter Weltkrieg

Royal Navy

USS Anacapa
USS Carolyn später USS Atik

Auch im Zweiten Weltkrieg wurden U-Boot-Fallen eingesetzt, die jedoch die Erfolge aus dem Ersten Weltkrieg nicht wiederholen konnten. Die Royal Navy rüstete bei Kriegsausbruch zehn Schiffe entsprechend um, die kein U-Boot versenken konnten, drei dieser Schiffe fielen jedoch U-Boot-Angriffen zum Opfer.

US Navy

Auch die nach ihrem Kriegseintritt im Dezember 1941 durch das deutsche Unternehmen Paukenschlag überraschte United States Navy setzte U-Boot-Fallen ein. Nach schnell steigenden Verlusten erbat der Oberbefehlshaber (Commander-in-Chief) der United States Fleet den Commander der Eastern Sea Frontier mehrere Schiffe speziell auszurüsten, um sie gegen U-Boote einsetzen zu können. Daraus entstand das „Project LQ“.

Fünf Schiffe wurden in U-Boot-Fallen verwandelt:

  • das Fischerboot MS Wave, das erst zum Hilfs-Minensuchboot USS Eagle und dann zur USS Captor wurde,
  • die Frachtschiffe SS Evelyn und SS Carolyn (zwei Schwesterschiffe), die zu USS Asterion und USS Atik wurden,
  • der Tanker SS Gulf Dawn, der zur USS Big Horn wurde und
  • der Schoner Irene Myrtle, der zur USS Irene Forsyte wurde.

Diese fünf Schiffe waren jedoch völlig erfolglos. Lediglich die USS Atik traf am 27. März 1942 auf das U-Boot U 123, das unter seinem Kommandanten Reinhard Hardegen vor der amerikanischen Küste angekommen war. U 123 torpedierte die USS Atik und tauchte dann auf, um das vermeintliche Handelsschiff mit der Bordkanone zu versenken. Das Q-Schiff eröffnete sofort das Feuer, worauf U 123 ein Alarmtauchmanöver durchführte. Die Atik blieb liegen, um ihre „Panic Party“ wieder an Bord zu nehmen, was dem U-Boot ermöglichte, die U-Boot-Falle mit einem zweiten Unterwasserangriff zu versenken. Das Gefecht kostete alle 141 Besatzungsmitglieder der USS Atik ihr Leben, die Schäden am U-Boot waren so gering, dass es seine Feindfahrt fortsetzen konnte. Lediglich ein Fähnrich von U 123 wurde durch das Geschützfeuer der Atik schwer verletzt und verstarb kurz nach der Versenkung der Atik.

Auch im Pazifik wurden Q-Schiffe, darunter die USS Anacapa, eingesetzt.[1]

Kurz nach diesem Fehlschlag und der Feststellung, dass die übrigen amerikanischen U-Boot-Fallen kaum seetüchtig waren, wurde der Einsatz der übrigen Q-Schiffe eingestellt.

Kriegsmarine

Auch die deutsche Kriegsmarine rüstete insbesondere in den Anfangsjahren des Kriegs mindestens 13 ehemalige Handels- oder Fischereischiffe unter der allgemeinen Bezeichnung Sonderschiffe zu U-Boot-Fallen um.[2]

Schiff-Nummer Name
7 Möwe (Aug. – Okt. 1939)
8 Birka
12 Dr. Heinrich Wiegand (TSK 6)
13 Mob-FD Saturn (1940)
17 Alster (TSK 1)
19 Rila
24 Mob-FD Mars
27 Messina (TSK 3)
29 Lola (Juni – Aug. 1944)
31 Mob-FD Jupiter
35 Oldenburg (TSK 5)
40 Schürbeck (TSK 2)
43 Capri (TSK 4)[3]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kenneth M. Beyer: Q-Ships versus U-Boats. America's Secret Project. Naval Institute Press, Annapolis, Maryland, USA, 1999, ISBN 1-55750-044-4.
  2. http://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/km/schiff-x.htm
  3. Schiff 43 sollte zunächst der Dampfer Falkenberg werden, der sich aber als ungeeignet erwies.

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