Unfallkosten

Unfallkosten

Unfallkosten (UK) entstehen durch Personen- und Sachschäden bei einem Verkehrsunfall und zählen auf dem Gebiet der örtlichen Unfalluntersuchung zu den Unfallkennziffern, da mit deren Hilfe eine Bewertung (Verkehrssicherheitsbewertung) des Unfallgeschehens auf Streckenabschnitten und Knotenpunkten durchgeführt werden kann.[1] Unfallkosten messen die volkswirtschaftlichen Verluste (externe Kosten), fassen Anzahl und Schwere der Unfälle zusammen und ermöglichen Vergleiche der Verkehrssicherheit zu einem Preisstand. Die Unfallkostendichte (UKD) projiziert die durchschnittlichen volkswirtschaftlichen Kosten (in 1.000 €/a) auf einzelne Straßenbereiche.[2][3]

Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) berechnet und veröffentlicht jährlich die volkswirtschaftlichen Kosten von Straßenverkehrsunfällen in Deutschland. Die methodische Basis für diese Bewertung wurde 1984 nach einer konzeptionellen und empirischen Untersuchung von Krupp und Hundhausen gelegt.[4] Diese Konzeption wurde 1999 von Baum und Höhnscheid konzeptionell überarbeitet und durch empirische Neuerhebung der Strukturdaten aktualisiert.[5] Diese Konzeption wurde seitdem beibehalten. Aktuell basiert die Unfallkostenrechnung auf einem von Baum, Kranz und Westerkamp entwickelten Berechnungsmodell.[6]

Das Berechnungsmodell der BASt ermittelt Unfallkosten (Euro je Unfall bzw. Personenschaden), die nach dem Schweregrad der Personenschäden (getötet, schwerverletzt, leichtverletzt) bzw. der Unfallkategorie der Sachschäden unterteilt sind. Durch Verknüpfung der schweregradabhängigen Unfallkostensätze mit der Häufigkeit ihres Auftretens im Erhebungsjahr lassen sich die volkswirtschaftlichen Kosten von Personenschäden und Sachschäden im Straßenverkehr berechnen.

Inhaltsverzeichnis

Gliederung der Unfallkosten

  • Die Reproduktionskosten sind die Kosten, die aufgewendet werden, um durch den Einsatz medizinischer, juristischer, verwaltungstechnischer und anderer Maßnahmen eine äquivalente Situation wie vor dem Verkehrsunfall herzustellen. Es lassen sich direkte und indirekte Reproduktionskosten unterscheiden.
  • Direkte Reproduktionskosten entstehen bei der medizinischen und beruflichen Rehabilitation der Unfallopfer. Die medizinische Rehabilitation umfasst die stationäre und ambulante Behandlung, den Transport und die Nachbehandlung der Unfallopfer. Die berufliche Rehabilitation umfasst Maßnahmen, die der beruflichen Wieder- oder Neueingliederung der Unfallopfer dienen.
  • Indirekte Reproduktionskosten entstehen aus dem Versuch der Wiederherstellung der Rechtslage (Kosten von Polizei, Justiz, Versicherungsgesellschaften).
  • Die Ressourcenausfallkosten erfassen die Minderungen an wirtschaftlicher Wertschöpfung, die dadurch entstehen, dass die durch Unfall verletzten oder getöteten Personen nicht mehr in der Lage sind, am Produktionsprozess teilzunehmen. Die Verletzung oder der Todesfall einer Person hat insofern eine Verringerung des künftigen Sozialproduktes zur Folge.
  • Die außermarktlichen Wertschöpfungsverluste beinhalten Verluste an Wertschöpfung, die nicht im Sozialprodukt enthalten sind. Dies umfasst die Schattenwirtschaft sowie die Haushaltsproduktion.
  • Humanitäre Kosten umfassen Unfallfolgen wie die psychische Belastung oder die Umstellung der Lebensplanung, die nicht in den Reproduktionskosten und den Ressourcenausfallkosten enthalten sind.
  • Die Staukosten sind Kosten durch Zeitverluste die durch Unfallbedingte Staus entstehen.

Kosten durch Straßenverkehrsunfälle am Beispiel Deutschland

Volkswirtschaftliche Unfallkosten im Jahr 2008 (in Mrd. €)

Nach dem Berechnungsmodell der BASt ergeben sich für das Jahr 2008 volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von 31 Mrd. Euro durch Personen- und Sachschäden infolge von Straßenverkehrsunfällen in Deutschland. Gegenüber dem Vorjahr sind die Unfallkosten damit um ca. 3 % (= 970 Mill. €) gesunken.

Von den insgesamt berechneten volkswirtschaftlichen Unfallkosten entfielen auf Kosten für Personenschäden im Jahr 2008 insgesamt 14,04 Mrd. €; darunter auf Getötete 4,64 Mrd. €, auf Schwerverletzte 7,83 Mrd. € und auf Leichtverletzte 1,57 Mrd. €. Insgesamt entspricht das einem Anteil von 45% an den Gesamtkosten. Der Anteil der Kosten für Sachschäden betrug 55 %, was einem Kostenumfang von 16,96 Mrd. € entspricht.

Kostensätze für Personen- und Sachschäden

Kostensätze je verunglückte Person bzw. je Unfall im Jahr 2008

Mit dem Berechnungsmodell werden die Unfallkostensätze für Personenschäden personenbezogen ermittelt, um die Unfallfolgen nach dem Schweregrad der Personenschäden (getötet, schwerverletzt, leichtverletzt) zu schätzen. Bei den Sachschäden werden die Kostensätze unfallbezogen ermittelt, um sie in Abhängigkeit vom Schweregrad des Unfalls zu schätzen. Einen Überblick über die Kostensätze je verunglückte Person bei Personenschäden sowie je Unfall bei Sachschäden gibt die nebenstehende Tabelle.

Entwicklung der Unfallkosten

Entwicklung der Unfallkosten für Personen- und Sachschäden 2005 – 2008 (in Mrd. €)

Aufgrund von Veränderungen hinsichtlich der Unfallzahlen, Unfallschwere, Kosten im Gesundheitssystem und der Einkommensverhältnisse, die den wirtschaftlichen Verlust durch Straßenverkehrsunfälle maßgeblich bestimmen, wurde das in der Vergangenheit verwendete Berechnungsmodell aus dem Jahr 1996 überarbeitet. Auf Grundlage des neuen Modells wurden die Unfallkosten seit dem Datenjahr 2005 fortgeschrieben. Der dadurch entstandene „Bruch“ zur vorangegangenen Methodik muss dabei - zugunsten einer möglichst realitätsnahen Abbildung der volkswirtschaftlichen Verluste - in Kauf genommen werden.

Die gesamten Unfallkosten sind im Vergleich zum Vorjahr infolge eines Rückgangs sowohl der Personenschäden als auch der Sachschäden um ca. 3 % gesunken. Die wichtigste Ursache dieser Entwicklung ist der auch in 2008 erneut deutliche Rückgang der Anzahl tödlich verletzter Unfallopfer um 472 gegenüber dem Vorjahr. Die Kosten durch Getötete im Straßenverkehr sind um fast 9% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Entgegen dem Trend bei den Personenschäden haben die Kosten für Sachschäden seit 2005 insgesamt eine Zunahme um 4,4 % zu verzeichnen. Wie sich die Unfallkosten seit der Modellanpassung im Jahre 2005 entwickelt haben, zeigt die nebenstehende Tabelle.

Siehe auch

Literatur

  • Herbert Baum, Karl-Josef Höhnscheid: Volkswirtschaftliche Bewertung von Personenschäden im Straßenverkehr, Fortschreibung für 1994. Bergisch Gladbach 1996.

Einzelnachweise

  1. Frank Höfler: Verkehrswesen-Praxis, Band 2: Verkehrstechnik. Bauwerk Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-934369-53-7, S. 199.
  2. Institut für Straßenverkehr: Sicherung des Verkehrs auf Straßen (SVS). Auswertung von Straßenverkehrsunfällen. Teil 1: Führen und Auswerten von Unfalltypen-Steckkarten.. Unfallforschung der Versicherer, Köln 2003.
  3. Jürgen Gerlach, Jörg Ortlepp, Heiko Voß: Shared Space – Eine neue Gestaltungsphilosophie für Innenstädte?. Unfallforschung der Versicherer, Berlin 2009, ISBN 978-3-939163-26-8, S. 34.
  4. Rudolf Krupp, Gerd Hundhausen: Volkswirtschaftliche Bewertung von Personenschäden im Straßenverkehr. Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch-Gladbach 1984.
  5. Herbert Baum, Karl-Josef Höhnscheid: Volkswirtschaftliche Kosten der Personenschäden im Straßenverkehr. Wirtschaftsverlag NW, 1999.
  6. Baum, H.; Kranz, Th.; Westerkamp, U.: Ermittlung der volkswirtschaftlichen Kosten der Straßenverkehrsunfälle in Deutschland. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, 2009.

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