Unionismus (Protestantismus)

Unionismus (Protestantismus)

Unionismus (v. kirchenlat.: unio Einheit; aus unus eins) ist ein Begriff, der im Rahmen der europäischen Kirchengeschichte, insbesondere im Zusammenhang mit der Reformation gebraucht wird.

Der Begriff Unionismus bezeichnet die Tendenz, eine Kirchengemeinschaft zwischen Lutheranern und Reformierten Kirchen herzustellen. Der Unionismus wurde in Form der Unierten Kirchen verwirklicht - am bedeutendsten war dabei die 1817 gebildete Evangelische Kirche der Altpreußischen Union (unter diesem Namen ab 1922) in Preußen. Auch in Anhalt, Baden, Bremen (1877), Hessen-Darmstadt, Kurhessen, Nassau und der Pfalz (dort angenommen durch Referendum der Kirchenmitglieder) kam es zur institutionellen Vereinigung der jeweiligen lutherischen mit der reformierten Landeskirche. Dabei unterscheidet man Landeskirchen, deren Kirchengemeinden ein uniertes Bekenntnis pflegen (z.B. Baden und Pfalz), und solche, die bloß einen organisatorischen Zusammenschluss darstellen zwischen lutherischen, reformierten und unierten Kirchengemeinden, die jeweils weiterhin ihren gemeindespezifischen Bekenntnisstand beibehalten (z.B. Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Bremen, Rheinland etc.).

Die hinter dem Unionismus stehende Problematik ergab sich daraus, dass es im Zuge der Reformation innerhalb des protestantischen Lagers sehr rasch zur theologischen Spaltung kam. Bereits in den ersten Jahren war zwar auch das Bemühen um eine Überwindung der theologischen Gegensätze zu beobachten, doch insbesondere das Marburger Religionsgespräch von 1529, an dem u.a. Luther selbst, Philipp Melanchthon und Ulrich Zwingli teilnahmen, brachten zwar Konsens in 14 von 15 Punkten, darunter etwa in der Rechtfertigungslehre, die entscheidende Frage der Interpretation des Abendmahls konnte aber nicht gelöst werden: Während Zwingli im Abendmahl eine rein symbolische Gedenkfeier sah, bestehen die Lutheraner darauf, dass Brot und Wein im Sinne der Konsubstantiation die reale Gegenwart von Christi wahrem Leib und Christi wahres Blut bezeugen (siehe: Abendmahlsstreit). Der theologische Gegensatz in dieser einen Frage führte in den Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche und in der Folgezeit dazu, dass sich viele Lutheraner und Reformierte bis ins 17. und 18. Jahrhundert gegenseitig der Ketzerei beschuldigten, wobei insbesondere den Reformierten deswegen der Status einer anerkannten Konfession bis zum Westfälischen Frieden verweigert wurde.

Erst im 19. Jahrhundert, als die Konfessionskriege schon lange zurücklagen, überwand man zum größten Teil zumindest die institutionelle Spaltung, während die theologischen Unterschiede bestehen blieben. Zwar gab es die Versuche, auch hier eine Annäherung dadurch zu finden, dass z.B. Kernelemente des Glaubens von „Nebensächlichkeiten“, den so genannten „Adiaphora“ zu trennen und auf diese Weise zu Kompromissen zu finden. Allzu große Annäherungsversuche im Sinne des Unionismus sind aber immer wieder auf heftigen Widerstand in beiden Lagern gestoßen, die um ihre jeweilige konfessionelle Eigenständigkeit und um den „Abfall“ von der „reinen Lehre“ fürchteten. So weigern sich die Altlutheraner bis heute, der Union beizutreten, wie sie in der Evangelischen Kirche in Deutschland verwirklicht ist.

Seit 2003 sind die vormals altpreußische Evangelische Kirche der Union und die in der Arnoldshainer Konferenz zusammengeschlossenen übrigen unierten und reformierten Landeskirchen der Union Evangelischer Kirchen zusammengeschlossen. Auch in anderen Ländern gibt es mehr oder weniger weit reichende Zusammenschlüsse zwischen lutherischen und reformierten Kirchen.

Eine ähnliche Grundhaltung wie im Unionismus (Betonung der Gemeinsamkeiten im Glauben), ohne das explizite Ziel einer gemeinsamen Kirche, findet sich in der evangelischen Allianz und der ökumenischen Bewegung.

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