Vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule

Vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule

Die Vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule war eine 1816[1] gegründete und bis 1907 separat existierende militärische Ausbildungsstätte für Offiziere der Artillerie- und Pioniertruppe in Charlottenburg bei Berlin.[2] Sie gilt als eine der Vorläuferinstitutionen der heutigen Technischen Universität Berlin[3].

Inhaltsverzeichnis

Lage

Fassade des Schulgebäudes Unter den Linden 74, erbaut von Karl Friedrich Schinkel
Das spätere Gebäude in der Hardenbergstraße

Die ursprüngliche Hauptanschrift der Schule war Unter den Linden (damals Nr. 14). 1823 bekam die Schule Unter den Linden (Mitte) 74 / Ecke Wilhelmstraße ein neues Hauptgebäude und 1876 erneut in der Hardenbergstraße / Ecke Fasanenstraße gegenüber der königlichen Baumschule.[4]

Entstehung

Vor der Gründung der preußischen Militärschule erfolgte die Ausbildung für die Artillerie und die Ingenieurtruppe an separaten Schulen. Die Ausbildung der Artilleristen erfolgte an der Artillerieschule in Hannover und die ursprüngliche Forderung für die Gründung einer Ausbildungsstätte für Ingenieuroffiziere stellte Oberstleutnant Georg Josua Du Plat, Chef des preußischen Ingenieurkorps, aufgrund der Erfahrungen aus dem siebenjährigen Krieg, in dem sich das bereits 1729 aufgestellte Korps als „überaltert“ und unzureichend ausgebildet herausstellte. Bis dahin erfolgte die technische Ausbildung der Ingenieuroffiziere in der Truppe durch ausgewählte Artillerieoffiziere, Offiziere anderer Waffengattungen, sowie durch in- und ausländische Zivilsachverständige. Vorbilder für die 1788 in Potsdam gegründete Ingenieurschule waren insbesondere die französische École Nationale des Ponts et Chaussées in Paris, die École royale du Génie de Mézières und die Artillerieschulen der französischen Artilleriebrigaden. Die preußische Ingenieurschule kam aber vor allem wegen des Krieges gegen Frankreich Ende des 18. Jahrhunderts nicht über das Versuchsstadium hinaus und wurde letztendlich 1803[5] aufgelöst.

Ausbildung

Nach der Neugründung der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule fand die Ausbildung für die Leutnante, die bereits zuvor die Kriegsschulen besucht und darauf ein zwei- bis dreijähriges Truppenpraktikum absolviert hatten, in einjährigen Kursen statt. Die Ausbildung war mit Bestehen der Abschlussprüfung und Zuteilung des Examens beendet.

Zu den Lerninhalten wurden zunehmend erweitert und beinhalteten später die Fächer Artillerie- und Ingenieurwissenschaften, Mathematik, Chemie, Physik, Terrainlehre, Taktik, Kriegsgeschichte, Pferdekenntnis, Zeichnen, Englisch, Französisch, sowie Übungen im Terrainaufnehmen und Besuche der technischen Artillerie-Institute.

Die Teilnahme an der Ausbildung war für die Absolventen freiwillig, der Unterrichtsbesuch für das Bestehen allerdings erforderlich, zumal vom Bestehen der Prüfungen wiederum entsprechende Beförderungen abhängig gemacht waren. Einigen Absolventen wurde auch der Besuch großer Industriewerke ermöglicht.[6]

Während die Unterrichtung militärübergreifender Fächer als einmalig galt, stieß die gemeinsame Unterrichtung von Pionier- und Artillerieoffizieren wegen der waffengattungsspezifisch abweichenden Interessen immer wieder auf Kritik. Daher wurden den Ingenieuroffiziersanwärtern zunächst zusätzliche Fächer angeboten, ab 1834 deren Ausbildung an die neu gegründete Militärakademie verlegt.[7] 1907 wurde die Schule mit der Militärtechnischen Akademie vereinigt und unter deren Namen fortgeführt.

Berühmte Schulangehörige

Dozenten

Weitere nennenswerte Schulangehörige

Um 1857 war Generalmajor Moritz von Prittwitz der Inspekteur dieser Schule. Zu den bekanntesten Schulabsolventen zählt Werner von Siemens ebenso wie der Schöpfer der Schweren Artillerie, Generalleutnant Gustav Adolf von Deines.

Weitere Artillerie- und Ingenieurschulen

Eine vergleichbare Schule war die 1857 gegründete Königlich Bayerische Artillerie- und Ingenieur-Schule der Bayerischen Armee in München und die französische École d'Application de l'Artillerie et du Génie, Metz.

Belege

  1. Anderen Quellen nach wurde der Ausbildungsbetrieb bereits 1814 aufgenommen.
  2. Meyers Großes Konversations-Lexikon. Leipzig 1905-1909, Band 20, S. 48.
  3. Zur 5000. Lokomotive gab es Bachforelle und Hummer, TU intern, Januar 2000.
  4. Gerd Albrecht. Chronik der Berliner Geschichte
  5. Anderen Quellen nach im Jahr 1806.
  6. Meyers Großes Konversations-Lexikon. Leipzig 1905-1909, Band 1, S. 830.
  7. Lars Ulrich Scholl. Ingenieure in der Frühindustrialisierung. 1978, ISBN 3525422091

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