Vertrag von Montreux

Vertrag von Montreux

Der Vertrag von Montreux (auch Meerengen-Abkommen) vom 20. Juli 1936 gab der Türkei die volle Souveränität über die Dardanellen, das Marmarameer und den Bosporus zurück. Er ist noch heute in Kraft und regelt den freien Schiffsverkehr durch diese Gewässer.

Nach der Niederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg gerieten die Meerengen zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer in den Verträgen von Sèvres 1920 und von Lausanne 1923 unter internationale Kontrolle, die von einer Kommission des Völkerbundes ausgeübt wurde (Die Meerengen-Kommission bestand aus Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Japan, Rumänien, dem SHS-Staat, der Sowjetunion und der Türkei). Die strategisch bedeutsamen Meerengen wurden zudem zur entmilitarisierten Zone erklärt. Der Vertrag von Montreux trat an die Stelle des Abkommens von Lausanne.

Die Revision des Vertrags geschah zum einen auf Drängen der Türkei, die Souveränität über ihr Staatsgebiet auszuüben, zum anderen durch machtpolitische Erwägungen während der zunehmenden internationalen Spannungen der 1930er Jahre; die Türkei sollte durch Konzessionen als möglicher Bündnispartner in einem künftigen Konflikt gewonnen werden. Der zentrale Verhandlungsgegenstand war die Passage von Kriegsschiffen durch die Meerengen. Die Verhandlungen wurden hauptsächlich von der Türkei, Großbritannien und der Sowjetunion geführt, weitere Vertragspartner waren Frankreich, Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Jugoslawien und Japan. Nur Italien und die Vereinigten Staaten beteiligten sich nicht an der Konferenz.

Der Vertrag besteht aus 29 Artikeln, vier Anhängen und einem Protokoll. Die Artikel 2 bis 6 regeln den zivilen Schiffsverkehr, die Artikel 7 bis 22 den Verkehr von Kriegsschiffen.

Die Meerengen gelten als internationale Gewässer, gemäß Artikel 2 genießen Handelsschiffe, unbesehen ihrer Ladung oder Flagge, während Friedenszeiten die freie Durchfahrt. Die türkischen Behörden können nur sanitäre oder Sicherheitskontrollen durchführen und Gebühren erheben, aber nicht die Passage verbieten. In Kriegszeiten dürfen alle Handelsschiffe der Staaten passieren, die nicht mit der Türkei im Krieg stehen, dürfen aber einem Feind der Türkei keine Hilfe leisten.

Für Kriegsschiffe gelten besondere Regeln. In Friedenszeiten muss die Durchfahrt eines Kriegsschiffes der Türkei auf diplomatischem Wege vorher mitgeteilt werden, in der Regel acht Tage zuvor. Kriegsschiffe von Staaten, die nicht zu den Anrainern des Schwarzen Meeres gehören, dürfen sich nicht länger als 21 Tage im Schwarzen Meer aufhalten. Außerdem gibt es Beschränkungen der Tonnage von Kriegsschiffen. Nicht mehr als 15.000 Tonnen dürfen gleichzeitig durch die Meerengen fahren. Befindet sich die Türkei in einem Krieg, so stellt das Abkommen die Durchfahrt von Kriegsschiffen völlig in das Ermessen der türkischen Regierung.

Im Zweiten Weltkrieg verhinderte der Vertrag von Montreux, dass Kriegsschiffe der Achsenmächte durch die Meerengen fuhren, um die Sowjetunion zu bedrohen. Die Türkei verhinderte nach Protesten Moskaus und Londons die Durchfahrt, als kleinere bewaffnete Schiffe dies vermehrt versuchten. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es immer wieder Streit über die Auslegung des Vertrages hinsichtlich der Durchfahrt schwerer amerikanischer Kriegsschiffe und sowjetischer Flugzeugträger, die die zulässige Gesamttonnage überschreiten. Die russische Marine (ebenso wie früher die sowjetische) bezeichnet ihre Flugzeugträger offiziell als Flugdeckkreuzer, da der Vertrag die Durchfahrt ersterer verbietet. Um die Träger dennoch von den Werften und Häfen an der Schwarzmeerküste ins Mittelmeer und zurück verlegen zu können, bedient man sich dieses Kunstgriffs.

Neben dem Vertrag von Montreux muss die Türkei auch dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 entsprechen, was zuweilen Interpretationsschwierigkeiten wegen inhaltlicher Differenzen zwischen den beiden Dokumenten hervorruft. Im Zusammenhang mit dem Vertrag von Montreux von 1936 gibt es zudem einen Disput zwischen der Türkei und Griechenland über den Status der 1923 durch den Vertrag von Lausanne entmilitarisierten Inseln in der östlichen Ägäis (Limnos, Samothrake, Gökçeada, Bozcaada, Tavcan).

Im Kaukasus-Konflikt 2008 verweigerte die Türkei amerikanischen Kriegsschiffen die Passage in das Schwarze Meer, weil die im Vertrag erlaubte Gesamttonnage überschritten worden sei. Russland mahnte an, dass der Vertrag von Montreux vollständig zu respektieren sei.[1]

Einzelnachweise

  1. Reinhard Müller: Kontrollierte Durchfahrt. Das Abkommen von Montreux und der Zugang zum Schwarzen Meer. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Freitag, 5. September 2008, S.12

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