- Vili
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Vili, auch Wili (altnordisch Vili ‚Wille‘) ist in der nordischen Mythologie einer der beiden Brüder Odins, des obersten Gotts.
Inhaltsverzeichnis
Quellen
Gemäß Snorri Sturlusons Prosa-Edda ist Vili der Sohn von Borr und der Riesin Bestla und hat zwei Brüder, nämlich Odin und Vé.[1] Nach der Vǫluspá hoben die Söhne Burrs das Land (die Erde) aus dem Ginnungagap und schufen somit die Welt der Menschen, die man Midgard nennt.[2] Da Burr lediglich eine sprachliche Variante zu Borr ist, ergibt sich daraus mittelbar, dass Vili als einer der Schöpfer der Welt anzusehen ist. Im Widerspruch zur Vǫluspá lässt die Prosa-Edda Vili auch an der Erschaffung des Menschen beteiligt sein.[3] Die Lokasenna hingegen bestätigt nicht nur die Bruderschaft zu Odin und Vé, sondern spielt noch auf einen weiteren Mythos an, wonach Frigg ihren Mann Odin mit seinen beiden Brüdern betrogen habe.[4] Wahrscheinlich wird damit die Begebenheit gemeint, die in der Ynglinga saga berichtet wird. Danach ging Odin für eine geraume Zeit ins Exil, in der seine Brüder die Herrschaft für ihn ausübten und sich Frigg bis seiner Rückkehr zur Frau nahmen.[5] Die Bruderschaft zu Odin und Vé bestätigen auch Skaldenlieder.
Rezeption
Vermutlich gehen die drei Brüder Odin, Vili und Vé lediglich auf eine Vervielfachung Odins zurück, so dass seine beiden Brüder wohl besondere Erscheinungsformen des obersten Gottes darstellen. Sicher ist zumindest, dass die Göttertrias aus urgermanischer Zeit stammt, da sie offensichtlich auf einem Stabreim mit W aufbaut, der in nordischer Zeit zerstört wurde, als aus *Wodanaz Odin wurde.[6]
Als unwahrscheinlich gilt mittlerweile, dass Vili zur Erschaffung des Menschen beitrug, da man die Tradition aus der Vǫluspá als älter und ursprünglicher ansieht und man davon ausgeht, dass Snorri Sturluson die drei Weltenschöpfer mit den drei Menschenschöpfern gleichsetzte, um die nordische Mythologie zu harmonisieren.[7]
In der vergleichenden Mythenforschung wird vertreten, dass der Mythos vom Exil Odins Parallelen mit dem walisischen Mythos von Math und seinen beiden mit ihm rivalisierenden Neffen Gwydyon und Gilfaethwy habe, der im Mabinogion überliefert ist. Setzt man die beiden Erzählungen miteinander gleich, so folgt daraus, dass in der nordischen Überlieferung ein Teil des Mythos verloren gegangen ist, wonach aus dem Ehebruch ein Sohn hervorging, der in der nordischen Mythologie niemand anderes als Balder sein könne.[8]
Literatur
- Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. 3. Auflage. Kröner Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-520-36803-4.
Einzelnachweise
- ↑ Snorri Sturluson: Prosa-Edda, Gylfaginning 5
- ↑ Lieder-Edda: Vǫluspá 4
- ↑ Snorri Sturluson: Prosa-Edda, Gylfaginning 9; Lieder-Edda: Vǫluspá 17
- ↑ Lieder-Edda: Lokasenna 26
- ↑ Snorri Sturluson: Heimskringla, Ynglinga saga 3
- ↑ Vgl. Simek, 2006, S. 470
- ↑ Jan de Vries: Altgermanische Religionsgeschichte, 1937, Band 2, § 316; Eugen Mogk: Grundriss der germanischen Philologie. Band 1, S. 235; Sigurður Jóhannesson Nordal: Völuspà, S. 120.
- ↑ Karen Bek-Pedersen: Interpretations of Ynglingasaga and the Mabinogi. Some Norse-Celtic correspondences. In: Old Norse religion in long-term perspectives: origins, changes, and interactions: an international conference in Lund, Sweden, June 3-7, 2004. Nordic Academic Press, 2007, Band 8, S. 332
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