Bayenturm

Bayenturm
Bayenturm
Aufbau und Lage des Bayenturms auf einer Darstellung von Arnold Mercator im Jahre 1571
Bayenturm im Jahre 1670

Der Bayenturm ist ein mittelalterlicher Wehrturm in der Innenstadt von Köln. Der trutzige, wie eine Burg ausgebaute Bayenturm entstand um 1220 als Teil der acht Kilometer langen mittelalterlichen Stadtbefestigung. Der südliche Eckturm der Stadtmauer am Rhein ist heute eines der wenigen Zeugnisse dieser Anlage, die Köln 700 Jahre lang umschloss. Der Turm ist mit Erdgeschoss und vier Obergeschossen einschließlich Zinnen ca. 35 m hoch. Die Mauern des Erdgeschosses weisen eine Stärke von 2,50 m auf. Der Bayenturm ist heute Sitz der gemeinnützigen Stiftung „FrauenMediaTurm“.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Geschichte

Die Turmanlage besitzt einen quadratischen Unterbau mit drei Geschossen. Darauf wurden im 14. Jahrhundert zwei achteckige Obergeschosse erbaut, die über einem Rundbogenfries mit Kleeblattbögen von vorkragenden Zinnen abgeschlossen wurden. Nach Süden und Westen schlossen sich die Befestigungsanlagen der Kölner Stadtmauer an. Zur östlichen Rheinseite hin schloss sich ein aus Mauer, Wehrgang und aufgesetztem Gebäude mit Walmdach bestehender Abschluss der Kölner Uferstraße an, die durch ein Tor zugänglich war. Ins Innere der Stadt gelangte man erst durch ein weiteres Holztor links in der Rheinmauer. Von hier aus besaß die Rheinmauer Richtung Norden weitere 21 Tore.

Die Befestigung mit Wehrgang und darüber gelegenen Wachgebäuden wurde über einen Bogen über den Rhein bis zu einem im Fluss verankerten Pfeiler fortgesetzt. Neben seiner allgemeinen Schutzfunktion gegen Feinde zu Lande und zu Wasser konnte von hier aus auch der „Treidelbetrieb“ (Ziehen von Kähnen stromaufwärts durch Pferde) auf dem Leinpfad überwacht werden. Die Verbindung wurde, nachdem sie bereits verfallen war, 1585 endgültig abgerissen; nur der Bogenansatz blieb stehen, nachdem auch die im Fluss befindlichen Teile der Anlage 1784 durch Eisgang zerstört worden waren.[1]

Dem Turm südlich vorgelagert war eine Schleuse, durch die der vor der landseitigen Stadtmauer befindliche Graben geflutet wurde.[1]

Bei der Erstürmung des Bayenturms 1262 sollen die Kölner erstmals den SchlachtrufKölle alaaf“ gerufen haben. Das würde die dort im Kapitel „Rheinland“ zitierte zweite Quellenangabe zur Entstehung dieses Schlachtrufes während der Epoche des Stapelrechts belegen. Eine Kölner Weisheit sagt: Wer den Turm hat, hatte die Macht. Mit der Eroberung des Turms durch die Kölner Bürgerschaft 1262 war die Vorherrschaft des Erzbischofs endgültig gebrochen.

Im Kölner Kampf um frühe bürgerliche Freiheiten gegen Erzbischof Engelbert II. spielte der Bayenturm eine Rolle, weshalb er mit dem Wappen der Stadt geschmückt wurde.

Er wurde während des Dreißigjährigen Krieges 1620 weiter verstärkt. Mit Baubeginn des neuen Rheinauhafens 1850/51 wurde die mittelalterliche Rheinufermauer abgebrochen und durch eine krenelierte Mauer auf der neugeschaffenen Rheinauhalbinsel ersetzt. Diese Mauer wurde über einen offenen Halbturm/Uferkaponniere und einen neuen Zwinger mit dem Bayenturm verbunden. Da der Turm den Expansionsdrang der Stadt im 19. Jahrhundert nicht störte, wurde er – anders als der größte Teil der Mauer und die Mehrheit der Tore – 1881 nicht geschleift, als Preußen das Gelände, auf dem sich mittelalterliche Stadtmauer und vorgelagerte neue preußische Bastionen befanden, sondern an die Stadt Köln verkauft. Zwischen 1895 und 1898 wurden starke Beschädigungen, die der Turm durch ein Feuer im Jahre 1697 erlitten hatte, von Stadtbaumeister Josef Stübben durch Wiederaufbau beseitigt.[1]

Am Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der eigens zu diesem Zweck hergerichtete Turm das Kölner Museum für Vor- und Frühgeschichte. Unter Carl Rademacher, dem ersten Direktor des Museums, wurde es 1907 eröffnet. Die im Bayenturm untergebrachten Ausstellungen und Forschunssbestände wurden im Juli 1943 bei Luftangriffen zum großen Teil zerstört. Gerettete Reste der Sammlung wurden in der Severinstorburg untergebracht, [2] in der sie bis zur Gründung einer im Oktober 1946 als Folgeeinrichtung geschaffenen Institution verblieben. Der Zusammenschluss aus der Römischen und der Germanischen Abteilung des Wallraf-Richartz-Museums und die Reste der Sammlung des Museums für Vor- und Frühgeschichte wurden der Grundstock des heutigen Römisch-Germanischen Museums in Köln.

Der während des Zweiten Weltkriegs erheblich beschädigte Turm überdauerte Jahrzehnte als Ruine. Erst 1987 - nun bereits fast völlig zerstört - wurde er nach Plänen des Stadtbaumeisters Josef Stübben aus dem Jahre 1895 wieder aufgebaut.

Heutiger Zustand

Vom unter der Stadtkonservatorin Hiltrud Kier wiederaufgebauten[3] Turm ist der heutige Rheinuferkai etwa 50 Meter entfernt. Zur Rheinuferstraße hin ist noch ein zehn Meter langes dreigeschossiges Gebäudeteil, das Teil der landeinwärts führenden Befestigung war, erhalten. Anfang 1992 begann der Innenausbau des Komplexes unter der Leitung der Architektin Dörte Gatermann.

FrauenMediaTurm

Der Bayenturm ist seit 1994 Sitz der 1984 von Alice Schwarzer initiierten[4] gemeinnützigen Stiftung „FrauenMediaTurm“ und beherbergt seitdem ein Archiv und ein Dokumentationszentrum zur historischen und aktuellen Frauenbewegung. Die Online-Datenbank enthält ca. 42.000 Einträge zu frauenrelevanten, feministischen Themen, sowie Artikel aus Zeitschriften.[5][6]

Einzelnachweise

  1. a b c Günther Binding: Köln- und Niederrhein-Ansichten im Finckenbaum- Skizzenbuch 1660-1665. Greven Köln 1980. ISBN 3-7743-0183-2, S.87
  2. Karl Baedecker: Köln und das Rheinland zwischen Köln und Mainz, S. 182 f.
  3. Dörte Gatermann:Neuer Kern in "alter" Hülle auf www.frauenmediaturm.de, abgerufen am 20. Februar 2010
  4. Alice Schwarzer, 1994. Ein Turm für Frauen allein
  5. Bestand und Datenbank des FrauenMediaTurm
  6. Digitales Archiv des FrauenMediaTurm

Literatur

  • Alice Schwarzer (Hrsg.): Turm der Frauen. Der Kölner Bayenturm. Vom alten Wehrturm zum FrauenMediaTurm. DuMont 1994. ISBN 3-7701-3404-4

Weblinks

 Commons: Bayenturm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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