Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud

Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud

Das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud in Köln ist eine der großen klassischen Gemäldegalerien Deutschlands. Das älteste Museum der Stadt Köln beherbergt in einem Gebäude von 2001 die weltweit umfangreichste Sammlung mittelalterlicher Malerei, insbesondere der „Kölner Malerschule“, sowie eine repräsentative Auswahl an Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts. Mit den Werken der Fondation Corboud verfügt das Museum über die umfangreichste Sammlung impressionistischer und neoimpressionistischer Kunst in Deutschland. Zum Bestand zählt ebenso eine bedeutende Graphische Sammlung von mehr als 75000 Blättern aus dem Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert.

Wallraf-Richartz-Museum

Inhaltsverzeichnis

Museumsgeschichte

Museumsgründung und Vorgängerbauten

Das Wallraf-Richartz-Museum der Stadt Köln besteht seit dem Jahr 1824. Seine Sammlungsgeschichte lässt sich jedoch mit dem umfangreichen Konvolut der Graphischen Sammlung des ehemaligen Kölner Jesuitenmuseums, das in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts in den Bestand aufgenommen wurde, bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen.

Anlass für die Gründung des ältesten der stadtkölnischen Museen war die testamentarische Verfügung des Kölner Kanonikers und letzten Rektors der alten Kölner Universität Ferdinand Franz Wallraf (1748-1824). In seinem Testament vom 18. Mai 1818 vermachte er der Stadt Köln seinen umfangreichen Nachlass, der sich vorwiegend aus Säkularisationsgut zusammensetzte, „unter der ausdrücklichen unnachlässigen Bedingung, dass meine Kunst-, Mineralien-, Malerei-, Kupferstich- und Büchersammlung zu ewigen Tagen bei dieser Stadt und Gemeinde zum Nutzen der Kunst und Wissenschaft verbleiben [...] soll“.[1]

Wallrafianum im Kölnischen Hof (1827 – 1861)

Kölnischer Hof, Trankgasse, um 1820

Am 8. Juli 1827, drei Jahre nach dem Tod Franz Ferdinand Wallrafs, wurde ein Teil der Sammlung in Räumen des ehemaligen Quartiers der Kölner Erzbischöfe in der Trankgasse 7 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Als ersten Kurator des bald Wallrafianum genannten Interimsmuseums bestellte der Rat der Stadt einen Freund Wallrafs, den Kaufmann, Maler und Kunstsammler Matthias Joseph de Noël (1782-1849), der die Sammlung bis 1842 verwaltete. Bald nach seinem Amtsantritt am 10. Januar 1844 wies der Nachfolger de Noëls, der Maler Johann Anton Ramboux, auf die Notwendigkeit eines Neubaues hin.

Erst als sich im Jahr 1851 der Kölner Kaufmann Johann Heinrich Richartz (1795-1861) bereit erklärte, 100.000 Taler für die Errichtung eines neuen Museumsgebäudes zu stiften, konnte das Bauvorhaben in Angriff genommen werden.

1. Wallraf-Richartz-Museum. Gemälde von Ernst Friedrich Zwirner 1861

Wallraf-Richartz-Museum (Feltens-Raschdorff-Bau; 1861 – 1943)

Nach den Plänen Josef Feltens (1799-1880) und Julius Carl Raschdorffs (1823-1914) wurde am 4. Oktober 1855 im Beisein des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. die feierliche Grundsteinlegung des neuen Museums auf dem Gelände des ehemaligen Minoritenklosters (Kölner Hof) begangen. Die Architekten errichteten unter Einbeziehung des Kreuzgangs ein Bauwerk im Englisch-Neugotischen Stil, das auf Grund weiterer Zustiftungen Richartz’ (insgesamt 277.000 Taler) am 1. Juli 1861 als Wallraf-Richartz-Museum feierlich eröffnet wurde. Die Stadt ehrte den Sammler und den Stifter durch zwei Standbilder von Wilhelm Albermann, die am 10. April 1900 von Oberbürgermeister Wilhelm Becker enthüllt wurden.

1936-37 erfolgte ein Umbau des Gebäudes durch den Architekten Heinrich Bartmann. In der „Peter-und-Paul-Nacht“ vom 28. auf den 29. Juni 1943 wurde das Museumsgebäude bei einem Luftangriff völlig zerstört.[2]

2. Wallraf-Richartz-Museum. Gebäude von Rudof Schwarz und Josef Bernhard. Heute Museum für Angewandte Kunst
150 Jahre Wallraf-Richartz-Museum, deutsche Sonderbriefmarke von 2011

Wallraf-Richartz-Museum (Schwarz-Bernhard-Bau; 1957 – 1986)

Am 27. Mai 1957 konnte auf dem alten Gelände, jetzt mit der Adresse „An der Rechtsschule“, nach einer Bauzeit von 4 Jahren ein neues Museum nach den Plänen der Architekten Rudolf Schwarz und Josef Bernhard errichtet werden.

Kritik an der Raumaufteilung[3] und ein zu geringes Fassungsvermögen entfachten aber schon bald nach der Eröffnung die Diskussion um einen größeren Neubau an einem anderen Ort. Mit der Übernahme der Sammlung Peter Ludwigs im Jahr 1968 erhielten die Überlegungen verstärkten Auftrieb. Im Oktober 1975 erfolgte die Ausschreibung zu einem Ideenwettbewerb, 1976 die Auszeichnung des Preisträgers, des Architekturbüros Busmann + Haberer, und 1977 die Bauarbeiten für einen großen Neubau auf dem Gelände des ehemaligen Busbahnhofs in unmittelbarer Nähe des Kölner Doms.

Im Schwarz-Bernhard-Bau von 1957 befinden sich heute die Ausstellungsräume des Museums für Angewandte Kunst.

Wallraf-Richartz-Museum und Museum Ludwig (Busmann-Haberer-Bau, 1986 – 2001)

Nach einer Bauzeit von fast 10 Jahren konnte am 6. September 1986 der neue Gebäudekomplex für das Wallraf-Richartz-Museum und das inzwischen gegründete Museum Ludwig sowie für die Kölner Philharmonie zwischen Dom und Rhein eröffnet werden. Die Annahme weiterer Kunststiftungen des Ehepaares Peter und Irene Ludwig im Jahr 1994 und die damit verbundene Vereinbarung der Stifter mit dem Rat der Stadt Köln machten einen selbständigen Neubau für die Sammlung Wallraf notwendig.

Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud (Ungers-Bau, 2001)

Bei seiner Sitzung am 26. Oktober 1995 beschloss der Rat einen eigenen Neubau für das Wallraf-Richartz-Museum im Zentrum der Stadt in der Nähe des Rathauses und des historischen Gürzenich-Gebäudes. Nach Aufzeichnungen aus dem Tagebuch des Kölner Kunstsammlers Sulpiz Boisserée sollte bereits das erste Museumsgebäude an dieser Stelle in der Nähe der ehemaligen Werkstatt Stephan Lochners entstehen. Aus dem Architekturwettbewerb ging im Mai 1996 der Entwurf des Kölner Architekten Oswald Mathias Ungers als 1. Preis hervor.

Nach der Grundsteinlegung im Jahr 1998 konnte das neue Wallraf-Richartz-Museum am 19. Januar 2001 eröffnet werden.

Der Museumsneubau

Das kubische Gebäude zwischen Rathaus und Gürzenich, entworfen von dem Architekten Oswald Mathias Ungers, zeigt auf einer Ausstellungsfläche von 3.500 Quadratmetern Grafik und Malerei vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert. Als der Schweizer Sammler Gérard Corboud 2001 zahlreiche impressionistische Gemälde als Dauerleihgabe überließ, wurde der Name des Museums erweitert, er lautet nun offiziell Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud.

Seit September 2006 trägt das Museum den Slogan: „Wallraf das Museum“.

Leitung

Direktor des Museums ist seit 2005 der promovierte Kunsthistoriker Andreas Blühm, sein Stellvertreter Roland Krischel.

Blühm wurde am 8. Juli 2010 "für seine künstlerischen Erfolge, seine Bedeutung für die Kölner Kultur sowie seine besonderen Management-Fähigkeiten, mit denen er das Museum zu einer der ersten Adressen unter den deutschen Kunstmuseen gemacht" hat, [4] vom Kölner Kulturrat mit dem ersten Kölner Kulturpreis als "Bester Kulturmanager des Jahres 2009" ausgezeichnet.

Ebenfalls im Juli 2010 hat der Rat der Stadt Köln seinen Vertrag bis 2015 verlängert.

Sammlungen

Stephan Lochner; Muttergottes in der Rosenlaube, um 1448, Mischtechnik auf Holz - eines der wichtigsten Ausstellungsstücke des Wallraf-Richartz-Museums

Das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud beherbergt eine der wichtigsten Sammlungen mittelalterlicher Malerei der Welt. Aus keiner Stadt ist eine so umfangreiche Sammlung mittelalterlicher Tafelbilder überliefert, da es in Köln weder große Stadtbrände noch Bilderstürme gab. Mit Werken des Barock sowie Malerei und Skulptur des 19. und 20. Jahrhunderts zeigt das Museum einen umfassenden Überblick über die Geschichte und Entwicklung der Kunst vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert.

Kunst des 13. bis 16. Jahrhunderts

Der Museumsbegründer, Ferdinand Franz Wallraf, sammelte während der Säkularisation die Altarbilder der profanierten Kirchen, Klöster und Stifte. Seine Sammlung ist der Grundstock der Mittelalterabteilung des Museums. Kölner Malerei kann so umfangreich sonst nur noch in München (Alte Pinakothek) besichtigt werden, denn dorthin gelangte die Sammlung der Kölner Gebrüder Sulpiz und Melchior Boisserée. Werke Stephan Lochners sowie Werke folgender Meister: Meister der Heiligen Veronika, Meister von St. Laurenz, Meister der Georgslegende, Meister des Bartholomäus-Altars, Meister der Verherrlichung Mariae, Meister von Sankt Severin, Meister der Ursula-Legende und vieler anderer Maler der Kölner Malerschule finden sich in der Sammlung.

Kunst des 17. bis 18. Jahrhunderts

Die Barockabteilung zeigt einen sehr guten Querschnitt durch die Kunstproduktion seit etwa 1550. Ein Schwerpunkt der Sammlungsstruktur liegt in der Malerei der nördlichen Niederlande mit Hauptwerken von Rembrandt, Maarten van Heemskerck, Gerrit van Honthorst, Jan Victors, François Boucher, Paris Bordone, Peter Paul Rubens und Anthonis van Dyck.

Kunst des 19. bis 20. Jahrhunderts

In der Abteilung des 19. Jahrhunderts wird an guten Beispielen die Kunstentwicklung des 19. Jahrhunderts nachvollziehbar. Von den Deutsch-Römern des späten 18. Jahrhunderts (Jakob Philipp Hackert, Johann Christian Reinhart, Joseph Anton Koch) spannt sich der Bogen über die deutsche Früh- und Spätromantik (Caspar David Friedrich, Carl Blechen, Gerhard von Kügelgen) bis hin zu den Nazareneren (Eduard Bendemann, Julius Schnorr von Carolsfeld). Eine umfangreiche Sammlung des Kölner Malers Wilhelm Leibl schließt sich an. Zudem zeigt das Museum Werke von Gustave Courbet, Max Liebermann und Malerei und Skulptur des Symbolismus: Arnold Böcklin, Franz von Stuck, Marianne Stokes, James Ensor, Edvard Munch, sowie erwähnenswerte Plastiken u.a. von Jean-Antoine Houdon, Rudolf Schadow, Pierre-Auguste Renoir, Auguste Rodin.


Die angegliederte Fondation Corboud zeigt die umfangreichste Sammlung von Malerei des französischen und internationalen Impressionismus und Spätimpressionismus in Deutschland.

Graphische Sammlung

Die Bestände der Graphischen Sammlung umfassen etwa 75.000 Kunstwerke auf Papier, darunter erlesene Miniaturen auf Pergament, einzigartige Handzeichnungen und Malereien auf Papier und Pappe, eine Reihe von Skizzenbüchern sowie zahlreiche bedeutende Druckgraphiken in einer Vielzahl unterschiedlicher Techniken. Sie umfassen die Zeitspanne vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Darunter finden sich Künstler wie Leonardo da Vinci, Raffael, Albrecht Dürer, Luca Cambiaso, Hendrick Goltzius, Rembrandt van Rijn, Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge, Karl Friedrich Schinkel, Carl Spitzweg, Anselm Feuerbach, Edvard Munch, Max Liebermann, Lovis Corinth und Auguste Rodin, um nur einige zu nennen. Eine besondere Erwähnung verdient hier ebenfalls der Nachlass des Architekten Jakob Ignaz Hittorff, ein Konvolut von ca. 7500 Stücken, das ein Panorama der internationalen Altertumsforschung, Baukunst und Stadtgestaltung des 19. Jahrhunderts bietet. Über Hittorff hinaus sind in ihm Werkgruppen weiterer bedeutender Künstler wie Louis François Cassas oder Jean-Baptiste Lepère enthalten. Im Graphischen Kabinett des Museum finden unter dem Reihentitel "Der un-gewisse Blick" regelmäßig kleinere Ausstellungen zu wechselnden Themen aus dem Themenkreis der Kunst auf Papier (Handzeichnungen und Druckgraphik) statt.

Auswahl der im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud ausgestellten Kunstwerke

Sonderausstellungen

2011
  • Wilhelm Leibl und die Farbe Schwarz, 25. November 2011 - 12. Februar 2012
  • Panoptikum - Die geheimen Schätze des Wallraf, 21. Oktober 2011 - 22. Januar 2012
  • Vasari 500 - Italienische Meisterzeichnungen von Leonardo, Raffael & Co, 19. August - 20. November 2011
  • TAT ORT MUSEUM, 1. Juli - 25. September 2011
  • Wie echt kann falsch sein? Die Spurensicherung im Fall Carl Rottmann, 13. Mai - 7. August 2011
  • Aus der Graphischen Sammlung: Neuerwerbungen und Schenkungen, 11. Februar - 24. April 2011
  • Alexandre Cabanel, 4. Februar 2011 - 15. Mai 2011
2010
  • Das Gedächtnis, die Stadt und die Kunst: Die Beschneidung, 5. November 2010 - 30. Januar 2011
  • Auf Leben und Tod: Der Mensch in Malerei und Fotografie - Die Sammlung Teutloff zu Gast im Wallraf, 17. September 2010 - 9. Januar 2011
  •  »Der Un/Gewisse Blick« - Vom Licht gezeichnet. Camille Corot und das Experiment „Cliché-verre“, 20. August - 24. Oktober 2010
  • Gay Games Cologne 2010 - Eine schwul-lesbische Reise durch 700 Jahre Kunstgeschichte, 31. Juli - 8. August 2010
  • Max Liebermann, Lovis Corinth, Max Slevogt - Die Landschaften, 30. April - 1. August 2010
  • Max Liebermann, Lovis Corinth, Max Slevogt - Arbeiten auf Papier, 30. April - 1. August 2010
  • Hiob und ich. Eine Kooperation mit der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik Köln, 4. März - 30. Mai 2010

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach: Ausstellungskatalog „Franz Ferdinand Wallraf“, Historisches Archiv der Stadt Köln, Köln 1974/75, Kat. Nr. 147, S. 92
  2. Bild der Woche vom 23. Juni 2003 auf www.museenkoeln.de
  3. Mathias Schreiber: Der dritte Weg, Wallraf-Richartz-Museum Köln, S. 36; in: Mathias Schreiber: Deutsche Architektur nach 1945, 40 Jahre Moderne in der Bundesrepublik, Stuttgart 1986
  4. Aktuelles auf www.koelnerkulturrat.de

Literatur

Aufsätze
  • Joachim Deeters (Hrsg.): Franz Ferdinand Wallraf (Ausstellungskatalog; 147). In: Historisches Archiv der Stadt Köln. Köln 1974/75, S. 92.
  • Maria Heer: Ein Kunstmuseum ist das Gewissen der Stadt. Vom Wallrafianum zum Bau von Oswald Mathias Ungers: das Kölner Wallraf-Richartz-Museum hat sein eigenes Zuhause. In: Neues Rheinland, Bd. 44 (2001), Heft 1, S. 10-11.
Bücher
  • Rainer Budde, Roland Krischel (Hrsg.) unter Mitarbeit von Thomas Blisniewski und Eva Hartmann: Das Wallraf-Richartz-Museum. Hundert Meisterwerke von Simone Martini bis Edvard Munch. Dumont, Köln 2001, ISBN 3-7701-5618-8.
  • Christian Heße u.a. (Bearb.): Wallraf-Richartz-Museum Köln. Vollständiges Verzeichnis der Gemäldesammlung. DuMont/Electa, Köln 1986, ISBN 3-7701-1979-7.
  • Martin Oehlen: Museen in Köln. DuMont, Köln 2004, ISBN 3-8321-7412-5.
  • Stephanie Sonntag, Andreas Blühm (Hrsg.): Wallraf. Das Museum (Sammlungsführer). Dumont, Köln 2008, ISBN 978-3-8321-9139-9.
  • Andreas Blühm (Hrsg.): 150 Jahre Wallraf-Richartz-Museum. Festschrift zum 150-jährigen Jubiläum der Eröffnung des ersten Wallraf-Richartz-Museums in Köln am 1. Juli 1861. J. P. Bachem Verlag, Köln 2011, ISBN 978-3-7616-2481-4.

Weblinks

 Commons: Wallraf-Richartz-Museum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

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