Vorlesung

Vorlesung
Vorlesung in einem Hörsaal der RWTH Aachen

Als Vorlesung bezeichnet man eine Unterrichtsform an einer Hochschule. Sie wird meistens von einem Professor oder Dozenten gehalten.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Der Begriff Vorlesung stammt aus der Frühzeit der Universitäten im Mittelalter, in der Bücher noch nicht gedruckt waren. Die Vorlesung bestand hauptsächlich darin, dass der Dozent den Studierenden eigene oder fremde Werke vorlas und kommentierte.[1]

Ablauf einer Vorlesung

Auch heute noch liest der Dozent oft aus einem Skript oder aus Folien vor. Vorlesungen sind Frontalunterricht, bei denen in einem Hörsaal bis zu mehrere hundert Studenten einem Dozenten zuhören.

Professoren verteilen zu den Vorlesungen manchmal Skripte oder sie lassen solche verkaufen. In jüngerer Zeit ist es aber üblich geworden, dass Studenten die Skripte von der Website des Professors herunterladen und ausdrucken. Die Qualität solcher Skripte schwankt enorm. Manchmal gibt es ein spärliches Skript – zum Beispiel eine Sammlung der präsentierten Grafiken, zu denen der Student selbst das eigentliche Wissen notieren muss – oder es gibt vollständige Lehrtexte, die den Kauf eines vorlesungsbezogenen Lehrbuchs ersparen.

Oft ist es von den Dozenten in den Vorlesungen heute gewünscht, dass Studenten aufzeigen, um Nachfragen zu stellen. Nicht selten sprechen Dozenten die Studenten heute auch schon unaufgefordert an, um die Aufmerksamkeit in der Vorlesung zu erhöhen. Um dieser Form der Beteiligung zu entgehen, ist zu beobachten, dass viele Studenten sich zunächst möglichst weit hinten im Hörsaal verteilen. Ein Lehrgespräch entsteht dadurch aber nicht.

Professoren oder Dozenten haben im Unterschied zu Lehrern meist keine didaktische Ausbildung absolviert. Sie verfügen deshalb meist weder über Wissen, noch über Erfahrungen mit lebendigen erfahrungsorientierten Lehrmethoden. Auch lässt die administrative Organisation des Lehrbetriebes zeitgemäße Methoden gar nicht zu. Auch unter dem Vorwand der Freiheit der Lehre finden sich Vorlesungen, die didaktisch und/oder inhaltlich nicht den Anforderungen der Studenten genügen.

Arbeitsaufwand

Mit der Einführung des ECTS-Kreditpunkte-Systems an den europäischen Universitäten soll es nun möglich werden, den Arbeitsaufwand von Studenten direkt zu vergleichen. Es gilt, dass ein ECTS-Kreditpunkt etwa 30 Stunden Zeitaufwand entsprechen sollen – egal, ob der Student in der Vorlesung sitzt, zu Hause lernt oder ob er in einem Praktikum arbeitet.

Es ist unter bestimmten Bedingungen möglich, ohne den Besuch von Vorlesungen zu studieren. In den Geisteswissenschaften – und dort vor allem in der Philosophie und der Literaturwissenschaft – kann es vorkommen, dass der Student nur fünf Vorlesungsstunden pro Woche besucht. Durch die Einführung einer Anwesenheitspflicht wird immer mehr versucht, die Studenten an die Vorlesungen zu binden.

Vorlesungsbeginn

Im deutschsprachigen Raum gibt es häufig das akademische Viertel; das bedeutet, dass eine Vorlesung eine Viertelstunde nach dem offiziell im Vorlesungsverzeichnis angegebenen Zeitpunkt „cum tempore“ (abgekürzt c.t., lat.: mit Zeit) beginnt. Im Gegensatz hierzu kennzeichnet der Zusatz s.t. (sine tempore, lat.: ohne Zeit) einen Beginn der Vorlesung zur angegebenen vollen Stunde. Das akademische Viertel sollte dem Studenten den Wechsel des Hörsaals zwischen zwei Vorlesungen ermöglichen. Jedoch sind viele Universitäten dazu übergegangen, die Vorlesungsdauern auf 45 oder 90 Minuten zu verkürzen, womit auch das akademische Viertel entfällt: Die Vorlesungen beginnen und enden meistens zur angegebenen Zeit.

In den meisten anderen Ländern ist das akademische Viertel unbekannt, und Vorlesungen mit kürzerer oder wesentlich längerer Dauer, bis hin zu 180 Minuten, sind üblich.

Sonstige Formen der Lehre

Vorlesungen gehören neben Seminaren, Tutorien, Übungen, Praktika sowie examensvorbereitenden und -begleitenden Arbeitsgemeinschaften (z.B. Diplomanden-AG)[2] in den Bereich der universitären Lehre.

Besondere Formen der Vorlesung

Antrittsvorlesung

Die erste Vorlesung, die ein neuer Dozent nach der Habilitation an seiner Hochschule hält, wird Antrittsvorlesung genannt. Als Antrittsvorlesung bezeichnet man auch die erste Vorlesung, die ein Professor nach seiner Berufung auf eine neue Position an einer anderen Hochschule liest. Der Dozent kann mit der Auswahl seines Themas universitätsintern erstmalig seine Position und Ausrichtung verdeutlichen. Eingangs der Antrittsvorlesung erfolgt üblicherweise eine Vorstellung des neuen Dozenten durch den Dekan. Die Antrittsvorlesung hat daher oft einen feierlichen Rahmen, auch wenn am Ende der Vorlesung oft noch ein zweiter, dann humorig gehaltener Vortrag zum Privatleben des neuen Dozenten folgt.

Weihnachtsvorlesung

Eine weitere besondere Form der Vorlesungen sind Weihnachtsvorlesungen. Sie finden in der Regel als letzte Veranstaltung des Kalenderjahres vor der vorlesungsfreien Zeit über Weihnachten und Silvester statt. Sie dienen nicht unmittelbar der Lehre im jeweiligen Fach, sondern haben meist humoristische oder ironische Züge. So kann zum Beispiel eine Weihnachtsvorlesung im Fach Chemie ausschließlich aus spektakulären Experimenten bestehen oder sich eine Anatomie-Vorlesung nur mit der „Schönheit des menschlichen Gesäßes“ befassen. Auf die theoretischen Hintergründe wird dann meist nur oberflächlich oder gar nicht eingegangen. Auch vom Rosenmontag sind Vorlesungen dieser Art bekannt, beispielsweise die Vorlesung des Maschinenbauers Prof. Otto Kraemer an der TH Karlsruhe.

Siehe auch

Literatur

  • Hans Jürgen Apel: Die Vorlesung. Einführung in eine akademische Lehrform. Böhlau, Köln 1999.
  • Eberhard Straub: Von Knattermimen zum Talkmaster. Zur Geschichte der Vorlesung. In: Wirtschaft und Wissenschaft Heft 4 (2007).

Einzelnachweise

  1. Helmut Fend Geschichte des Bildungswesens. Der Sonderweg im europäischen Kulturraum VS Verlag 2005. S. 85
  2. Anleitungen sowohl zur Anfertigung als auch zur Betreuung von Examensarbeiten enthält Hans-Otto Schenk: Die Examensarbeit. Ein Leitfaden für Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, UTB 2657, Göttingen 2005, ISBN 3-8252-2657-3.

Weblinks

  • [1]: Auszüge aus dem „Göttinger Katalog Didaktischer Modelle“

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