Vorwärts-Verlag

Vorwärts-Verlag
Der Vorwärts-Verlag war ab 1910 im Vorwärts-Gebäude in Wien untergebracht

Der Vorwärts-Verlag war bis 1988 der Parteiverlag der österreichischen Sozialdemokratie. Im noch bestehenden denkmalgeschützten Verlagsgebäude sind heute der Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung mit dem „Archiv der österreichischen Arbeiterbewegung“ und die „Stiftung Bruno Kreisky Archiv“ untergebracht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die 1894 gegründete, ab 1. Jänner 1895 als Tagblatt erscheinende Arbeiter-Zeitung wurde zunächst bei L.Bergmann gedruckt. Am 6. März 1900 wurde aber die ’’Druck- und Verlagsanstalt Vorwärts, M. Frisch & Co’’ ins Wiener Handelsregister eingetragen. Komplementär des Parteiverlages war der Druckereibesitzer Moritz Frisch, als Kommanditisten traten mit je 4.000 Kronen Einlage Victor Adler und Julius Popp in Erscheinung. Redaktion, Verwaltung und Druckerei waren zunächst in den Zinshäusern Mariahilfer Straße 89 und 89a auf zehn Jahre angemietet. Als die Partei aufgrund der Etablierung des allgemeinen gleichen Männerwahlrechts 1907 eine gesicherte parlamentarische Grundlage erhielt, wurde jedoch der Bau eines eigenen Redaktions- und Druckereigebäudes akut. [1]

Das von 1907 bis 1910 errichtete Druckerei- und Verlagsgebäude an der Rechten Wienzeile 97 (Vorwärts-Gebäude) wurde von den Architekten Hubert Gessner und Franz Gessner geplant und wurde am 20. Juli 1910 bezogen. Es war ab 1910 bis 1934 auch Sitz der Parteizentrale der SDAP sowie einzelner ihrer Teilorganisationen (z.B. Republikanischer Schutzbund). In der Druckerei des Verlages wurden neben der Arbeiter-Zeitung unter anderem auch Das Kleine Blatt und die illustrierte Zeitschrift Der Kuckuck produziert.

Vor 1914, besuchten auch linke russische Exilanten wie Leo Trotzki, oder Wladimir Iljitsch Lenin Victor Adler im Vorwärtsgebäude oder auch das nahegelegene Café Rüdigerhof. Das Vorwärts-Gebäude wurde bereits am 9. Februar 1934, also vor Ausbruch des Februaraufstandes von der Exekutive besetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg übersiedelte die neugegründete SPÖ in die Löwelstraße.

Im historischen Vorwärtsgebäude verblieben bis 1986 die Redaktion und Druckerei der AZ. Der Niedergang der Parteizeitungen belastete die AZ und ihren Verlag schwer, Parteivorsitzender Bruno Kreisky wies allerdings jeden Gedanken an einen Verkauf oder eine Liquidation zurück. Er wird mit dem Ausspruch zitiert: „Ich will nicht im Geschichtsbuch lesen müssen: Vorwärts Verlag, gegründet von Victor Adler, verkauft von Bruno Kreisky.[2]. Unter Kreiskys kurzzeitigem Nachfolger Fred Sinowatz wurde eine offensive Modernisierungsstrategie versucht, der schwer defizitäre Verlag [3] übersiedelte 1986 in das neue Büro- und Druckereizentrum Viehmarktgasse 4 im 3. Bezirk, anstelle des größten Teils des Verlagsgebäudes und seiner völlig überalterten Druckerei wurde das „Hotel Ananas“ errichtet. Die bilanziellen Auswirkungen dieser kurzzeitigen Offensistrategie verstärkten aber noch die katastrophale Finanzlage und so musste der Vorwärts unter dem Nachfolger von Sinowatz, Franz Vranitzky, im Herbst 1988 letztlich doch um einen symbolischen Betrag zu 74 Prozent an die Mediaprint verkauft werden.[4]

Im denkmalgeschützten Trakt finden sich bis heute die historischen Sitzungsräume des Parteivorstands, das Äußere kennzeichnet ein für Wien ungewöhnlicher Treppengiebel mit großer Uhr. Als figuraler Schmuck fallen die beiden 1910 von Anton Hanak geschaffenen Sandsteinfiguren „Arbeiter“ und „Arbeiterin“ auf.

Einzelnachweise

  1. Siehe AZ 5.Mai 1975
  2. Siehe Die Presse 24. September 1988
  3. Der ÖVP-Abgeordnete Werner Amon sprach später von insgesamt 500 Mio Schilling Verlusten - Stenographische Protokolle des Nationalrats, XXII. Gesetzgebungsperiode, 82. Sitzung, S. 140
  4. Vgl. dazu den kritischen Beitrag von Florijan Sablatschan im Wirtschaftsmagazin Cash Flow, November 1988.

Literatur

  • Marion Gusel: Die Bedeutung der sozialdemokratischen Presse und der Druck- und Verlagsanstalt „Vorwärts“ für die Entwicklung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs, 1991
  • Wolfgang Maderthaner: „Vorwärts“. Das Haus an der Wienzeile, 1995
  • Helmut Weihsmann, Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919–1934, 1985/2002.

Weblinks


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