Waisentunnel

Waisentunnel
Waisentunnel

Der Waisentunnel ist ein nur für Betriebsfahrten genutzter U-Bahn-Tunnel im Berliner Ortsteil Mitte zwischen den Strecken U8 und U5. Er beginnt südlich des U-Bahnhofs Jannowitzbrücke und mündet in die Wendeanlage westlich des U-Bahnhofs Alexanderplatz. Vom Waisentunnel zweigt der sogenannte ‚Klostertunnel‘ zur U-Bahn-Strecke U2 ab.

Die Länge des Waisentunnels beträgt 865 Meter. Im südlichen Bereich befindet sich ein 120 Meter langes Abstellgleis. Der Tunnel beginnt etwa an der Einmündung Märkisches Ufer in die Brückenstraße, kreuzt in einem eigenen Tunnel die Spree und folgt anschließend der Littenstraße, bis er unter der Rathausstraße in die Strecke E einmündet. Der Name des Tunnels leitet sich von der Waisenbrücke und der Waisenstraße ab, die der Verlauf des Tunnels am nördlichen Spreeufer kurz berührt.

Geschichte

Die Planungen für diese U-Bahn-Strecke trieb die Firma AEG voran. Sie wollte eine Großprofillinie zwischen Gesundbrunnen und Neukölln errichten. Der Vertrag für den Bau wurde 1912 mit der Stadt Berlin abgeschlossen. Die Fertigstellung war für 1918 geplant. Durch den Ersten Weltkrieg konnte der Bau nicht gewinnbringend abgeschlossen werden und die AEG gab das Bauprojekt auf. Einige Abschnitte waren bereits fertiggestellt. So war der Spreetunnel bereits gebaut und unter der Littenstraße befand sich der Rohbau eines U-Bahnhofs mit dem Planungsnamen Stralauer Straße.

Als die Stadt Berlin 1926 die Bauarbeiten an der Strecke zwischen Gesundbrunnen und Neukölln wieder aufnahm, wurde unter anderem im zentralen Bereich die Streckenführung geändert. Die Strecke folgte nun der Brückenstraße unter der Jannowitzbrücke entlang, verschwenkte nachfolgend in die Dircksenstraße und hatte so besseren Anschluss an die weiteren Linien am Alexanderplatz. Der teilweise fertiggestellte zweigleisige Tunnel der AEG wurde eingleisig weitergebaut und als Verbindungsgleis zur Strecke E Anfang der 1930er Jahre in Betrieb genommen.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Waisentunnel im Bereich des Bahnhofs Stralauer Straße in einen Luftschutzraum umgebaut. Dieser ist 260 Meter lang und besitzt eine nutzbare Fläche von 1200 m².

Die Fahrzeuge der Bauart E III, die im ehemaligen Ostteil der Stadt auf der Linie E (heute U5) eingesetzt wurden, können diesen Verbindungstunnel nicht befahren. Somit sind die noch vorhandenen Fahrzeuge der AGU (Arbeitsgemeinschaft Berliner U-Bahn) nicht für Sonderfahrten auf den anderen Großprofil-Strecken einsetzbar.

Fluchten aus Ost-Berlin

Im Jahre 1980 flüchteten ein Angestellter des VEB Kombinats Berliner Verkehrsbetriebe und seine Familie durch den Tunnel nach West-Berlin, indem sie vom allgemein zugänglichen U-Bahnhof Klosterstraße über verschiedene Tunnelstrecken (durch den Klostertunnel und eben jenen Waisentunnel) bis zu dem Tunnel gelangten, in dem die West-Berliner Züge der Linie 8 den Osten ohne Halt durchfuhren. Der BVB-Mitarbeiter gab mit einer rot abgeblendeten Handlampe Haltesignal, der Zugführer der West-U-Bahn hielt an, versteckte die Flüchtlinge im Führerstand und nahm sie so mit nach West-Berlin.[1]

Einzelnachweise

  1. Peter Neumann: Per Anhalter mit der U-Bahn in den Westen. In: Berliner Zeitung vom 27. Oktober 2004.

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