Walter A. Goffart

Walter A. Goffart

Walter André Goffart (* 22. Februar 1934 in Berlin) ist ein US-amerikanischer Mediävist, der derzeit Geschichte an der Universität Yale lehrt. Er gilt als einer der einflussreichsten Historiker auf dem Gebiet der Umbruchszeit vom Ende der Antike zum Frühmittelalter.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Walter A. Goffart, dessen Vater im belgischen diplomatischen Dienst tätig war, verbrachte seine Kindheit in Belgrad. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden er und seine Mutter zunächst vom Vater getrennt und mussten über die Türkei, Palästina und Ägypten schließlich in die USA fliehen. Walter Goffart studierte an der Universität Harvard Geschichte und promovierte 1961. Bereits seit 1960 lehrte er an der Universität Toronto. 2000 wechselte er nach Yale.

Goffarts Spezialgebiet ist das Frühmittelalter einschließlich der Übergangszeit der Spätantike. Er hat sich unter anderem intensiv mit der Ansiedlung der Germanen auf dem Boden des Römischen Reiches und mit ihrer folgenden Integration beschäftigt. Dabei vertritt Goffart einige provokante Thesen, etwa dass bei der Ansiedlung der Goten in Aquitanien (418/19) ihnen nicht ein Drittel des Landes, sondern ein Drittel der Steuern abgetreten wurde. Des Weiteren ist Goffart der Meinung, dass die darauffolgende Entwicklung, die schließlich zur Etablierung von germanischen Reichen auf dem Boden des weströmischen Reiches führte, teils weit weniger dramatisch ablief, als oft dargestellt (Barbarians and Romans, 1980). Gleichzeitig machte er auch auf die Komplexität der Zeitumstände aufmerksam, die schließlich zum Untergang des Römischen Reiches führten.

Goffart hat sich außerdem kritisch mit der frühmittelalterlichen Historiographie befasst, etwa mit Jordanes, Fredegar, Paulus Diaconus und Gregor von Tours. Er steuerte zu diesem Themenkomplex bedeutende Beiträge bei. Sein wichtigstes diesbezügliche Werk ist The Narrators of Barbarian History (1988), wofür er unter anderem mit der Haskins Medal der Medieval Academy of America (1991) ausgezeichnet wurde.

Werke

(Auswahl)

  • Caput and Colonate. 1974.
  • Barbarians and Romans, A.D. 418–584. The Techniques of Accommodation. 1980.
  • The Narrators of Barbarian History (A.D. 550–800). Jordanes, Gregory of Tours, Bede, and Paul the Deacon. 1988.
  • Rome’s Fall and After. 1989.
  • Barbarian Tides: the Migration Age and the Later Roman Empire. 2006.
  • Barbarians, Maps, and Historiography. Studies on the Early Medieval West. Aldershot 2009 (Variorum Collected Studies Series, Bd. 916).

Literatur

  • Alexander C. Murray (Hrsg.): After Rome’s Fall: Narrators and Sources of Early Medieval History. Toronto u.a. 1998, S. 3ff. [Mit Bibliographie von Goffarts Werken bis 1997 und einem kurzen Essay zu seinem Leben.]

Weblinks


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