Wasserhaushaltsgesetz

Wasserhaushaltsgesetz
Basisdaten
Titel: Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts
Kurztitel: Wasserhaushaltsgesetz
Abkürzung: WHG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Besonderes Verwaltungsrecht, Wasserrecht
Fundstellennachweis: 753-1
Ursprüngliche Fassung vom: 27. Juli 1957
(BGBl. I S. 1110, 1386)
Inkrafttreten am: 1. August 1957
Neubekanntmachung vom: 19. August 2002
(BGBl. I S. 3245)
Letzte Neufassung vom: 31. Juli 2009
(BGBl. I S. 2585)
Inkrafttreten der
Neufassung am:
überw. 1. März 2010
Letzte Änderung durch: Art. 1 G vom 6. Oktober 2011
(BGBl. I S. 1986)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
14. Oktober 2011
(Art. 6 G vom 6. Oktober 2011)
GESTA: N019
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bildet den Hauptteil des deutschen Wasserrechts. Es ist in der Fassung vom 31. Juli 2009 ein Gesetz in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Das WHG enthält Bestimmungen über den Schutz und die Nutzung von Oberflächengewässern und des Grundwassers, außerdem Vorschriften über den Ausbau von Gewässern und die wasserwirtschaftliche Planung sowie den Hochwasserschutz.

Inhaltsverzeichnis

Wirkung auf die Rechtsetzung der Länder

Ursprünglich war das WHG ein Rahmengesetz des Bundes, das von den Wassergesetzen der Länder ausgefüllt wurde. Infolge der Föderalismusreform regelt der Bund das Wasserhaushaltsrecht abschließend. Die Länder dürfen – außer bei stoff- oder anlagenbezogenen Vorschriften – von den Regelungen des Bundes abweichen (Art. 72 Abs. 3 GG). Außerdem enthält das WHG Öffnungsklauseln für Regelungen der Länder.

Übergangsrecht

Solange der Bund seine Verordnungsermächtigungen nicht nutzt und die Länder ihre Wassergesetze nicht an das WHG angepasst haben, unterliegt die Wirksamkeit einzelner Vorschriften rechtlicher Interpretation. Das WHG (und die dazu erlassenen Verordnungen) verdrängt nur dort das bisherige Recht der Länder, wo es selbst konkret regelt. Dadurch wird die rechtliche Situation in der Übergangsphase weniger durchschaubar, aber es entsteht keine Regelungslücke.[1]

Geltungsbereich

Das WHG gilt gemäß § 2 für:

auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Das Gesetz regelt keine Fragen, die mit der Rolle der Gewässer als Schifffahrtswege zusammenhängen; dafür gelten das Bundeswasserstraßengesetz, die Wassergesetze der Länder und das Seeaufgabengesetz.

Zwecksetzung

In der Neufassung vom 31. Juli 2009 ist erstmals der Zweck des WHG direkt im Gesetzestext formuliert [2]:

Zweck dieses Gesetzes ist es, durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen.

Wie der Name des Gesetzes schon erkennen lässt, handelt es sich nicht um ein reines Schutzgesetz. Der Begriff Haushalt weist darauf hin, dass das Gesetz die Bewirtschaftung regelt und dabei den haushälterischen Umgang mit der Ressource Wasser sicherstellen soll. Nutzung und Schutz sind also aufeinander bezogene Ziele des Gesetzes, ohne dass damit eine Rangfolge festgelegt wäre.[3] Der Begriff Schutz hat im Zusammenhang mit dem Wasser zudem zwei Seiten: Ein Anliegen ist der Schutz des Wassers in seiner Funktion als Trink- und Brauchwasser und als Lebensraum für Flora und Fauna (Wasser als Schutzobjekt). Ein weiteres Anliegen ist der Schutz vor dem Wasser bei Hochwasserereignissen (Siedlungs- und Landwirtschaftsflächen als Schutzobjekt).

Konflikte zwischen Nutzungsinteressen und Schutzerfordernissen müssen von den Behörden im Einzelfall nach Abwägung entschieden werden. Dabei haben durch Änderungen des Gesetzes aufgrund der europäischen Wasserrahmenrichtlinie die ökologischen Aspekte an Gewicht gewonnen. Durch die Bewirtschaftung der oberirdischen Gewässer muss eine Verschlechterung ihres ökologischen und chemischen Zustandes vermieden und ein guter ökologischer und chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden.[4] Bei künstlichen oder erheblich veränderten Gewässern ersetzt der Begriff ökologisches Potential, d.h. der verbliebenen Entwicklungsmöglichkeiten, jeweils den Begriff ökologischer Zustand. Beim Grundwasser sind eine Verschlechterung seines mengenmäßigen und seines chemischen Zustands zu vermeiden, alle signifikanten und anhaltenden Trends ansteigender Schadstoffkonzentrationen auf Grund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten umzukehren und ein guter mengenmäßiger und ein guter chemischer Zustand zu erhalten oder zu erreichen.[5]

Wichtige Bestimmungen

Benutzungen

Das WHG zählt in § 9 abschließend auf, welche Tätigkeiten Benutzungen im Sinne des Gesetzes sind. Entsprechend der Aufteilung in § 2 Absatz 1 werden den Gewässern unterschiedliche Benutzungsarten zugewiesen:

Oberirdische Gewässer
  • Aufstauen und Absenken
  • Entnehmen und Ableiten von Wasser
  • Entnehmen von festen Stoffen, soweit dies auf den Zustand des Gewässers oder auf den Wasserabfluss einwirkt
  • Einbringen und Einleiten von Stoffen
Küstengewässer
  • Einbringen und Einleiten von Stoffen
Grundwasser
  • Einleiten von Stoffen
  • Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten
  • Aufstauen, Absenken und Umleiten durch Anlagen, die hierzu bestimmt oder hierfür geeignet sind

Als Auffangtatbestand gelten auch Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß schädliche Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers herbeizuführen, als Benutzungen.

Erlaubnis und Bewilligung

§ 8 WHG errichtet für Benutzungen ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.

Die Erlaubnis gewährt die widerrufliche Befugnis, ein Gewässer zu benutzen. Sie kann befristet werden.

Die Bewilligung gewährt das Recht, ein Gewässer zu benutzen. Sie ist zu befristen und wird in einem Verfahren erteilt, in dem durch das Recht Betroffene Einwendungen erheben können.

Beide bestimmen Zweck, Art und Maß der Benutzung und können unter Auflagen und/oder Bedingungen erteilt werden. Sie stehen von Gesetzes wegen unter dem Vorbehalt, dass nachträglich bestimmte zusätzliche, dem Gewässerschutz dienende Anforderungen gestellt werden können. Erlaubnisse und Bewilligungen werden in das Wasserbuch nach § 87 WHG eingetragen.

Für den besonders häufig vorkommenden Fall der Erlaubnis zum Einleiten von Abwasser ermöglicht das Gesetz sehr detaillierte Anforderungen, die - bei industriellen Abwässern branchenspezifisch - an die technischen Möglichkeiten der Abwasserreinigung angepasst werden. Diese Anforderungen, mit welchen der Stand der Technik definiert wird, sind in der Abwasserverordnung niedergelegt und von großer praktischer und auch wirtschaftlicher Bedeutung. Eine Verschärfung der Anforderung an die Einleitung geklärter Abwässer vor einigen Jahren machte es z.B. notwendig, dass die meisten Kläranlagen eine zusätzliche Reinigungsstufe einbauen mussten. Dies hat zu Erhöhungen der Abwassergebühren geführt, die vielerorts sehr kritisch aufgenommen wurden.

Gewässerbau und -unterhaltung

Auch Ausbau- und die meisten Unterhaltungsmaßnahmen sind berücksichtigt. § 39 z.B. regelt den Umfang der Unterhaltungsarbeiten, § 40 die Unterhaltungslast (also wer die Kosten der Gewässerunterhaltung zu tragen hat), oder § 41 die besonderen Pflichten im Interesse der Unterhaltung (Zutrittsrecht für Unterhaltungspflichtige). § 67 betrifft den Gewässerausbau. So sind „Gewässer so auszubauen, dass natürliche Rückhalteflächen erhalten bleiben, das natürliche Abflussverhalten nicht wesentlich verändert wird, naturraumtypische Lebensgemeinschaften bewahrt und sonstige nachteilige Veränderungen des Zustands des Gewässers vermieden oder, soweit dies nicht möglich ist, ausgeglichen werden.“

Für die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer muss ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden (einschließlich Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)). Sofern diese UVS ergibt, dass die Schutzgüter nach § 1 UVPG nicht betroffen sind, kann das Verfahren zu einem Plangenehmigungsverfahren abgekürzt werden (§ 68 Abs. 2).

Schutzgebiete

Die zuständigen Behörden können bestimmte Gebiete als Wasserschutzgebiet bzw. Heilquellenschutzgebiet ausweisen, um im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung bzw. Nutzung als Heilquelle Gewässer vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. In den Schutzgebieten können bestimmte Handlungen verboten oder für nur beschränkt zulässig erklärt werden. Die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken können zur Duldung bestimmter Maßnahmen verpflichtet werden.

Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen zählt zu den Regelungsbereichen, für die aufgrund ihres Bezugs zu Anlagen oder Stoffen gemäß Art. 72 GG kein Abweichungsrecht der Länder besteht. Es werden daher für diesen Rechtsbereich ab dem 1. März 2010 die vom Bund noch zu erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften die entsprechenden Regelungen der Länder verdrängen. Auf Gesetzesebene haben die Länder ohnehin nur auf die bisherigen §§ 19g bis 19l WHG verwiesen oder sie in ihren Wassergesetzen kopiert.

Der § 62 WHG definiert den Anwendungsbereich und die Ziele dieser Vorschriften, das erforderliche Technikniveau und den Begriff der wassergefährdenden Stoffe. Der Begriff Umgang enthält das Lagern, Abfüllen, Umschlagen, Herstellen, Behandeln und Verwenden der Stoffe.

Der § 63 WHG bestimmt die behördliche Vorprüfung (Eignungsfeststellung, Bauartzulassung) als Voraussetzung für die Verwendung der Anlagen sowie die Grenzen dieser Vorschrift.

Durch § 23 Abs. 1 Nr. 6 WHG wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Regelungen über den Schutz der Gewässer gegen nachteilige Veränderungen ihrer Eigenschaften durch den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen zu erlassen.

Aber auch außerhalb dieser Spezialregelungen schreibt das WHG einen sorgsamen Umgang mit Stoffen vor, die die Eigenschaften des Wassers beeinträchtigen können.[6]

Folgen der Föderalismusreform, WHG ab 1. März 2010

Bei einem Vergleich der alten und der neuen Fassung des WHG werden erhebliche Straffungen erkennbar. Das führt aber beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen nicht zu wesentlichen materiellen Änderungen. Die §§ 62 und 63 WHG n.F. enthalten den Regelungsgehalt der §§ 19g und 19h WHG a.F. Die hier entfallenden Regelungen (§§ 19i bis 19k WHG a.F.) werden in die Rechtsverordnung einfließen.

Als Übergangslösung zur Vermeidung möglicher Regelungslücken hat die Bundesregierung am 31. März 2010 die "Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen" erlassen, die im Wesentlichen den Wortlaut der §§ 19i bis 19k WHG a.F. übernimmt. Darin werden wichtige Betreiberpflichten, Sorgfaltspflichten beim Befüllen und Entleeren und die Fachbetriebe geregelt.[7]

Umgestaltung aufgrund der Wasserrahmenrichtlinie

Das Gesetz ist 2002 wesentlich umgestaltet worden. Grund dafür war, dass die europäische Wasserrahmenrichtlinie in nationales Recht umgesetzt werden musste. Diese Richtlinie schreibt vor, dass die Gewässerbewirtschaftung nach Einzugsbereichen der Flüsse (Flussgebietseinheiten) organisiert wird. Dies ist ein sachlich sinnvolles Abgrenzungskriterium, das jedoch auf die Ländergrenzen keine Rücksicht nimmt. Die Länder haben darauf hin ihre Zusammenarbeit in der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) intensiviert und Staatsverträge abgeschlossen, die die behördliche Zusammenarbeit über die Ländergrenzen hinaus regeln. Dieser Reorganisationsprozess ist derzeit (Februar 2004) noch nicht abgeschlossen. In den Einzugsbereichen von Ems, Rhein, Maas, Elbe, Oder und Donau, die alle auch oder überwiegend in Nachbarländern liegen, wird derzeit die Kooperation der Behörden organisiert. Teilweise kann dabei auf schon länger bestehende mehrseitige Abkommen wie das Donauschutzabkommen und Organisationen wie die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins zurückgegriffen werden.

Siehe auch: Reinhalteordnung (bis 2002 wasserrechtliches Planungsinstrument nach § 27 WHG alter Fassung).

Literatur

  • Knopp, Günther-Michael: Das neue Wasserhaushaltsrecht, 1. Auflage, München 2010, Verlag C.H. Beck, ISBN 978-3406600425
  • Kotulla, Michael: Wasserhaushaltsgesetz. Kommentar, 2. Auflage, Stuttgart 2011, Verlag Kohlhammer, ISBN 978-3-17-021258-9
  • Rönnau, Claudia: Die Beratung des Wasserrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht zu einem Reichswassergesetz (1934-1941). Ein Beitrag zur Dogmatik der Begriffe Gemeingebrauch und Sondergebrauch in der Zeit des Nationalsozialismus, Frankfurt am Main u.a., Lang 2001, zugleich Diss., Univ. Kiel 2000. ISBN 3-631-37596-4

Einzelnachweise

  1. Das neue Wasserhaushaltsgesetz (WHG) gilt ab dem 1.3.2010. Der Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa, Bremen, abgerufen am 19. April 2010.
  2. § 1 WHG
  3. § 6 WHG
  4. § 27 WHG
  5. § 47 WHG
  6. Siehe § 5 Abs. 1, § 32 Abs. 2, § 45 Abs.2 und § 48 Abs.2 WHG.
  7. Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Bundesministerium der Justiz, abgerufen am 10. Juli 2010.

Weblinks

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