Wilhelm Haberling

Wilhelm Haberling

Wilhelm Haberling (Wilhelm Gustav Moritz, auch Willy; * 14. Februar 1871 in Liegnitz; † 22. August 1940 in Düsseldorf) war ein deutscher Arzt und Medizinhistoriker. Von 1923 bis 1939 wirkte er als außerordentlicher Professor an der Akademie für praktische Medizin in Düsseldorf, einer Vorgängerinstitution der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Wilhelm Haberling als Breslauer Student (1889)

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wilhelm Haberling, ein Nachfahre Siegmund Hahns, des Begründers der Hydrotherapie, war Sohn eines Arztes und studierte in Breslau, Königsberg und Marburg Medizin. Dort schloss er sich den Corps Silesia Breslau und Hansea Königsberg an[1]. 1914 wurde er zum Dozenten für Geschichte der Medizin an der 1907 gegründeten Akademie für praktische Medizin in Düsseldorf ernannt. Als Militärarzt wurde er im Ersten Weltkrieg General-Oberarzt, anschließend war er Oberregierungs-Medizinalrat beim Hauptversorgungsamt Koblenz. 1923 verlegte er seinen Wohnsitz wieder nach Düsseldorf und wurde außerordentlicher Professor an der medizinischen Akademie, die ihm 1931 ein Institut mit eigenem Hörsaal einrichtete. Etwa 225 Dissertationen hat er betreut, die zum Teil in den von Haberling 1937 begründeten Düsseldorfer Arbeiten zur Geschichte der Medizin erschienen.

Haberling war ab 1910 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik und von 1928 bis 1939 Herausgeber der Mitteilungen dieser Gesellschaft. Seit der Gründung der Rheinischen Gesellschaft für Geschichte der Naturwissenschaft, Medizin und Technik im Jahr 1911 gehörte er deren Vorstand an. In ungezählten Vorträgen in dieser Gesellschaft hat er über medizinhistorische Themen referiert. 1939 beendete er seine Arbeit in Forschung und Lehre aus gesundheitlichen Gründen.

Wilhelm Haberlings Ehefrau Elseluise geb. Meyer-Becherer († 1945) veröffentlichte 1940 die Beiträge zur Geschichte des Hebammenstandes, Teil 1 Der Hebammenstand in Deutschland von seinen Anfängen bis zum Dreißigjährigen Krieg.

Haberling im Nationalsozialismus

Nachdem Haberling „eine gedankliche Nähe zum Nationalsozialismus“ attestiert wurde[2], geben neueste Quellenfunde abermals Anlass, seine Haltung ab 1933 kritisch zu hinterfragen. Es geht hierbei um die Vorgeschichte von Haberlings Geschichte der Düsseldorfer Ärzte (s.u.), das der Düsseldorfer Geschichtsverein 1936 druckte. Haberling, der im Geschichtsverein selbst Vorstandsmitglied war, hatte in dem noch 1932 fertig gestellten Verzeichnis der Ärzte mindestens drei Ärzte jüdischen Glaubens aufgeführt, darunter den - zum Protestantismus konvertierten - herausragenden Pädiater Arthur Schlossmann. Aufgrund der Nennung dieser drei Personen verweigerte der gleichgeschaltete „Düsseldorfer Ärzteverein“ seinen Druckkostenzuschuss. Als Grund heißt es unter anderem, dass man „in der weltanschaulichen Auffassung des Verfassers, die sich in der jüdischen Systemzeit auswirkt, einen wesentlichen Mangel“ sehe.

Im Zuge des sich anschließenden Rechtsstreits zwischen dem Geschichtsverein und dem Verlag einerseits und dem Ärzteverein andererseits, den die erstgenannte Partei in zwei Instanzen für sich entscheiden konnte, zeigte sich Haberling über die ihm vorgeworfene „judenfreundliche Haltung“ persönlich empört. Er stellte dabei seine angebliche nationalsozialistische Gesinnung heraus und behauptete, es sei ihm nur darum gegangen, das verderbliche Wirken aufzuzeigen, das „ein kleiner Trupp Juden“ im Kreis der Düsseldorfer Ärzteschaft betrieben habe. Sein Verzeichnis stelle somit ein nützliches Behelf für das nationalsozialistische, von Walter Frank geführte „Reichsinstitut für Geschichte des Neuen Deutschland“ dar, das dazu dienen möge, den „Kampf gegen das Judentum in der Heilkunde“ entschlossen voranzutreiben.

Da Haberling nach Ausweis der Akten nicht persönlich gefährdet war - nicht zuletzt, weil der für das „Reichsinstitut“ gutachtende Wilhelm Grau ihm zwar methodische Unfähigkeit, nicht aber Wertschätzung gegenüber den Juden attestierte -, erscheint sein Bekenntnis zum nationalsozialistischen Antisemitismus um so bedenklicher. Allerdings bedarf diese Episode aus den letzten Lebensjahren Haberlings der Einbettung in eine noch zu schreibende, idealerweise wissenschaftsgeschichtlich orientierte Biographie.

Ehrungen und Auszeichnungen

  • 1926 "Goldene Medaille" der GeSoLei, der Großen Ausstellung Düsseldorf 1926 für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen für die Organisation der Ausstellung: Zweitausend Jahre Gesundheitspflege am Rhein, verbunden mit dem Ehrensaal rheinischer Naturforscher und Ärzte
  • 1931 Ehrenmitglied der Rheinischen Gesellschaft für Geschichte der Naturwissenschaft, Medizin und Technik
  • 1935 Inhaber der 1925 von der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften gestifteten Sudhoff-Medaille für hervorragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Geschichte der Medizin, der Naturwissenschaften oder der Technik
  • 1935 Ehrenmitglied der Kgl. Rumänischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin
  • 1939 Ehrenmitglied der Accademia di Storia dell' Arte Sanitaria
  • 1939 Mitglied der Leopoldina, der Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher zu Halle.

Werke

  • Wilhelm Haberling: Johannes Müller. Das Leben des Rheinischen Naturforschers. Akad. Verlagsgesellschaft, Leipzig 1924.
  • Wilhelm Haberling, Franz Hübotter, Hermann Vierordt (Hrsg.): Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. 2. Auflage, Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1929-1935.
  • Wilhelm Haberling: Die Geschichte der Düsseldorfer Ärzte und Krankenhäuser bis zum Jahre 1907. Ed. Lintz, Düsseldorf 1936 (in Aufsatzform auch erschienen in: Düsseldorfer Jahrbuch. Düsseldorf Bd 38. 1934/1936, S.1-141. ISSN 0342-0019

Eine 116 Titel umfassende Zusammenstellung des medizingeschichtlichen Werks Haberlings, zusammengestellt von Rudolph Zaunick, findet sich in den Mitteilungen zur Geschichte der Medizin, der Naturwissenschaften und der Technik. [3]. Darin ist auch ein Porträt Haberlings abgebildet.

Einzelnachweise

  1. Otto Gerlach (Bearb.): Kösener Corps-Listen 1930. Eine Zusammenstellung der Mitglieder der bestehenden und der nach dem Jahre 1867 suspendierten Corps mit Angabe von Jahrgang, Chargen und Personalien, Frankfurt a. M. 1930, S. 192, Nr. 538, S. 847, Nr. 121.
  2. Peter Voswinckel: Art. "Wilhelm Haberling". in: Peter Voswinckel (Hrsg.): Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Bd 3. Nachträge und Ergänzungen. Hildesheim 2002, S.569. ISBN 3-487-11659-6
  3. Mitteilungen zur Geschichte der Medizin, der Naturwissenschaften und der Technik. Barth, Leipzig 39.1940, 3 u. 4. ISSN 0368-9913

Literatur

  • Proteus. Bd 1. Verhandlungsberichte der Rheinischen Gesellschaft für Geschichte der Naturwissenschaft, Medizin und Technik mit Festgabe für Wilhelm Haberling zum sechzigsten Geburtstag. Neuendorff, Bonn 1931.
  • Proteus. Bd 2. Verhandlungsberichte und Abhandlungen der Rheinischen Gesellschaft für Geschichte der Naturwissenschaft, Medizin und Technik (Hauptsitz Bonn) anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens im November 1936. Neuendorff, Bonn 1937.
  • Mitteilungen zur Geschichte der Medizin, der Naturwissenschaften und der Technik. Barth, Leipzig 38.1939. ISSN 0368-9913
  • Stephan Laux: Der Düsseldorfer Geschichtsverein im Widerstand? Wilhelm Haberlings „Geschichte der Düsseldorfer Ärzte“ (1932/1936) und der Hintergrund ihrer Publikation in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Düsseldorfer Jahrbuch 77 (2007), S. 227-261 Droste, Düsseldorf 2007. ISSN 0342-0019

Weblinks


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