- Behinderung der Justiz
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Die Strafvereitelung (vom englischen obstruction of justice auch oft fälschlich als Behinderung der Justiz bezeichnet) ist nach deutschem Strafrecht, wie auch die Begünstigung, die Hehlerei und die Geldwäsche, ein Anschlussdelikt. Sie ist geregelt in § 258 StGB. Strafbar ist danach die absichtliche oder wissentliche Vereitelung der Bestrafung des Täters oder eines Teilnehmers einer rechtswidrigen Tat. Dabei werden sowohl die Vereitelung der Strafverfolgung als auch die Vereitelung der Strafvollstreckung einbezogen. Geschütztes Rechtsgut ist demgemäß nach herrschender Ansicht die Strafrechtspflege in ihrer Aufgabe, Strafen zu verhängen und zu vollstrecken. Strafandrohung ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe (Vergehen).
Notwendig ist eine rechtswidrige Vortat, die auch fahrlässig begangen worden sein kann. Täter der Strafvereitelung kann niemals der Täter der Vortat (so auch § 258 Abs. 5) sein, da dies den prozessualen Schutz des nemo tenetur se ipsum accusare (lat., niemand ist gehalten sich selbst anzuklagen, sog. Selbstbegünstigungsprinzip) zuwiderlaufen würde. Die Vereitelung kann auf alle denkbaren Arten und Weisen erfolgen: Behinderung der Ermittlungsarbeiten, Verbergen des Straftäters. Nicht zum Schutzzweck der Norm gehören jedoch Handlungen, wie die ärztliche Behandlung des Täters, die Lebensmittelversorgung im üblichen Geschäftsbetrieb und der Überlassung einer Wohnung, ohne ihn verbergen zu wollen. Problematisch ist jedoch die Vereitelung durch Unterlassen. Dafür müsste der Täter der Strafvereitelung eine Garantenstellung für die Strafverfolgung innehaben. In der Regel obliegt diese Garantenstellung nur den Strafverfolgungsbehörden, sodass in solchen Fällen ohnehin § 258a StGB (Strafvereitelung im Amt) anwendbar wäre.
Problematisch ist die Strafvereitelung für Strafverteidiger; Ihm obliegt die Pflicht der ordnungsgemäßen Vertretung seines Mandanten. Darüber hinaus darf er jedoch keine falschen Aussagen herbeiführen und keine wahrheitswidrigen Angaben machen.
Die Vollstreckungsvereitelung bezieht sich nicht nur auf Strafen, sondern auch auf andere Maßnahmen wie den Maßregeln der Besserung und Sicherung. Davon besteht auch keine Befreiung, wenn die Verurteilung des Straftäters zu Unrecht im Sinne eines Justizirrtums erfolgt ist, da im Rechtsstaat stets die Wiederaufnahme des Verfahrens möglich ist. Dies ist dem Verurteilten zuzumuten. Die Zahlung einer Geldstrafe anstelle des Täters wird in der Literatur als Strafvereitelung kontrovers diskutiert. Die Rechtsprechung lehnt hier die Verwirklichung des Tatbestandes der Strafvereitelung ab, während die Literaturmeinung die Auffassung vertritt, dass die Strafe stets den Täter treffen soll und der Zweck vereitelt würde, sollte ein anderer sie leisten.
Begeht jemand eine (einfache) Strafvereitelung, um seinen Angehörigen vor Strafe (oder gleichgestellten Maßnahmen, s.o.) zu schützen, so kann er hierfür nicht bestraft werden (§ 258 Abs. 6 StGB). Hiervon besteht bei der Qualifikation der Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) eine Ausnahme: Begehen Mitglieder der Strafverfolgungs- oder Strafvollstreckungsbehörden eine Strafvereitelung zugunsten ihrer Angehörigen, sind sie sogar nach dem erhöhten Strafrahmen des § 258a StGB strafbar.
Literatur
- Christian Neumann: Reform der Anschlußdelikte. Begünstigung, Strafvereitelung und Hehlerei (§§ 257 ff. StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870. Münster 2007 ISBN 978-3-86582-441-7 auch online
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