William Du Bois

William Du Bois
W.E.B. Du Bois 1918

William Edward Burghardt Du Bois ([duːˈbɔɪz], * 23. Februar 1868 in Great Barrington, Massachusetts; † 27. August 1963 in Accra, Ghana) war ein führender US-amerikanischer Vertreter der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, Soziologe, Philosoph, Journalist und Pazifist.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Du Bois entstammte einer schwarzen Familie in Massachusetts, die schon früh ins Bürgertum aufgestiegen war. Ab 1883 arbeitete er als Journalist und studierte nebenher. 1885 erwarb er einen Bachelortitel und arbeitete bis 1888 als Lehrer an einer Landschule. 1888 setzte er seine Studien in Harvard fort, wo er 1892 einen Mastertitel in Geschichte erwarb und das Slater-Auslandsstipendium gewann. Von 1892 bis 1894 studierte er in Deutschland an den Universitäten Berlin und Heidelberg. Nach seiner Rückkehr promovierte er 1895 als erster Schwarzer in Harvard über den transatlantischen Sklavenhandel. Trotz bester Noten blieb ihm eine wissenschaftliche Karriere an den renommierten Universitäten verwehrt, und er nahm 1895 eine Lehrerstelle am Wilberforce College in Ohio an. Ein Jahr später bekam er einen Forschungsauftrag in Philadelphia, die Lehre blieb ihm aber verwehrt. Mit der Veröffentlichung seiner Forschungsarbeit über die Situation der Schwarzen in Philadelphia gelang ihm sein wissenschaftlicher Durchbruch als erster schwarzer Soziologe überhaupt.

W.E.B. Du Bois 1904

Von 1897 bis 1910 hatte er eine Professur für Geschichte und Wirtschaftswissenschaften in Atlanta inne, die er für weitere Studien über die Situation der schwarzen Bevölkerung vor allem in ländlichen Gegenden nutzte. Gleichzeitig publizierte er eine Reihe von Aufsätzen und gründete mehrere Zeitungen.

Du Bois engagierte sich in der entstehenden Bürgerrechtsbewegung, brach aber mit den unter anderem von Marcus Garvey vertretenen Ansichten, eine Emanzipation der Schwarzen sei nur in einem eigenen Staat oder durch Rückkehr nach Afrika zu erreichen. 1905 gründete er in Ablehnung der Haltung von Booker T. Washington, Schwarze sollten ihren gesellschaftlichen Status hauptsächlich durch Bildung und Anpassung zu verbessern suchen, eine volle bürgerliche Freiheiten und ein Ende der Diskriminierung fordernde Bewegung, die sich nach dem ersten Treffpunkt Niagara Movement nannte. 1909 wurde er dann Gründungsmitglied der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP), eine bis heute bestehende Institution der antirassistischen Bürgerrechtsbewegung. Er war von 1910 bis 1934 Mitglied im Vorstand der NAACP und Herausgeber der Vereinszeitschrift The Crisis, in der er auch regelmäßig publizierte.

1911 wurde er Mitglied der sozialistischen Partei, aus der er aber ein Jahr später wieder austrat. Von 1917 bis 1918 warb er für die Teilnahme von Afroamerikanern am Ersten Weltkrieg, und kämpfte gegen ihre Diskriminierung im Kriegsdienst. Beeinflusst vom 14-Punkte-Programm, das der US-Präsident Woodrow Wilson kurz vor Kriegsende verkündet hatte, richtete Du Bois seine politische Tätigkeit auf den afrikanischen Kontinent, für dessen schwarze Bewohner er die gleichen nationalen Selbstbestimmungsrechte propagierte, die Wilson den Europäern zuerkannt hatte. Nach dem Krieg organisierte er den ersten Pan-Afrikanischen Kongress in Paris 1919 als ein Treffen von afrikanischstämmigen Menschen, dem weitere Kongresse unter anderem in Brüssel, London (1921 und 1923), Lissabon und New York (1927) folgten. Themen waren die Situation in der Diaspora, der Prozess der Dekolonisation und der Friedensschluss in Europa.

1919 gab Du Bois zum ersten Mal The Brownies Book heraus, eine monatlich erscheinende Kinderzeitschrift, deren Zielstellung darin lag, „farbigen Kindern zu ermöglichen, festzustellen, dass Farbig-Sein normal und schön ist. Sie mit der Geschichte und den Errungenschaften der Schwarzen vertraut zu machen. Ihnen Wissen darüber zu vermitteln, dass andere farbige Kinder als schöne, nützliche und berühmte Personen aufgewachsen sind.

In den 1920ern bereiste er Westafrika und die Sowjetunion und publizierte weitere Schriften, darunter auch Romane (siehe auch: Afrikanische Literatur). Ab 1930 bemühte er sich verstärkt um eine Demokratisierung der NAACP, die Veränderungen schlugen aber in seinen Augen fehl, wozu auch die Weltwirtschaftskrise beitrug, welche die Frage der Schwarzenemanzipation in den politischen Hintergrund rücken ließ. 1934 gab Du Bois seine Ämter auf. Es folgte eine ausgedehnte Reise durch Europa, Japan und China. In seinen Schriften beschäftigte er sich mit Rassismus, Kolonialismus und Demokratie.

1945 organisierte er den fünften Pan-Afrikanischen Kongress in Manchester. 1948 trat er aus dem NAACP wegen dessen Unterstützung von Henry Wallace als Präsidentschaftskandidat der Progressiven Partei und Streitigkeiten über die Haltung zum Kalten Krieg aus. 1949 engagierte er sich an mehreren Friedenskonferenzen in Paris und Moskau, und wurde durch sein Eintreten gegen die Atombombe zu einem bedeutenden Fürsprecher der Friedensbewegung. Unter McCarthy wurde Du Bois wegen seines pazifistischen Engagements und seinen sozialistischen Idealen an seiner Arbeit gehindert; er reiste durch Europa, China und die Sowjetunion. 1951 heiratet er die amerikanische Schriftstellerin Lola Shirley Graham. 1959 erhielt er den Lenin-Friedenspreis in Moskau. 1961 wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei der USA; im gleichen Jahr siedelte er und Shirley nach Ghana um, wo sein Freund Kwame Nkrumah erster Präsident nach der Unabhängigkeit wurde. In seinen letzten Jahren arbeitet er an der Encyclopaedia Africana. Am 27. August 1963, einen Tag vor dem historischen Marsch auf Washington der Schwarzenbewegung mit Martin Luther Kings Rede I Have a Dream, verstarb Du Bois in Accra. Kurz zuvor hatte er die ghanaische Staatsbürgerschaft angenommen.

Siehe auch

Werke

Titelbild von
The Souls of Black Folk
  • The Suppression of the African Slave-Trade to the United States of America. 1638–1870. Dissertation, 1896
  • The Philadelphia Negro. Forschungsarbeit, 1899.
  • The Souls of Black Folk. Aufsatzsammlung, 1903, (deutsch: Die Seelen der Schwarzen. Freiburg: Orange Press, 2003, ISBN 3936086079).
  • The Quest of the Silver Fleece. Novelle, 1911.
  • Von der Scham über sich selbst. Ein Aufsatz über Rassenstolz. 1933
  • Black Reconstruction in America 1860–1880. 1935
  • Dusk of Dawn: An essay toward an Autobiography of a Race Concept. 1940.
  • The black flame. Roman-Trilogie, 1957–1961.
  • The autobiography of W. E. B. Du Bois. A soliloquy on viewing my life from the last decade of its first century. 1968; (deutsch: Mein Weg, meine Welt. Memoiren, Berlin Ost: Dietz, 1965)
  • Against Racism. Unpublished Essays, Papers, Addresses, 1887–1961. Herausgegeben von Herbert Aptheker, Armherst: The University of Massachusetts Press, 1988, ISBN 0870236245.

Literatur

  • David Levering Lewis: W.E.B. Du Bois: Biography of a Race, 1868–1919 (Owl Books 1994). Gewinner des Pulitzer-Preises des Jahres 1994 in der Kategorie Biographien. ISBN 9780805035681
  • David Levering Lewis: W.E.B. Du Bois: The Fight for Equality and the American Century 1919–1963 (Owl Books 2001). Behandelt die zweite Hälfte des Lebens von W.E.B. Du Bois, Gewinner des Pulitzer-Preises des Jahres 2001 in der Kategorie Biographien. ISBN 9780805068139
  • Manning Marable: W.E.B Du Bois – Black Radical Democrat (Paradigm Publishers 2005). ISBN 1594510180
  • Paul Gilroy: The Black Atlantic. Modernity and Double Consciousness. 4. Kapitel, 1993. ISBN 0674076060
  • Marianne Bechhaus-Gerst: W.E.B. Du Bois in Berlin. In: Ulrich van der Heyden, Joachim Zeller (Hrsg.) „… Macht und Anteil an der Weltherrschaft“ – Berlin und der deutsche Kolonialismus. Unrast-Verlag. Münster 2005, ISBN 3-89771-024-2
  • Amy Helene Kirschke: Art in Crisis: W. E. B. Du Bois and the Struggle for African American Identity and Memory. Bloomington 2007. x + 296 pp, ISBN 978-0-253-21813-1

Weblinks


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