- Willy Kölker
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Willy Kölker (* 9. April 1893 in Iserlohn; † 10. Juli 1980 ebenda) war ein deutscher Jagdflieger, Kaufmann, Politiker und Offizier der Fliegertruppe. Er erzielte 22 bestätigte Abschüsse im Ersten Weltkrieg. Er war Leutnant im aktiven Truppendienst der kaiserlichen Armee, Hauptmann d. R. der Reichswehr der Weimarer Republik sowie Major d. R. der Wehrmacht.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft, Jugend und Ausbildung
Willy Kölker wurde am 9. April 1893 in Iserlohn als zweiter Sohn des Fabrikanten Dietrich Wilhelm Julius Kölker (* 8. März 1860; † 20. August 1928) und dessen erster Ehefrau Wilhelmine Henriette Emma, geborene Graumann (* 18. September 1865; † 11. April 1893), geboren.
Die Familie Kölker (bis 1804 „Kölcker“) ist eine seit dem späten 16. Jahrhundert nachweisbare westfälische Bauernfamilie mit relativ kleinem Grundbesitz gewesen. Erst 1890 konnte sich Julius Kölker (wahrscheinlich mit der Mitgift seiner Frau) selbstständig machen, er stieg in die Produktion für Damenkleidung ein. Die Familie Graumann ist eine alt-eingesessene Iserlohner Fabrikantenfamilie[1], die 1820 von der Drahtzieherei zur Schnallenfabrikation wechselte. Der Vater, Wilhelm Kölker, war also einer der relativ seltenen wirtschaftlichen „Emporkömmlinge“.[2]
Willy Kölkers älterer Bruder, Julius Kölker, ist als Gauschulungsleiter des Gaues Köln-Aachen und als Leiter der NS-Ordensburg Vogelsang bekannt geworden.
Willy Kölker besuchte das Iserlohner Realgymnasium (heute: Märkisches Gymnasium Iserlohn), an welchem er auch 1912 sein Reifezeugnis erwarb. Er begann eine kaufmännische Lehre im Kontor der Schnallenfabrik seines Großvaters, Heinrich Wilhelm Graumann. Während seiner Ausbildung begann er sich sehr für Politik zu interessieren. Er wurde Mitglied im Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband (DHV).
Willy Kölker ist mit einigen bekannten und bedeutenden Persönlichkeiten verwandt:
- Abraham Frowein, letzter Bürgermeister der ehemaligen Stadt Elberfeld (Urururgroßonkel von Kölker).
- Friedrich Arnold Brockhaus, deutscher Verleger und Verlagsgründer (Ururgroßonkel von K.).
- Heinrich Brockhaus, deutscher Buchhändler, Verleger und liberaler Politiker (Urgroßonkel von K.).
- Maria von Heider-Schweinitz, eine deutsche Malerin des Expressiven Realismus (Cousine von K.).
- Peter von Carnap, Gutsbesitzer und Mitglied des preußischen Herrenhauses (Großonkel von K.).
- Eduard Brockhaus, deutscher Verleger, Interessenvertreter der Verlagsbranche und nationalliberaler Politiker (Großonkel von K.).
- Hermann Brockhaus, deutscher Orientalist (Urgroßonkel von K.).
- Paul Brockhaus, deutscher Reformpädagoge (Cousin von K.).
Ebenso ist Willy Kölker ein Nachfahre des westfälischen Geschichtsschreibers Johann von der Berswordt.
Ahnentafel [3]
Ahnentafel Willy Kölker Ururgroßeltern Landwirt
Hermann Kölcker (1734–1820)
∞ 1764
Anna Clara Holtmann (1736–1809)Landwirt
Johann Wilhelm Krückmann am Braucke (1747–?)
∞ 1774
Anna Catharina Scheve im Kalthofe (1748–?)Fabrikant
Johann Henrich Wilhelm Nieland (1769–?)
∞ 1800
Catharina Carolina Elisabeth Klincke (1777–?)Prof. Dr. jur.
Peter Abraham Frowein (1780–1872)
∞ 1797
Maria Catharina Philippina Elisabeth von Westhofen (1770–1859)Fabrikant
Johannes Graumann (1759–?)
∞ 1798
Catharina Elisabeth Flecke (1777–?)Kratzendrahtzieher
Johann Peter Wilhelm Bauckloh (?–?)
∞ 1791
Catharina Elisabeth Eiringhaus (?–?)Drahtzieher
Johann Diedrich Hermann Peter Schipper gen. Mentze (1771–?)
∞ 1791
Anna Wilhelmine Maria Catharina Elisabeth auf dem Brocke (1772–?)Buchdrucker
Maximilian Büsche (?–?)
∞ 1798
Maria Catharina Elisabeth Brockhaus (1777–1858)Urgroßeltern Landwirt Caspar Dietrich Wilhelm Kölcker (1766–1837)
∞ 1796
Isabella Maria Catharina Margaretha Krückmann auf dem Braucke (1774–1848)Dr. jur. Friedrich Peter Caspar Nieland (1806–1846)
∞ 1829
Amalie Henriette Caroline Frowein (1808–1872)Kommerzienrat Johann Caspar Friedrich Graumann (1798–1885)
∞ 1822
Henriette Bauckloh (1795–1857)Panzerwarenfabrikant Hermann Henrich Diedrich Mentze (1803–1857)
∞ 1833
Caroline Henriette Sophie Büsche (1799–1857)Großeltern Schneidermeister Caspar Diedrich Wilhelm Kölker (1820–1910)
∞ 1858
Sophie Nieland (1834–1892)Dr. jur. Heinrich Wilhelm Graumann (1833–1919)
∞ 1856
Caroline Henriette Mentze (1834–1919)Eltern Tuchwarenfabrikant Dietrich Wilhelm Julius Kölker (1860–1928)
∞ 1890
Wilhelmine Henriette Emma Graumann (1865–1893)Willy Kölker (1893–1980)
Erster Weltkrieg
Von 1912 bis 1914 diente er im 3. Westfälischen Infanterieregiment „Freiherr von Sparr“. Als Fähnrich schied er 1914 aus dem aktiven Truppendienst aus. Unmittelbar nach Kriegsausbruch meldete er sich erneut zu den Fahnen. Er wechselte von der Infanterie zur Luftwaffe und machte erneut eine Grundausbildung, diesmal als Pilot in der Flieger-Ersatzabteilung 5. Als Jagdflieger diente er in der Flieger-Schutzstaffel 3, über die er nach seinem 8. Luftsieg zur Jagdstaffel 12 kam. Dort lernte er auch seinen späteren Trauzeugen, Paul Billik, kennen. Nachdem Paul Billik im Dezember 1917 die Leitung der Jagdstaffel 52 übertragen wurde, bewarb sich Kölker um den Posten als stellvertretender Geschwaderkommodore unter Billik. Nachdem er selbst 22 bestätigte Abschüsse tätigte, wurde er zum Kriegsende abgeschossen und kam in britische Kriegsgefangenschaft, aus der er de jure Neujahr 1920 entlassen wurde. [4] De facto aber war er zumindest seit wenigstens Ostern 1919 auf „freiem Fuße“. [5]
Nachkriegsjahre
Während des Krieges und in der Nachkriegszeit war der Absatzmarkt für Damenkleidung natürlich eingegangen, da die Leute sich jetzt auf wesentliche, grundlegende und lebensnotwendige Güter zu besinnen hatten, denn: Die Zeit vom Zusammenbruch 1918 bis zur Machtübernahme 1933 war in der Sauerländer Industrie weniger gekennzeichnet durch einen Strukturwandel als durch starke Konjunkturschwankungen und Krisen.[6] Diese führten zu einer Reihe von Konkursen und Übernahmen, von denen auch die väterliche Fabrik nicht verschont wurde, aber auch zum Aufkommen neuer Branchen, die jedoch meist nicht lange überlebten.[7]
Als sein bisher vom preußischen Militarismus geprägtes Leben durch das Ende des Krieges ein abruptes Ende finden sollte, ließ Kölker sich vorerst auf ein ziviles Leben ein. Er merkte aber wohl bald, dass ihm ein Leben außerhalb des Militärs nicht zusagte. Daher folgte er erneut dem „Ruf zur Fahne“ wie er es selber nannte und wurde im Freikorps aktiv. Nun war Kölker Leutnant und Detachement-Führer im Freikorps Maercker und damit auch 1919 an den Zerschlagungen der Streiks in Halle an der Saale aktiv beteiligt.
1920er Jahre
Ostern 1920 verlobte er sich mit der Fabrikantentochter Elisabeth Stopfsack. Am 26. Oktober 1921 wurde in Iserlohn die standesamtliche Ehe geschlossen[8], am gleichen Tage fand auch die kirchliche Eheschließung in der reformierten Kirche zu Iserlohn statt. Trauzeuge war unter anderem Paul Billik. Am 28. Oktober 1924 wurde der erste Sohn, Willi Hermann Kölker geboren. Der zweite Sohn, Günter Hermann Kölker, wurde am 19. September 1926 geboren.
Im Sommer 1924 trat Willy Kölker der Iserlohner Odd-Fellow-Loge („Westfalia Nr. 1“) bei (Dachverband: Independent Order of Odd Fellows), deren Schriftführer er 1925 wurde. Zum 31. Dezember 1931 kündigte er seine Mitgliedschaft bei den Odd-Fellows.
Auch in den 1920er Jahren diente sich Kölker durch Wehrübungen hoch. So wurde er 1924 zum Oberleutnant d. R. befördert, 1926 zum Hauptmann d. R., 1933 zum Major d. R..
Nationalsozialismus
Kölker stammte aus einem antisemitischen Elternhaus und verstärkte während seiner Zeit im Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband seine sozialen, religiösen und ethnischen Vorurteile. Zum 1. Januar 1932 trat er der NSDAP bei und nutzte seine Popularität als Fliegerass und Leutnant d. R. für seine politischen Zwecke. Am 12. März 1933 kandidierte er für die Stadtverordnetenversammlung. Er wurde Ortsgruppenleiter der NSDAP Ortsgruppe Iserlohn-Bömberg (Dienststelle: Vinckestraße 8).[9] 1933 war er Fraktionsführer der NSDAP in der Stadtverordnetenversammlung.
1935 wurde er durch Enteignung Geschäftsführer des Kaufhauses Böcher, ehemals das jüdische Pelz- und Modekaufhaus Alsberg (Unnaer Str. 5 -7, Iserlohn). Besonders bekannt wurde in der Zeit unter seiner Leitung die Werbung des Kaufhauses Böcher.[10] Bei der Kirchenwahl im Juli 1933 kandidierte er erfolgreich für die Liste Deutsche Christen. Zur nächsten Wahlperiode kandidierte er wieder, diese Wahl scheiterte aber. Als Konsequenz trat er aus der Kirche aus und Zeit seines Lebens auch nicht wieder ein.
Er zeigte große Ambitionen, politisch weiter aufzusteigen. Sein Bruder Julius, Gauschulungsleiter des Gaues Köln-Aachen, plante, ihn als direkten Stellvertreter von Josef Wagner (Gauleiter) einzusetzen.
Sein Sohn, Willi Kölker junior, diente von 1942 bis 1945 unter Generaloberst Kurt Student, einem guten Freund und Kriegskameraden von Willy Kölker senior, als Fahnenjunker-Oberjäger in der 1./Fallschirmjägerregiment 9.[11]
Nach 1945
Im Zuge der Entnazifizierung befand er sich etwa 3 Monate in Internierungshaft im „Civil Internment Camp (CIC)“ Nr.7 , Camp Roosevelt in Hemer, anschließend weitere 3 ½ Monate im Strafvollzugslager im ehemaligen KZ Esterwegen. Die Spruchkammer legte ihm lebenslanges Berufsverbot auf, an welches er sich nicht hielt. Man kann zwar die Parteizugehörigkeit einiger Mitglieder seiner Familie während der Zeit des Dritten Reiches nicht pauschalisieren – waren sowohl er als auch seine Frau, seine beiden Söhne, sein Bruder und sein Schwager Mitglieder der NSDAP, aber nicht alle aus Überzeugung. So heißt es beispielsweise im vorläufigen Urteil zum Entnazifizierungsverfahren seines Schwagers, des Fabrikanten Hermann Stopsack:
„Stopsack ist ein ruhiger und vernünftiger Mann, der sich zwar durch NS-Verwandte hat bewegen lassen, schon 1935 in die Partei einzutreten, aber sich in keiner Weise aktivistisch betätigt hat. Wenn er auch aus der Kirche ausgetreten ist, so hat er sich doch nicht an dem Kirchenkampf beteiligt. Er muß daher als Mitläufer bezeichnet und in Kategorie IV ohne Vermögenssperre eingereiht werden.“[12]
Willy Kölker wurde 1947 Geschäftsführer der Tabakwarengesellschaft Hadamzik, wo 1951 eine fristlose Kündigung wegen Unterschlagungen folgte.
Noch 1951 wurde er 2. Geschäftsführer der „Deutsche Tabakwaren AGmbh“. Hier verlor er seine Anstellung, als man von seinem von der Spruchkammer verhängten Berufsverbot erfuhr.
Lebensabend
Er überlebte seine Frau Elisabeth († 1954)[13] und seinen Sohn Günter († 1960). Er starb am 10. Juli 1980 in Iserlohn und wurde auf dem städtischen Hauptfriedhof bestattet.
Auszeichnungen
militärische Auszeichnungen
- Eisernes Kreuz (1914) II.[15] und I. Klasse [16]
- Königlicher Hausorden von Hohenzollern, Ehrenkomturkreuz 2. Klasse [17]
paramilitärische Auszeichnungen
- Grüne Fangschnur mit westfälischem Pferd [21]
- Schlageterschild des Schlageter-Gedächtnis-Bundes e.V. [22]
zivile Auszeichnungen
- NSDAP-Dienstauszeichnung in Bronze [23]
Einzelnachweise
- ↑ Dr. Wilhelm Schulte: Iserlohn – Geschichte einer Stadt, S. 255 f. u. a.
- ↑ Hans-Hermann Stopsack: Vom Wasserrad zur Fabrik, S. 425 ff.
- ↑ Nachlass der Reichsstelle für Sippenforschung: Ahnenpaß VI 256/61, S. 8–23
- ↑ Landesarchiv NRW, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, NW 1103 – Nr. 4026
- ↑ Landesarchiv NRW, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, NW 1103 – Nr. 4027 a)
- ↑ Josef Bergenthal: Das Sauerland, S. 225 ff.
- ↑ Hans-Hermann Stopsack: Vom Wasserrad zur Fabrik, S. 455 f.
- ↑ Standesamt Iserlohn: Heiratsregister Nr. 359/1921,
- ↑ Stadtarchiv Iserlohn: [1]
- ↑ Nörrenberg u. a.: Iserlohn – 700 Jahre Stadt, S. 30
- ↑ Rudi Frühbeißer: Opfergang deutscher Fallschirmjäger; S. 29, S. 43, S. 144 d), S. 145, S. 239 f.
- ↑ Landesarchiv NRW, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, NW 1103 – Nr. 4026
- ↑ Standesamt Iserlohn: Sterbe-Register Nr. 329/1954
- ↑ Verleihungsurkunde vom 18. März 1915: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-1
- ↑ Verleihungsurkunde vom 16. April 1915: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-2a
- ↑ Verleihungsurkunde vom 25. Juli 1917: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-2b
- ↑ Verleihungsurkunde vom 24. Dezember 1917: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-3
- ↑ Verleihungsurkunde vom 12. Februar 1915: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-4
- ↑ Verleihungsurkunde vom 19. November 1934: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-8
- ↑ Verleihungsurkunde vom 28. Juli 1919: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-5
- ↑ Verleihungsurkunde vom 31. Dezember 1919: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-6
- ↑ Verleihungsurkunde vom 24. Dezember 1933: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-7
- ↑ Verleihungsurkunde vom 1. Januar 1942: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-9
- ↑ Verleihungsurkunde vom 1. Januar 1942: Willy Kölker; Stadtarchiv Iserlohn, Deputat Kölker, Bestand 1072-10
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