- Zweiter Bildungsweg
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Als Zweiten Bildungsweg bezeichnet man die Bildungsangebote, die Menschen, die den angestrebten Schulabschluss nicht im Normaldurchlauf der Regelschule erworben haben, die Möglichkeit zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen geben. In der Regel haben die Absolventen des Zweiten Bildungsweges zuvor im Berufsleben gestanden und dort eine anerkannte Ausbildung abgeschlossen. Dieser Abschluss ist Zulassungsvoraussetzung für den Besuch der meisten Abendgymnasien oder Abendrealschulen oder eines Kollegs. Weiterhin besteht in vielen Bundesländern die Möglichkeit zur Ablegung der Nichtschülerprüfung zur Erlangung des Haupt- und des Realschulabschlusses oder zur Erlangung der Allgemeinen Hochschulreife (Abitur) vor dem Staatlichen Schulamt (siehe auch Begabtenabitur). An Stelle des Begriffes „Zweiter Bildungsweg“ wird in Kultusministerien auch der Name „Schule für Erwachsene“ (SfE) verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Institutionen wie Abendschulen, Volkshochschulen, Telekolleg, Fernschulen oder die Schule für Erwachsenenbildung Berlin bereiten ihre Schüler auf sogenannte „externe Abschlüsse“ (Nichtschülerprüfungen) vor oder prüfen ihre Schüler intern.
Von besonderer Bedeutung sind die Abendgymnasien und Kollegs. Hierbei handelt es sich im Unterschied zu privaten Trägern um kostenfreie staatliche allgemeinbildende Schulen, die unter analogen Bedingungen wie die gymnasiale Oberstufe organisiert sind und auf denen berufstätige oder berufserfahrene Erwachsene ihr Abitur (3-4 jährige Kurse) und die allgemeine Fachhochschulreife (2-3 jährige Kurse) nachholen können. Man bezeichnet diese Schulen auch als Gymnasien für Erwachsene.
Im Sinne der Chancengleichheit wurden diese Angebote in Deutschland seit 1949 (Gründung der ältesten Abendgymnasien und Kollegs) eingerichtet, um jungen Erwachsenen dadurch neue Möglichkeiten zu geben, eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen. Eine zweite Gründungswelle von Schulen des Zweiten Bildungswegs erfolgte sei 1967 im Zuge der allgemeinen Bildungsexpansion. Damit werden Ansätze aus den 1920er Jahren (Arbeiterbildungsvereine) wieder aufgegriffen.
Mit der wachsenden Notwendigkeit lebenslangen Lernens wird der Wechsel zwischen aufsteigender allgemein bildender (schulischer) Qualifikation und beruflicher Erfahrung zunehmen, die Bedeutung des Zweiten Bildungswegs stärken und ihm den Charakter der nachträglichen Kompensation versäumter Bildungsanstrengungen nehmen.
Der Begriff der Chancengleichheit wird insofern relativiert, als zwar der zweite Bildungsweg noch frei von Gebühren ist oder zum Teil durch das BAföG gefördert wird. Jedoch findet danach eine Selektion statt, aufgrund der Altersgrenze von 30 Jahren (siehe Absatz „Benachteiligung“).
Traditionell ist der Zweite Bildungsweg ein Teil der Erwachsenenbildung, allerdings sind inzwischen auch viele Jugendliche ohne Schulabschluss von Ausbildungsmangel und Arbeitslosigkeit betroffen und auf entsprechende Angebote angewiesen, die sie unter anderem in ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen bekommen können. Angesichts dieser Situation unterliegen die auf dem Zweiten Bildungsweg erworbenen Abschlüsse in besonderem Maße dem Bildungsparadox und werden häufig nicht als gleichwertig zu „regulären“ Schulabschlüssen betrachtet.
Förderung
Während der Weiterbildung
Die Förderung durch das BAföG ist möglich. Unterschiede gibt es innerhalb der Schulformen des zweiten Bildungswegs. Während man etwa beim Abendgymnasium erst ab dem vierten Semester elternunabhängiges Schüler-BAföG beantragen kann (dafür aber auch einen im Stundenumfang geringeren Stundenplan hat) kann auf einer Kollegschule bereits ab dem ersten Semester BAföG beantragt werden.
Nach der Weiterbildung
Prinzipiell kann nach Abschluss des zweiten Bildungsweges und bei Aufnahme eines Studiums BAföG beantragt werden.
Benachteiligung
Benachteiligt werden Studenten, die bei Aufnahme eines Studiums über 30 Jahre alt sind. Formulierungen in Krankenkassen-Infos und dem Text des BAföG sind in Bezug auf den zweiten Bildungsweg widersprüchlich, insofern dieser lediglich berücksichtigt wird, wenn der Student das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Ist dies der Fall
- muss der volle Krankenkassenbeitrag gezahlt werden
- wird das BAföG nur auf besonderen Antrag gewährt
- wird in einem Master-Studiengang keine Leistung nach dem BAföG gewährt
Nach Aussage des Pressesprechers des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ist das BAföG eine „jugendpolitische Maßnahme. Es dient nicht dazu, Weiterbildung oder lebenslanges Lernen zu fördern“. Es bleibe bei der jetzigen Regelung, auch für die so genannten konsekutiven Studiengänge.[1]
Geht man davon aus, dass der Besuch des zweiten Bildungsweges 3½ Jahre dauert und zusätzlich drei Jahre für einen Bachelorstudiengang eingeplant werden müssen, muss man spätestens mit 23½ Jahren beginnen, wenn man auf die Förderung eines Masterstudiengangs durch das BAföG angewiesen ist. Die 3½ Jahre für das Abitur können allerdings unter Umständen verkürzt werden durch Bestehen der Aufnahmeprüfung und dadurch mögliches Überspringen des halbjährigen Vorkurses oder späteren Quereinstieg, der möglich sein kann, wenn die 11. Klasse bereits besucht wurde. Der Schulbesuch kann aber auch durch Wiederholung eines Jahrgangs länger dauern.
International
In Österreich haben Aufbauschulen sowie Schulen für Berufstätige die Aufgaben des Zweiten Bildungsweges. In der Schweiz existieren ebenfalls Abendschulen für Berufstätige.
Quellen
Siehe auch
Fernschule, Volkshochschule, Erwachsenen- und Weiterbildung, Telekolleg, Kolleg, Abendgymnasium, Abendrealschule, Abendhauptschule, Schule für Erwachsenenbildung, Technische Oberschule, Berufsaufbauschule, Berufsoberschule, Immaturenprüfung
Weblinks
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