Österreichischer Presserat

Österreichischer Presserat

Der Verein zur Selbstkontrolle der österreichischen Presse - Österreichischer Presserat ist eine Einrichtung zur Selbstkontrolle von Printmedien in Österreich und wurde im Jahr 2010 wieder gegründet [www.presserat.at]. Der Presserat beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und dient der redaktionellen Qualitätssicherung sowie der Gewährleistung der Pressefreiheit. Eine wichtige Aufgabe ist die Herausgabe und Adaptierung des Ehrenkodex für die österreichische Presse. Der alte Österreichische Presserat hat im Jahr 2002 seine Tätigkeit eingestellt, nachdem ein Konflikt mit der Kronen-Zeitung eskalierte. Im Jahr 2009 haben sich die Journalistengewerkschaft und der Verband Österreichischer Zeitungen grundsätzlich geeinigt, wieder einen Presserat einzuführen. Die konstituierende Sitzung des neuen Presserats fand im März 2010 statt. Zu den Trägervereinen zählen auch der Verein der Chefredakteure, der österreichische Zeitschriften- und Fachmedienverband, der Verband der Regionalmedien Österreichs sowie der Presseclub Concordia. Präsident des Presserats ist derzeit Franz C. Bauer von der Journalistengewerkschaft, sein Stellvertreter Thomas Kralinger vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Die Geschäftsstelle wurde im November 2010 eröffnet, wird von Alexander Warzilek geleitet und hat ihren Sitz am Wiedner Gürtel 10, 1040 Wien.

Inhaltsverzeichnis

Struktur

Der Presserat verfügt über zwei Senate, die sich jeweils aus sechs etablierten Journalisten und einem rechtskundigen Vorsitzenden zusammensetzen. Die einlangenden Fälle werden den Senaten alternierend zugewiesen. Daneben gibt es drei Ombudsleute, die zwischen dem Medium und dem Betroffenen zu vermitteln versuchen.

Geschichte

Die Organisation zur medialen Selbstkontrolle wurde im Januar 1961 vom Verband Österreichischer Zeitungsherausgeber und Zeitungsverleger (heute: VÖZ) und der Gewerkschaft Kunst, Medien, freie Berufe (Sektion Journalisten) gegründet.

Die Aufgabe des Presserates war es, Beschwerden von Lesern, Zeitungen oder Betroffenen über Berichterstattungen nachzugehen, diese zu prüfen und zu beurteilen. Dafür standen dem Presserat mehrere mögliche Beurteilungen zur Verfügung. Die Organisation konnte eine Beschwerde abweisen, sie konnte urteilen, dass „die Berufspflichten der Presse“ durch die inkriminierte Veröffentlichung entweder „verletzt“ oder „grob verletzt“ worden seien oder „dem Ansehen der Presse“ durch die Veröffentlichung geschadet worden seien.

Der Vorsitz im Presserat rotierte jährlich zwischen einem Vertreter des VÖZ und einem Vertreter der Journalistengewerkschaft. In den Gremien vertreten waren auch Entsandte der beiden kooptierten Organisationen Presseclub Concordia und österreichischer Zeitschriften-Fachverband.

In den Neunziger Jahren führten 88 österreichische Tageszeitungen und Magazine das Siegel des Presserates im Impressum und verpflichteten sich dadurch, Beurteilungen des Presserates zu veröffentlichen, sofern sie die eigene Berichterstattung betreffen. Nur die mit Abstand größte österreichische Zeitung, die Kronen Zeitung, verschloss sich dem Gremium von Anfang an.

Konflikt mit der Krone

Die Zeitung mit über 40 Prozent Reichweite war indes besonders oft im Visier des Presserates. Der Kolumnist Richard Nimmerrichter wurde etwa 1993 wegen eines vergleichenden Artikels zwischen Adolf Hitler und Paul Grosz, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Österreichs, gerügt. Krone-Herausgeber Hans Dichand wurde etwa 1997 gemahnt, weil er einer Konkurrenzzeitung vorgeworfen hatte, sich auf die Seite der Mörder des Massakers von Katyn gestellt zu haben. Der Vers-Kolumnist Wolf Martin wurde vom Presserat 1996 wegen eines Gedichtes über Homosexuelle gerügt sowie 2001 wegen eines Gedichts, in welchem er die Kolporteure der Obdachlosen-Zeitschrift Augustin als „lästig wie die Läus und Wanzen“ bezeichnete. Die Krone kritisierte die meisten dieser Presserats-Entscheidungen und forderte wiederholt deren Rücknahme.

Der Konflikt eskalierte am Streit um ein Krone-Titelblatt vom 8. Oktober 1997. Darauf war der eben festgenommene, aber nicht Verurteilte Franz Fuchs abgebildet, der in Verdacht stand, mehrere Briefbomben verschickt zu haben. Über dem Bild war die Schlagzeile zu lesen: „Ein Bild wie ein Geständnis.“ Der Presserat verurteilte diese Art der Berichterstattung, die Kronen Zeitung klagte den Presserat wegen Kreditschädigung. Die Klage wurde im Jahr 2000 von der letzten Instanz, dem Obersten Gerichtshof abgewiesen.

Konflikt mit übrigen Mitgliedern

Der VÖZ kritisierte stets die sozialpartnerschaftliche Organisation des Presserates und die Tatsache, dass die Journalistengewerkschaft und damit der Österreichische Gewerkschaftsbund eine derart tragende Rolle in der Organisation spielte. Die Zeitungsverleger forderten eine schlagkräftigere Organisation, bei der allein die Zeitungen eine federführende Rolle übernehmen sollten und die auch konkrete Sanktionen verhängen sollte anstatt nur zu mahnen. 1999 entfernte aus diesem Grund die Tageszeitung Oberösterreichische Nachrichten das Siegel der Presserates aus ihrem Impressum. Die Zeitung Täglich Alles trat dem Presserat gar nicht erst bei. Dies und der Widerstand der Kronen Zeitung gegen die Entscheidungen des Presserates führten dazu, dass die Organisation durch zahlreiche öffentliche Debatten zusehends ihre Rolle als objektive Autorität verlor.

Zerfall

Im Dezember 2001 kündigte schließlich der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) die Mitwirkung beim Presserat auf. Der VÖZ begründete diesen Schritt damit, dass die Selbstkontrolle der Medien gestärkt werden müsse und dass dies nur von den Medien selbst (nicht von Interessensvertretungen wie der Journalistengewerkschaft) übernommen werden könne. Die Verhandlungen um ein neues Modell des Presserates scheiterten im Jahr 2002 endgültig. Seitdem ist Österreich ohne Selbstkontrollorgan der Zeitungen.

Neugründung

2010 einigten sich der Österreichische Gewerkschaftsbund, vertreten durch die Österreichische Journalistengewerkschaft in der GPA-DJP, der Verband Österreichischer Zeitungen, der Verein der Chefredakteure, der österreichische Zeitschriften- und Fachmedienverband, der Verband der Regionalmedien Österreichs sowie der Presseclub Concordia wieder ein Selbstkontrollorgan für die Printmedien einzuführen.

Literatur

  • Gamillscheg, Felix: Der Österreichische Presserat 1979-1989, VÖZ, Wien 1990. ISBN 385326915X
  • Gottwald, Franzisca, Andy Kaltenbrunner, Matthias Karmasin: Medienselbstregulierung zwischen Ökonomie und Ethik. Erfolgsfaktoren für ein österreichisches Modell. Reihe: Studien zur Medienpraxis. Schriftenreihe des Medienhaus Wien, Band 1. Wien, 2006. ISBN 3825899810

Einzelnachweise


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