- Bertold Spuler
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Bertold Spuler (* 5. Dezember 1911 in Karlsruhe; † 6. März 1990 in Hamburg) war ein deutscher Orientalist.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Spuler wurde 1943 zum ordentlichen Professor für semitische Philologie und Islamwissenschaft an der Universität München ernannt.[1] Spuler wechselte später als Leiter zum Islam-Institut der Georg-August-Universität Göttingen, wo er während der NS-Zeit ab Juni 1944 zunächst in 14 Tage, später dann 3 - 4 Monate dauernden Imam- bzw. Mullah-Kursen muslimische Legionäre, überwiegend sowjetische Kriegsgefangene, in religiösem Grundwissen und in der Ritualistik des Islam unterrichtete, um sie zu sog. Feldmullahs heranzuziehen.[2] Daneben war Spuler der Leiter des Bereichs „Geschichte“ in der Arbeitsgemeinschaft Turkestan, einer RSHA-Kreation innerhalb der DMG.[3]
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm er 1948 von Rudolf Strothmann den Lehrstuhl für Islamkunde am Seminar für Geschichte und Kultur des Vorderen Orients der Universität Hamburg und war Begründer des wissenschaftlichen Fachs Ägyptologie an der Hamburger Universität[4] sowie Herausgeber des Handbuchs der Orientalistik (Handbook of Oriental Studies).
Als am 9. November 1967 die Studenten Detlev Albers und Gert Hinnerk Behlmer bei der Rektoratsübergabe ein Transparent mit dem Text „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“ enthüllten, rief Spuler den protestierenden Studenten zu: „Sie gehören alle ins Konzentrationslager!“[5] Spuler wurde dafür zeitweilig von seinen Dienstgeschäften suspendiert.[6][7][8] In diesem Zusammenhang stellte sich auch heraus, dass Spuler nach der Mitgliedschaft in der SA 1933 bis 1934 im Jahr 1937 in die NSDAP eingetreten war und dort Zellenleiter wurde.[5]
Veröffentlichungen
- Die europäische Diplomatie in Konstantinopel bis zum Frieden von Belgrad 1739. Dissertation. In: Jahrbücher für Kultur und Geschichte der Slaven. Jg. 1935, H. 1. 2.
- Die Minderheitenschulen der europäischen Türkei von der Reformzeit bis zum Weltkrieg. Mit einer Einleitung über das türkische mohammedanische Schulwesen. Priebatsch, Breslau 1936
- Die Mongolen in Iran. Politik, Verwaltung und Kultur der Ilchanzeit 1220-1350. Habilitation. Hinrichs, Leipzig 1939; 4. erw. Aufl. Akademie, Berlin 1985
- Idel-Ural. Völker und Staaten zwischen Wolga und Ural. O. Stollberg, Berlin 1941
- Die goldene Horde. Die Mongolen in Rußland 1223-1502. Harrassowitz, Leipzig 1943; 2. erweiterte Auflage ebd., Wiesbaden 1965
- Die Gegenwartslage der Ostkirchen in ihrer völkischen und staatlichen Umwelt. Metopen, Wiesbaden 1948; 2. erg. & aktual. Auflage ebd. 1968
- in der Reihe Handbuch der Orientalistik:
- Die Mongolenzeit. Wissenschaftliche Editionsgesellschaft, Berlin 1948; wieder Brill, Leiden 1953
- Die Chalifenzeit. Entstehung und Zerfall des islamischen Weltreichs. Brill, Leiden 1952
- Iran in früh-islamischer Zeit. Politik, Kultur, Verwaltung und öffentliches Leben zwischen der arabischen und der seldschukischen Eroberung 633 bis 1055. Steiner, Wiesbaden 1952
- Regenten und Regierungen der Welt. Teil 2: 1492 - 1953. A. G. Ploetz, Würzburg 1953
- 2. erw. Aufl. in 2 Bänden. Band 3: Neuere Zeit 1492-1918, Würzburg 1962 & Band 4: Neueste Zeit 1917/1918-1964. Würzburg 1964
- mit Ludwig Forrer: Der vordere Orient in islamischer Zeit. Francke, Bern 1954
- Die morgenländischen Kirchen. Brill, Leiden 1964
- Regenten und Regierungen der Welt Teil II Nachtrag 1964/65 Zu Band 4: Neueste Zeit 1917/18-1964. A. G. Ploetz, Würzburg 1966
- Geschichte der Mongolen. Nach östlichen und europäischen Zeugnissen des 13. und 14. Jahrhunderts. Artemis, Zürich 1968
- Regenten und Regierungen der Welt. Teil II, Band 5: Neueste Zeit 1965-1970. A. G. Ploetz, Würzburg 1972
- Gesammelte Aufsätze. Brill, Leiden 1980, ISBN 9004060499
Literatur
- Hans R. Roemer & Albrecht Noth (Hrsg.): Studien zur Geschichte und Kultur des Vorderen Orients. Festschrift für Bertold Spuler zum 70. Geburtstag. Brill, Leiden 1981, ISBN 90-04-06535-0
- Werner Ende: Spuler, Bertold. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, S. 769 f.
- Heribert Busse: Bertold Spuler 1911 - 1990. in Zs. Der Islam, 67, 1990, S. 199 - 205
- Pieter Sjoerd van Koningsveld: The Training of Imams by the Third Reich. Kap. 12 in: The Study of religion and the training of muslim clergy in Europe. Academic & religious freedom in the 21st century. Hg. ders. & Willem B. Drees, Leiden UP 2008 ISBN 9789087280253 (Spuler: S. 333 - 368, engl. und deutsch, passim, Sp. als Lehrer der SS-Mullah-Kurse. Online siehe Weblinks)
Weblinks
- Literatur von und über Bertold Spuler im Katalog der SUB Göttingen
- Literatur von und über Bertold Spuler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Volltext in Englisch; Spuler passim (25 Nennungen) The Study of religion and the training of muslim clergy in Europe. Academic & religious freedom in the 21st century. Hg. Willem B. Drees & Pieter Sjoerd van Koningsveld. Leiden UP 2008 ISBN 9789087280253[9]
Fußnoten
- ↑ Nachrichtenblatt der Deutschen Wissenschaft und Technik, Organ des Reichsforschungsrates (Hrsg.): Forschungen und Fortschritte. Personalnachrichten. Ernennungen. 19, 23/24, 1943, S. 252.
- ↑ shoa.de: Die SS-Mullah-Schule und die Arbeitsgemeinschaft Turkestan in Dresden sowie van Koningsveld, siehe Lit. und Weblinks. Er gibt aus der Originalquelle Reiner Olzscha 6 Wochen als Kursdauer an.
- ↑ van Koningsveld, S. 350
- ↑ Universität Hamburg: Geschichte der Ägyptologie an der Universität Hamburg
- ↑ a b Muff im Talar. In: Der Spiegel. Nr. 48, 1967 (online).
- ↑ Hamburger Abendblatt: Professor Spuler suspendiert. 17. November 1967
- ↑ Die Welt: 9. Nov. 1967. 29. November 1999
- ↑ Hamburger Abendblatt: „Das Tuch hatte ich in meinem Jackett versteckt…“. 8. Mai 2008
- ↑ über Spuler und die Mufti-Mullah-Kurse der SS. Das Original des SS-Mannes Olzscha, verfaßt nach dem Krieg und im Bundesarchiv Zehlendorf lagernd, in deutscher Sprache: S. 348 - 368. Auch als Print.
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