- Beutekunst
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Beutekunst nennt man zusammenfassend Kulturgüter, die sich jemand in einem Krieg oder kriegsähnlichen Zustand widerrechtlich (entgegen Art. 56 der Haager Landkriegsordnung) aneignet (Kunstraub). Dies geschieht gewöhnlich, um den Gegner zu demütigen, sich selbst, die eigene Partei oder den eigenen Staat zu bereichern. Oftmals ist der Kunstraub auch Ausdruck staatlicher Ideologie. Nach den Regeln der Kompositabildung müsste es eigentlich Kunstbeute heißen, da es sich ja um erbeutete Kunst handelt und nicht etwa um eine künstlerische Darstellung von Beute. Der Begriff Beutekunst hat sich jedoch in dieser Form eingebürgert. In der Rechtswissenschaft wird von der Beutekunst der Begriff der Raubkunst abgegrenzt. Unter Raubkunst versteht man ausschließlich Kulturverluste, die dadurch entstanden sind, dass das NS-Regime Sammler – also Privatpersonen – verfolgt, erpresst, ihres Besitzes beraubt und in vielen Fällen ermordet hat. Beutekunst ist ein kulturelles Phänomen, das es als Folge von Kriegen seit jeher gegeben hat.
Inhaltsverzeichnis
Beispiele in der Geschichte
- Ein Beispiel für Beutekunst der Zeit der Rosenkriege ist der von der Peter von Danzig als Prisengut nach Danzig gebrachte Altar von Hans Memling.
- Kurz vor Beendigung des Dreißigjährigen Krieges wurden beim Prager Kunstraub 1648 von der schwedischen Armee unter General Königsmarck fast die gesamten Schätze des Hradschin sowie anderer Paläste auf dem Prager Burgberg, darunter 700 Gemälde, erbeutet und auf Befehl Königin Christinas nach Schweden überführt.
- Napoléon Bonaparte nahm auf seinen Feldzügen zahlreiche wertvolle Kunstwerke für Frankreich in Besitz, die nach dem Ende des Kaiserreiches 1814 von den Alliierten wieder zurückgefordert wurden. (Weiteres: Chaptal-Erlass)
- Der sogenannte Kulturgüterstreit zwischen Zürich und St. Gallen hatte seine Ursache im Toggenburgerkrieg (12. April bis 17. August 1712) und wurde im April 2006 beigelegt.
- NS-Raubkunst: Die Nationalsozialisten verschafften sich durch Raub und Enteignung in ihrem Herrschaftsgebiet viele bedeutende Kunstwerke.
- Beutekunst der Alliierten: Die Alliierten, insbesondere die Sowjetunion und Polen, aber auch die Westalliierten nahmen nach der Niederlage des Deutschen Reiches deutsche Kulturgüter in ihren Besitz. Von seiten der Westalliierten wurden die meisten Kunstgegenstände, soweit noch auffindbar, wieder zurückgegeben. In den Nachfolgestatten der Sowjetunion bzw. in Osteuropa befinden sich noch heute umfangreiche Kunstbestände und Bestände aus deutschen Bibliotheken. Häufig sind diese der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Eines der bekanntesten Beispiele für diese Art Beutekunst ist der Schatz des Priamos (heute in Moskau).
Siehe auch
- Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten
- Raubkunst
- Restitution von Raubkunst
- Restitution (Österreich) (der Rückgabe- bzw. Wiedergutmachungsprozess in Österreich)
- Washingtoner Erklärung
- Provenienzforschung
- Reichstauschstelle
Literatur
- Hector Feliciano: Das verlorene Museum. Vom Kunstraub der Nazis. Aus dem Englischen übertragen von Chris Hirte. Aufbau-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-351-02475-4.
- Gilbert H. Gornig: Kulturgüterschutz – internationale und nationale Aspekte. Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-12525-8, (Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht 24).
Waldemar Ritter: "Kulturerbe als Beute", Die Rückführung kriegsbedingt aus Deutschland verbrachter Kulturgüter - Notwendigkeit und Chancen für die Lösung eines historischen Problems. Wissenschaftliche Beibände im Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 1997.
Weblinks
- Internationale Übereinkunft vom 29. Juli 1899 betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (mit Reglement) Art. 56
- Internationales Symposium "Trophäen-Verluste-Äquivalente" (Moskau) über den Umgang mit Beutekunst aus dem Zweiten Weltkrieg, Bericht von Robert Baag im Deutschlandfunk DLF Samstag, 28. Februar 2009, Kultur heute, 17.30-18.00
- Sonderausstellung "Raub und Restitution. Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute", Jüdisches Museum Frankfurt am Main, 23. April – 2. August 2009
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