- Bindungsstörung
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Klassifikation nach ICD-10 F94.1 Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters F94.2 Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung ICD-10 online (WHO-Version 2011) Die Bindungsstörungen gehören nach der ICD-10-Klassifikation zu einer Gruppe gestörter sozialer Funktionen. Man unterscheidet zwei Formen, die gehemmte und die ungehemmte Form.
Inhaltsverzeichnis
Symptome und Beschwerden
Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters, auch "gehemmte Form", (ICD-10 F94.1)
- Störungen der sozialen Funktionen:
- Abnormes Beziehungsmuster zu Betreuungspersonen mit einer Mischung aus Annäherung und Vermeidung und Widerstand gegen Zuspruch,
- Eingeschränkte Interaktion mit Gleichaltrigen,
- Beeinträchtigung des sozialen Spielens,
- Gegen sich selbst und andere gerichtete Aggressionen
- Emotionale Auffälligkeiten:
- Furchtsamkeit,
- Übervorsichtigkeit,
- Unglücklichsein,
- Mangel an emotionaler Ansprechbarkeit,
- Verlust/Mangel an emotionalen Reaktionen,
- Apathie,
- "frozen watchfulness" ("eingefrorene Wachsamkeit")
Nach der Definition sollten die Störungen der sozialen und emotionalen Reaktionen in verschiedenen Situationen bemerkbar sein.
Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung, auch „ungehemmte Form“ (ICD-10 F94.2)
- Störungen der sozialen Funktionen:
- Abnormes Beziehungsmuster zu Betreuungspersonen mit einer Mischung aus Annäherung und Vermeidung und Widerstand gegen Zuspruch,
- Inadäquate Reaktionen auf Beziehungsangebote von Bezugspersonen,
- Nicht-selektives Bindungsverhalten mit wahlloser Freundlichkeit und Distanzlosigkeit,
- Gleichförmige Interaktionsmuster gegenüber Fremden,
- Eingeschränkte Interaktion mit Gleichaltrigen,
- Beeinträchtigung des sozialen Spielens,
- Gegen sich selbst und andere gerichtete Aggressionen
Emotionale Auffälligkeiten stehen nicht im Vordergrund, kommen aber vor.
Ursachen
Als Ursachen einer reaktiven Bindungsstörung kommen vor allem Verwahrlosung und emotionale Vernachlässigung im Kindesalter in Betracht.
Die Bindungsstörung mit Enthemmung entwickelt sich häufig im fünften Lebensjahr aus der erstgenannten Störung. Ein Erklärungsmodell ist Bindungstheorie von John Bowlby. Bowlby geht davon aus, dass eine zwischenmenschliche Bindung ein wichtiger Schritt der menschlichen Entwicklung ist.
Verbreitung
Die reaktive Bindungsstörung (ICD 10-F94.1) tritt besonders bei jüngeren Kindern auf. Die Bindungsstörung mit Enthemmung (ICD 10-F94.2) entwickelt sich in der Regel aus der erstgenannten Störung im fünften Lebensjahr.
Die Vernachlässigung stellt die am häufigsten vorkommende Kindesmisshandlung mit den gravierendsten langfristigen Auswirkungen dar (Dtsch. Ärzteblatt 13/2010).
Differentialdiagnose
Für die Diagnose "Bindungsstörung" müssen bestimmte andere Störungen ausgeschlossen sein, zum Beispiel psychosoziale Probleme als Folge von sexueller oder körperlicher Misshandlung im Kindesalter und körperliche Probleme infolge von Misshandlung.
Wichtig ist auch die Unterscheidung vom frühkindlichen Autismus, vom Asperger-Syndrom, von kognitiver Behinderung, von der schizoiden Persönlichkeitsstörung, von der Anpassungsstörung sowie von bestimmten Formen der Schizophrenie. Bei beiden Formen der Bindungsstörung ist das Sprachvermögen anders als beim frühkindlichen Autismus intakt. Da das Sprachvermögen auch beim Asperger Syndrom gegeben ist, muss die Unterscheidung durch Anamnese der Vorgeschichte erfolgen. Bindungsstörungen sind sozial erworben. Störungen im autistischen Bereich sind gemäß vielen Hinweisen genetisch bedingt. Im Unterschied zur kognitiven Behinderung ist die Intelligenz wie üblich ausgeprägt und es kommt nicht zu Wahnvorstellungen wie bei der Schizophrenie.
Studie
Eine britische Studie an rumänischen Adoptivkindern mit unterschiedlich langer Deprivationsdauer kommt zu folgenden Ergebnissen: Unter den rumänischen Kindern mit langer Deprivationsdauer vor der Adoption lag die Häufigkeit schwerer Bindungsstörungen im Alter von sechs Jahren bei 30 %.
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