Bobo (Gesellschaft)

Bobo (Gesellschaft)

Bobo ist ein Neologismus und Oxymoron, da sich die Abkürzung aus den Wörtern bourgeois und bohemian zusammensetzt, welche überwiegend gegenteilige Bedeutungen haben. Das Wort hat zumeist abwertende Konnotationen, z. B. wenn es im Sinne von „Möchtegern-Bohemién“ benutzt wird.

Der Begriff „Bobo“ wurde durch das im Jahr 2000 erschienene populärwissenschaftliche Buch Bobos in Paradise von dem Kolumnisten der New York Times David Brooks geprägt, der sich selbst als Bobo bezeichnet. Er bezeichnet dementsprechend ursprünglich die US-amerikanische Oberschicht am Ende der 1990er Jahre, die „Konservativen in Jeans“[1] und „Kapitalisten der Gegenkultur“.[2]

„‚Bobos‘, das ist der Name, den David Brooks der neuen Elite des Informationszeitalters gegeben hat. Der Lebensstil der Bobos führt zusammen, was bisher als unvereinbar galt: Reichtum und Rebellion, beruflicher Erfolg und eine nonkonformistische Haltung, das Denken der Hippies und der unternehmerische Geist der Yuppies. Der ‚bourgeoise Bohemien‘ ist ein neuer Typus, der idealistisch lebt, einen sanften Materialismus pflegt, korrekt und kreativ zugleich ist und unser gesellschaftliches, kulturelles und politisches Leben zunehmend prägt. Brooks zeichnet ein witziges und genaues Bild von der Macht und den Marotten der neuen Oberschicht.“

David Brooks: Die Bobos. Der Lebensstil der neuen Elite. Klappentext.

Mit dem Begriff „Bobos“ ist der Vorwurf verbunden, dass deren scheinbare Teilnahme am Leben der kopierten Szenen und Subkulturen durch ihre erheblich höhere Kaufkraft zum raschen Anstieg der Mieten und damit zur Verdrängung der ursprünglichen Bewohner führe. Die Bobos würden somit als Speerspitze einer beschleunigten Gentrifizierung wirken. Neben der – volkswirtschaftlich positiv zu bewertenden – Aufwertung der Wohnsubstanz komme es oft zur Bildung von wohlhabenden, sozial homogenen Stadtvierteln, aus denen die für das Viertel vordem typischen Lebensweisen völlig verschwunden seien.

Beispiele für die Verwendung des Begriffs

Guillaume Paoli schrieb in Bezug auf die Kastanienallee in Berlin, die in den letzten zehn Jahren einen fast vollständigen Austausch der Bewohnerschaft erfahren hat: „Für ein Stadtviertel ist ein Boboschwarm so verheerend wie für exotische Länder ein Touristeneinfall.”[3]

In Wien wurde für die Gegend um den Naschmarkt, das MuseumsQuartier, den Spittelberg, dem Karmeliterviertel sowie für Teile der inneren westlichen Bezirke (Mariahilf, Neubau, Josefstadt und Alsergrund) von Andrea Maria Dusl der Begriff „Boboville“ geprägt. Zum ersten Mal gebrauchte sie den Ausdruck „Boboville“ in einer Zeichnung für die Zeitung Der Falter (51/52/2005).[4]

Der Chanteur Renaud stellt mit Les Bobos (Rouge Sang, 2006) ein Portrait dieser sozialen Schicht dar.

Auf dem Album Code B von Bela B. handelt das Lied Bobotanz von Bobos.

Einige prominente Personen, wie etwa die Präsidentengattin Carla Bruni sind selbsternannte Bobos.[5]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tobias Dürr, Die Zeit: Hellsichtige Momentaufnahme, 18/2001
  2. Angela Hohmann, taz: Die Revolte als Pose, 30. Juni 2001
  3. Guillaume Paoli: Willkommen in Bobocity. In: Scheinschlag – Berliner Stadtzeitung.
  4. Andrea Maria Dusl: Boboville Vienne. In: Der Falter.
  5. The Telegraph: First Lady no longer ‘feels Left-wing’ .

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