Borda-Wahl

Borda-Wahl

Bei einer Borda-Wahl werden Präferenzen des Wählers anhand einer Rangliste ermittelt. Der erste Platz bekommt die meisten Punkte, der zweite Platz einen Punkt weniger als der erste, der dritte Platz einen Punkt weniger als der zweite, der vierte Platz einen Punkt weniger als der dritte usw.

Es gibt dabei zwei unterschiedliche Methoden, die Punktzahl für den ersten Platz festzulegen: Die simplere Methode gibt der Erstplatzierung einen Punkt weniger als es insgesamt an Kandidaten gibt, so dass eine komplett ausgefüllte Rangliste dem letzten 0 Punkte gibt. Der Wähler hat hier die Möglichkeit durch Verzicht auf weitere ehrliche Angaben nach der Erstplatzierung seinem Favoriten bessere Chancen zu geben. Die modifizierte Version hingegen gibt dem Erstplatzierten so viele Punkte, wie der Wähler Kandidaten angeordnet hat. Sind nur zwei markiert, gibt es für den ersten nur 2 Punkte und den zweitplatzierten 1 Punkt. Sind 8 markiert, bekommt der erste 8 Punkte und der zweite 7.

Borda hat eine Schwachstelle: Die Methode ist nicht immun gegenüber Clone-Angriffen. Das bedeutet, eine Ideologie kann ihre Erfolgschancen merklich steigern, indem sie die Zahl ihrer Kandidaten erhöht. Borda wird jedoch bei Wettbewerben wie dem Eurovision Song Contest angewendet (jedoch teilweise in abgewandelter Form, z.B. bekommt bei 10 Kandidaten der erste 12 Punkte und der zweite 10 Punkte anstatt 10 bzw. 9).

Außerdem ist die Rangfolge nicht transitiv. Das Paradox der Rangordnungsbewertung nach Borda entsteht, wenn ein Kandidat nach der Wahl ausgeschlossen wird und die ursprüngliche Rangfolge sich ändert. Ein konstruiertes Beispiel mit vier Kandidaten und sieben Juroren:

Wähler A B C D E F G Summe
Kandidat
a 3 3 3 0 0 1 1 11
b 2 2 2 3 3 0 0 12
c 1 1 1 2 2 3 3 13
d 0 0 0 1 1 2 2 6

Hier ist Kandidat c der Sieger. Nach Ausschluss des Kandidaten d, der die geringste Punktzahl hat, ergibt sich ein Sieg für a.

Wähler A B C D E F G Summe
Kandidat
a 3 3 3 1 1 2 2 15
b 2 2 2 3 3 1 1 14
c 1 1 1 2 2 3 3 13
d 0 0 0 0 0 0 0 0


Diese Wahlmethode wurde von Nicolaus Cusanus 1433 in De concordantia catholica[1] vorgeschlagen, blieb jedoch unbeachtet und wird heute dem Franzosen Jean Charles Borda zugeordnet. Dieser stand im Widerstreit u.a. zum Marquis de Condorcet, dessen Condorcet-Methode inzwischen von einigen Organisationen für Wahlen verwendet wird.

Es gibt zahlreiche andere Verfahren zur Aggregation von Präferenzen: Condorcet-Methode, Coombs-Wahl, Instant-Runoff-Voting, Mehrheitswahl mit Stichwahl, Rang-Wahl, Ranked Pairs, Schulze-Methode, Wahl durch Zustimmung. Die Sozialwahltheorie (engl. Social Choice Theory) beschäftigt sich mit diesen Verfahren und Regeln.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. De concordantia catholica, Band 3, Abschnitt 536

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