Brandrodungsfeldbau

Brandrodungsfeldbau
Brandrodung in Finnland 1892

Die Brandrodung ist eine seit Jahrtausenden verbreitete Technik, Primär- oder Sekundärwaldflächen meist zur Vorbereitung landwirtschaftlicher Produktion unter Einsatz von Feuer zu roden.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsabgrenzung

Brandrodung wird häufig im Rahmen der so genannten Subsistenzwirtschaft eingesetzt, die allein oder weit überwiegend der Produktion für den Eigenbedarf, nicht aber zur Vermarktung der Produkte dient. Weiterer Einsatzbereich ist z. B. die Anlage von Weideflächen, die wegen mangelnder Tragfähigkeit meist extensiv unter geringem Viehbesatz genutzt werden.

Wurden früher im Rahmen des Wanderfeldbaus die Flächen nach Erschöpfung der vorhandenen Nährstoffreserven im System oft gänzlich zugunsten neuer, unberührter Primärwaldflächen aufgegeben, ist dies heute vor dem Hintergrund rechtlich verbindlich geregelter Besitzverhältnisse meist nicht mehr ohne weiteres möglich. Weiterer Einsatzbereich der Brandrodung sind auch heute noch z. B. Infrastruktur-Maßnahmen wie das Freilegen von Trassen für den Straßenbau oder das Entfernen von Bewuchs unter Freileitungen.

Siedlungsgeschichte in Europa

Brandrodung lässt sich, im Zusammenhang mit Ringelung, schon ab dem Neolithikum vermuten. In verschiedenen Phasen der Landgewinnung in Europa war Brandrodung üblich. In das Hochmittelalter datieren lassen sich etwa Toponyme auf brant, brende oder senge(n), singe(n), sang. Im 15. Jahrhundert aber steht Brandrodung schon unter Strafe, und die beginnende kleine Eiszeit verbietet nutzlose Vernichtung von Brennholz. Im waldreichen Skandinavien wurde die Methode noch bis ins 19. Jahrhundert von den so genannten Waldfinnen praktiziert.

Siehe hierzu: Rodung

Moderne Situation und Problematik in den Tropen

Die erfolgreiche Einführung von Cash Crops zur Vermarktung verschiedenster Agrarprodukte setzt geregelte Besitzstrukturen, eine bessere Ausbildung der Kleinbauern, Zugang zu Finanzmitteln und entsprechende Absatzmärkte voraus. Oft in Ermangelung anderer effektiver Werkzeuge wird Brandrodung z.T. auch heute in äquatorialen Regionen wie z. B. Nordbrasilien oder dem Kalimantan genannten indonesischen Teil Borneos genutzt. Brandrodung wird z. B. im nordbrasilianischen Staat Pará von Kleinbauernfamilien auf 25 Hektar großen Parzellen betrieben, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts besiedelt wurden; die Besitzverhältnisse wurden im beginnenden 20. Jahrhundert staatlich garantiert.

Verfahren

Eine für landwirtschaftliche Produktion vorgesehene Fläche wird zu Beginn der Trockenzeit oft manuell z. B. mit Macheten gerodet, was bei 40 Tonnen Trockenmasse je Hektar bis über 80 Arbeitsstunden kosten kann. Sollen mehrjährige Pflanzen wie Maracujá oder Pfeffer angebaut werden, kommt zur Entfernung der oberirdischen Vegetation die Rodung der Wurzeln hinzu. Der Schlagabraum wird über mehrere Wochen zum Trocknen liegen gelassen und schließlich angesteckt. Nicht selten geraten dabei die Feuer außer Kontrolle und verwüsten ganze Landstriche: Im Frühjahr 1998 wurde im nordbrasilianischen Staat Roraima eine Fläche von der Größe Belgiens zum Raub der Flammen; im südostasiatischen Raum führte 1997 eine riesige Rauchwolke infolge zahlreicher Feuer in Kalimantan zu gesundheitlichen Problemen in mehreren Nachbarländern Indonesiens.Folgen sind, dass vor allem Tiere gefährdet werden. Im tropischen Regenwald besteht jedoch nur eine geringe Gefahr das es zu größeren Waldbränden kommt, da insgesamt ein sehr feuchtes Klima herrscht und überall Flüsse dem Feuer den Weg versperren würden.

Demografischer Faktor

Brandrodung war unter der Vorbedingung dünner Besiedelung bis ins 19. und beginnende 20. Jahrhundert eine durchaus nachhaltige Technik, da nach Rodungs- und Anbauzyklus eine ausreichend lange Brachephase von ca. 15 Jahren folgte. Dies gab dem Sekundärwald, in Brasilien Capoeira genannt (wie auch die gleichnamige Kampfkunst Capoeira), Gelegenheit zu ausreichender Regeneration, da im Laufe der Zeit Nährstoffe wie z. B. Stickstoff, aber auch mineralische Nährstoffe wie Kalium oder Magnesium u.a. durch atmosphärische Einträge wieder aufgefüllt und in der Vegetation festgelegt wurden. Mit massivem Bevölkerungswachstum seit dem 19. Jahrhundert wurden die Böden jedoch vielerorts durch zu schnelle Produktionszyklen erschöpft, da die Brachezeit bis unter 5 Jahre verkürzt wurde.

Wirkung auf den Nährstoffkreislauf

Grundproblem der Brandrodung ist die Nährstoffverteilung in tropischen Ökosystemen. In den Böden der gemäßigten europäischen Breiten sind ca. 80 % der Nährstoffe im Boden und nur 20 % in der Vegetation gespeichert. In den roten äquatorialen LateritBöden ist dieses Verhältnis umgekehrt: Sie sind seit Zehntausenden von Jahren starker physikalischer und chemischer Erosion durch Sonneneinstrahlung und sehr hohe Niederschläge ausgesetzt. In Folge hat sich ein "kurzgeschlossener" Nährstoffkreislauf entwickelt: Durch Verrottung von Biomasse freigesetzte Nährstoffe werden sehr schnell wieder von anderen Pflanzen aufgenommen, damit sie nicht über den Boden auswaschen. Die Böden der gemäßigten Breiten dagegen wurden z. B. von der letzten Eiszeit neu geschichtet und mit nährstoffreichen Sedimenten wie Löss angereichert; zudem sind hiesige Böden vergleichsweise geringen Niederschlägen und damit reduzierter Auswaschung ausgesetzt.

Brandrodung mobilisiert das in der Biomasse gespeicherte Nährstoffkapital und macht es der landwirtschaftlichen Produktion verfügbar. Das Feuer setzt nicht nur den zuvor gebundenen Kohlenstoff frei und trägt so zum Treibhauseffekt bei. Es verfliegen beim Brennen laut Studien auch bis über 90 % des in der Biomasse enthaltenen Stickstoffes und bis über 40 % der mineralischen Nährstoffe wie Kalium oder Magnesium. Die verbleibende Asche dient als Dünger für die Produktion z. B. von Mais oder Maniok. Für Kleinbauern stellt diese Asche-Düngung meist den einzigen erschwinglichen Input dar, um ihre Produktion zu fördern. Der Einsatz von Dünger oder eigenen Maschinen kommt für sie in der Regel nicht in Frage, jedoch existiert zum Teil ein Mietsystem für Maschinen.

Kritisch wird die Brandrodung durch die Erschöpfung der ausgelaugten Böden und die anschließende Abwanderung der Kleinbauern auf neue, unverbrauchte Flächen. Dadurch wächst der Druck auf bislang unberührte Waldflächen, die ökologisch wichtige Funktionen z. B. zur Sicherung der Biodiversität erfüllen, da Wälder den meisten terrestrischen Arten Lebensraum bieten, aber auch als Kohlenstoff-Senke zur Festlegung des Treibhausgases Kohlendioxid dienen. Wo der Wald den Viehweiden von Großgrundbesitzern weichen muss, wird der Boden durch Viehtritt verwundet und schwerer Erosion ausgesetzt, so dass eine Rückkehr des Waldes unmöglich werden kann. Die traditionelle Brandrodung richtete dagegen kaum Schäden an Wäldern an, das regelmäßige Feuer verringerte sogar die Waldbrandgefahr in betroffenen Gebieten. Erst der massive und flächige Einsatz der Brandrodung ohne nachfolgende ausreichende Brache, wie zur Gewinnung von Weideflächen, verursacht bleibende Schäden an Natur und Umwelt.

Siehe auch: Pyrogener Kohlenstoff

Alternative Verfahren

Auf Grund sozialer Bedingungen kann die Brandrodung nicht ohne weiteres eingestellt bzw. verboten werden, ohne Millionen Menschen ihrer Lebensgrundlage zu berauben. Es wird daher nach Möglichkeiten geforscht, das Brandrodungssystem durch verbesserte Produktivität und Umweltverträglichkeit sozialverträglich zu optimieren, Ansätze sind:

  • Verbesserung des Bodensubstrates z. B. mit Holzkohle, um Nährstoffe besser zu binden, wie es am Lehrstuhl für Bodenkunde und Bodengeographie der Univ. Bayreuth untersucht wird.
  • Anreicherung der nachwachsenden Sekundärvegetation mit schnellwachsenden Baumarten, die in kurzer Zeit ein hohes Biomassevolumen erreichen, und Leguminosen, die Stickstoff aus der Luft binden und auf der Fläche anreichern.
  • Ersetzen des Brennens durch Mulchen, d.h. maschinelles Zerkleinern der Biomasse und Belassen auf der Fläche, damit die im Verlauf der Verrottung frei gesetzten Nährstoffe auf der Fläche bleiben. Einen Gehölzmähhäcksler für diesen Zweck entwickelt das Institut für Agrartechnik der Universität Göttingen.
  • Beim Etagenanbau wird der Wald nicht zerstört. In der oberen Etage werden große Bäume z. B. Kokosnüsse oder Paranüsse genutzt. In der Darunter liegenden Etage ernten die Bauern Bananen, Zitrusfrüchten, Papayas oder Mangos. Auf dem Boden wächst Gemüse und im Boden Maniok oder Yamswurzeln.

Literatur

  • Diekmann, Ulrich: Biologische und chemische Bodencharakteristika zur Beurteilung der nachhaltigen Produktivität von Landnutzungssystemen in der Zona Bragantina, Ost-Amazonien; Diss., Göttingen 1997 (online)
  • Hölscher, Dirk; Möller, M.R.F.; Denich, M.; Fölster, H.: Nutrient input-output budget of shifting cultivation in Eastern Amazonia; In: Nutrient cycl. agroecosyst., Vol. 47, 1997, p. 49 - 57
  • Mackensen, Jens; Hölscher, D.; Klinge, R.: Nutrient transfer to the atmosphere by burning of debris in Eastern Amazonia; In: Forest Ecology and Management, Vol. 86, 1996, p. 121 - 128
  • Wiesenmüller, Jan: (1999) Einfluß landwirtschaftlicher Flächenvorbereitung auf die Dynamik des Wurzelsystems und die oberirdische Regeneration der Sekundärvegetation Ostamazoniens, Pará, Brasilien. Diss., Göttingen (online)

Weblinks


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