- Broszat
-
Martin Broszat (* 14. August 1926 in Leipzig; † 14. Oktober 1989 in München) war ein deutscher Historiker.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Das 1946 an der Universität Leipzig begonnene Studium der Geschichte, Germanistik und Philosophie setzte er 1949 in Köln fort, wurde 1952 mit der Arbeit „Die antisemitische Bewegung im Wilhelminischen Deutschland“ promoviert und ging 1955 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Institut für Zeitgeschichte in München. Hier redigierte er seit 1960 die Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte und rückte 1972 als Nachfolger von Helmut Krausnick an die Spitze des Instituts, das er bis zu seinem Tod leitete.
Broszat war Honorar- und Gastprofessor in Konstanz, München und Oxford; sein Hauptarbeitsgebiet war die Sozialgeschichte des Dritten Reiches und die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland. In „Der Staat Hitlers“ (1969) gelang ihm die Darstellung einer umfassenden Strukturgeschichte des Nationalsozialismus. Die von ihm geleitete Dokumentation „Bayern in der NS-Zeit“ (1977–83, 8 Bde.) zeichnete kaum erschlossene Bereiche der Alltagswelt auf.
Methodisch folgte er in der Betrachtung des Dritten Reiches den sogenannten Funktionalisten, die den Weg zum Holocaust nicht als planvolle intentionale Zielerreichung, sondern verursacht durch Radikalisierung im Rahmen selbstgesetzter Sach- und Mobilisierungszwänge der NS-Bürokratie interpretierten (siehe NS-Forschung).
2003 tauchten Irritationen bezüglich einer NSDAP-Mitgliedschaft Broszats auf. Norbert Frei diskutierte in einem Artikel in der Wochenzeitung Die Zeit, ob Broszat seine Mitgliedschaft in der NSDAP bewusst verschwiegen oder von ihr gar nicht gewusst habe.[1]
Publikationen
- Der Nationalsozialismus: Weltanschauung, Programm und Wirklichkeit, 1960.
- Nationalsozialistische Polenpolitik 1939-1945, 1961.
- Zweihundert Jahre deutsche Polenpolitik, 1963
- Der kroatische Ustascha-Staat, 1941-1945, 1966.
- Der Staat Hitlers: Grundlegung und Entwicklung seiner inneren Verfassung, 1969.
- Bayern in der NS-Zeit, 1977-1983.
- Die Machtergreifung: der Aufstieg der NSDAP und die Zerstörung der Weimarer Republik, 1984.
- Nach Hitler: der schwierige Umgang mit unserer Geschichte, 1987.
Literatur
- Klaus-Dietmar Henke/ Claudio Natoli: Mit dem Pathos der Nüchternheit: Martin Broszat, das Institut für Zeitgeschichte und die Erforschung des Nationalsozialismus, Frankfurt: Campus, 1991.
- Kurt Pätzold: Martin Broszat und die Geschichtswissenschaft in der DDR, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 39 (1991), S. 663-676
- Nicolas Berg: Der Holocaust und die westdeutschen Historiker. Erforschung und Erinnerung (= Moderne Zeit. Neue Forschungen zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Bd. 3), Göttingen 2003; ISBN 3-89244-610-5
- Norbert Frei (Hrsg.): Martin Broszat, der "Staat Hitlers" und die Historisierung des Nationalsozialismus (= Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts, Vorträge und Kolloquien 1). Göttingen: Wallstein Verlag 2007, ISBN 978-3-8353-0184-9
Weblinks
- Literatur von und über Martin Broszat im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Stefan Reinecke: „Historisiert die NS-Historiker!“, in: taz, 18. Dezember 2006
- Otto Köhler: „Was die Akten sagen, was sie nicht sagen“, in: Freitag, 19. September 2003
Einzelnachweise
- ↑ Norbert Frei: Hitler-Junge, Jahrgang 1926. Die Zeit, 11. September 2003
Personendaten NAME Broszat, Martin KURZBESCHREIBUNG deutscher Historiker GEBURTSDATUM 14. August 1926 GEBURTSORT Leipzig STERBEDATUM 14. Oktober 1989 STERBEORT München
Wikimedia Foundation.