Abbo von Orléans

Abbo von Orléans
Aus der Titelseite eines anonymen Manuskripts einer Abhandlung von Abbo von Fleury[1]

Abbo von Fleury, französisch Abbon de Fleury, lateinisch Abbo Floriacensis (* 940 oder 945 im Orléanais; † 13. November 1004 in La Réole, Départment Gironde) war neben Gerbert von Aurillac der bedeutendste Mathematiker des europäischen 10. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Abbo wurde erzogen als Benediktineroblate und Schüler in der Benediktinerabtei Saint-Benoit-sur-Loire (Fleury). Später studierte er in Paris und Reims und wurde 965 selber Lehrer an der Klosterschule von Fleury, wo er – nach Aufenthalt im englischen Kloster Ramsey (Cambridgeshire) (985–987) – zum Abt gewählt wurde (988). Abbo engagierte sich im Streit um das Reimser Erzbistum – hier war Gerbert von Aurillac († 1003) zwischenzeitlich zum Erzbischof gewählt worden (991–996/98) – zu Gunsten des wiedereingesetzten Arnulf (997) und befolgte auch gegenüber dem französischen König Robert II. (996–1031) in dessen Eheangelegenheiten die Direktiven des Papstes. Am 13. November 1004 wurde Abbo von aufsässigen Mönchen im Priorat La Réole des Klosters Fleury ermordet. Die nach seinem Tod angefertigte Vita Abbonis verehrt den Abt als Heiligen.

Werk

An Schriften des Abbo von Fleury sind überliefert: Briefe, das Excerptum de gestis Romanorum pontificum, ein Carmen acrostichum ad Ottonem imperatorem, die Passio sancti Edmundi, Schriften im Bereich des Trivium wie die Quaestiones grammaticales, Schriften im Bereich des Quadrivium mit mathematischen und komputistischen Inhalten wie den Commentarius in cyclum Victori zum Calculus des Victorius von Aquitanien. Das hauptsächlichste Werk des abaci doctor, wie sich Abbo selbst bezeichnete, war aber der Computus vulgaris von 978. An Letzterem arbeitete Abbo über 25 Jahre lang, der Computus enthielt die Tafel der Osterfeste von Christi Geburt bis zum Jahr 1595.

Ausgaben

  • Jacques Paul Migne, Patrologia Latina, Bd. 139 (1853), Sp. 375–584:
    • Epistolae: Sp. 417–472
    • Collectio Canonum: Sp. 471–508
    • Vita sancti Eadmundi: Sp. 507–520
    • Carmen accrostichum ad Ottonem Imperatorem: Sp. 519–520
    • Quaestiones grammaticales: Sp. 521–534
    • Epitome de XCI romanorum pontificum vitis (unvollst.): Sp. 535–569
    • Auszüge und Praefationen zu mathematisch-komputistischen Schriften: Sp. 569–579
    • Fragmentum de Sancti Martiali (zitiert von Ademar von Chabannes): Sp. 579
  • Louis-Marie Gantier: L' abrégé du Liber pontificalis d'Abbon de Fleury (vers 950–1004): une histoire des papes, en l'an mil. Collège Érasme [u.a.], Louvain-La-Neuve 2004 (= Bibliothèque de la Revue d'histoire ecclésiastique, 86)
  • Anita Guerreau-Jalabert: Abbon de Fleury, Questions grammaticales: Texte établi, traduit et commenté. Les Belles Lettres, Paris 1982, ISBN 2-251-33630-8 (formal falsche ISBN)
  • A. M. Peden: Abbo of Fleury and Ramsey: Commentary on the Calculus of Victorius of Aquitaine. Oxford University Press, Oxford 2003 (= Auctores Britannici Medii Aevi, 15), ISBN 0-19-726260-0
  • Franz Schupp: Abbo von Fleury: De syllogismis hypotheticis. Textkritisch herausgegeben, übersetzt, eingeleitet und kommentiert. Brill, Leiden 1997 (= Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters, 56), ISBN 90-04-10748-7

Literatur

  • Eva-Maria Engelen: Zeit, Zahl und Bild: Studien zur Verbindung von Philosophie und Wissenschaft bei Abbo von Fleury. De Gruyter, Berlin [u.a.] 1993 (= Philosophie und Wissenschaft, 2), ISBN 3-11-013849-2
  • G. R. Evans / A. M. Peden: Natural Science and Liberal Arts in Abbo of Fleury's Commentary on the Calculus of Victorius of Aquitaine. In: Viator 16 (1985), S. 109–127
  • Nadja Germann: De temporum ratione: Quadrivium und Gotteserkenntnis am Beispiel Abbos von Fleury und Hermanns von Reichenau. Brill, Leiden 2006 (= Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters, 89), ISBN 90-04-15395-0
  • Marco Mostert: The political theology of Abbo of Fleury: A study of the ideas about society and law of the tenth-century monastic reform movemen. Verloren, Hilversum 1987 (= Middeleeuwse studies en bronnen, 2)
  • Barbara Obrist (Hrsg.): Abbon de Fleury: philosophie, science et comput autour de l'an mil. Actes des journées organisées par le Centre d'Histoire des Science et des Philosophies Arabes et Médievales, CNRS/EPHE/Université Paris. Bureau des Publications de l'Université de Paris VII, Paris-Villejuif 2004, 2. verb. Aufl. 2006 (= Oriens, Occidens: sciences, mathématiques et philosophie de l'antiquité à l'âge classique, 6)
  • Pierre Riché: Abbon de Fleury: un moine savant et combatif (vers 950–1004). Brepols, Turnhout 2004, ISBN 2-503-51096-5
  • K. F. Werner: Abbo von Fleury. In: Lexikon des Mittelalters, Bd.1, Sp.15

Einzelnachweise

  1. http://www.irht.cnrs.fr/actualites/coloque_abbon_image.htm

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Abbo von Fleury —   [ flœ ri, französisch], Lehrer der Artes liberales und des Kirchenrechts, * bei Orléans um 945, ✝ La Réole (Département Gironde) 13. 11. 1004; seit 988 Abt des Benediktinerklosters Fleury (Saint Benoît sur Loire); unterstützte die… …   Universal-Lexikon

  • Abbo — ist ein männlicher Vorname. Er ist die Kurzform von Namen die mit „Adal“ gebildet werden, meist von Adalbert. Abbo ist der Name folgender Personen: Abbo von Auxerre († 860), katholischer Heiliger Abbo von Fleury (auch Abbo von Orléans; * 940 oder …   Deutsch Wikipedia

  • Abbo, S. (3) — 3S. Abbo, Abb. et M. (13. Nov.) Der hl. Abbo oder Albo, Abt im Kloster Fleury, stammte aus dem Orleanais und erhielt seine Bildung in dem besagten Kloster Fleury oder St. Benedict an der Loire, wo er auch die Gelübde ablegte. Er besaß für seine… …   Vollständiges Heiligen-Lexikon

  • Odo von Paris — (französisch Eudes; * vor 866; † 1. Januar 898 in La Fère), König des westfränkischen Reichs von 888 bis 898, war der ältere der beiden Söhne von Graf Robert dem Tapferen und dessen zweiter Gemahlin Adelheid von Tours. Er war der erste König aus… …   Deutsch Wikipedia

  • Hugo I. (Frankreich) — Hugo Capet (Fantasiedarstellung) Hugo Capet (französisch Hugues Capet; * 940 oder 941; † 24. Oktober 996 in Les Juifs bei Chartres) war König von Frankreich von 987 bis 996. Zuvor war er von 960 bis zu seinem Regierungsbeginn Herzog von Franzien… …   Deutsch Wikipedia

  • Literatur im Römischen Reich — Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung. Näheres ist auf der Diskussionsseite angegeben. Hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung. Die Literatur der Römischen Republik und des Römischen Reiches… …   Deutsch Wikipedia

  • Römische Literatur — Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung. Näheres ist auf der Diskussionsseite angegeben. Hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung. Die Literatur der Römischen Republik und des Römischen Reiches… …   Deutsch Wikipedia

  • Römischen Dichter — Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung. Näheres ist auf der Diskussionsseite angegeben. Hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung. Die Literatur der Römischen Republik und des Römischen Reiches… …   Deutsch Wikipedia

  • Spätantike Literatur — Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung. Näheres ist auf der Diskussionsseite angegeben. Hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung. Die Literatur der Römischen Republik und des Römischen Reiches… …   Deutsch Wikipedia

  • Hugo Capet — dargestellt in einem Fantasiegemälde von Carl von Steuben, 1837. Hugo Capet (französisch Hugues Capet; * 940 oder 941; † 24. Oktober 996 in Les Juifs bei Chartres) war König von Frankreich von 987 bis 996. Zuvor war er von 960 bis zu seinem… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”