Buß- und Bettag

Buß- und Bettag

Der Buß- und Bettag in Deutschland ist ein Feiertag der evangelischen Kirche, der auf Notzeiten zurückgeht. Er wurde im Lauf der Geschichte für besondere Anliegen angesetzt, aber oft nicht am selben Datum. Im 20. Jahrhundert wurde er wie auch heute meist am Mittwoch vor dem Ewigkeitssonntag, dem letzten Sonntag des evangelischen Kirchenjahres, begangen, also elf Tage vor dem ersten Adventssonntag bzw. am Mittwoch vor dem 23. November.

Das Wort „Buße“ lässt in manchen Regionen des deutschen Sprachraums unrichtige Assoziationen aufkommen. Es geht bei diesem Tag nicht um Büßen für begangene Vergehen im Sinne von „bestraft werden“, sondern um eine Buße im Sinne der Reue für begangene Sünden, und eine Umkehr und Gesinnungsänderung zu Gott hin.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

In der Bibel steht die Geschichte von Jona, der von Gott nach Ninive geschickt wird, um der Stadt ihren Untergang zu verkünden (Jona 3,4–10 LUT):

„Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen. Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und ließen ein Fasten ausrufen und zogen alle, groß und klein, den Sack zur Buße an. Und als das vor den König von Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche und ließ ausrufen und sagen in Ninive als Befehl des Königs und seiner Gewaltigen: Es sollen weder Mensch noch Vieh, weder Rinder noch Schafe Nahrung zu sich nehmen, und man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen; und sie sollen sich in den Sack hüllen, Menschen und Vieh, und zu Gott rufen mit Macht. Und ein jeder bekehre sich von seinem bösen Wege und vom Frevel seiner Hände! Wer weiß? Vielleicht lässt Gott es sich gereuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben. Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat’s nicht.“

Gemeinsame Bußzeiten waren schon in der Antike bekannt. Theologisch sind sie dreifach begründet. Zunächst als Tage des fürbittenden Eintretens der Kirche für die Schuld der Gläubigen vor Gott. Dann soll die Kirche an den Bußtagen ihre Wächterfunktion den Sünden der Zeit gegenüber ausüben. Und schließlich sollten Bußtage dem einzelnen dazu dienen, sein Gewissen vor Gott zu prüfen. In Rom gab es zum Beispiel die „feriae piaculares“, die Not und Kriegsgefahr abwenden sollten.

Im Mittelalter gab es zweierlei Bußtage: Die einen wurden bei Bedarf von der Obrigkeit angeordnet, die anderen, die Quatembertage etwa, ergaben sich aus der kirchlichen Ordnung. Beide wurden von der evangelischen Kirche aufgenommen und fortgeführt. Den ersten Bettag feierte sie, auf kaiserliche Anordnung hin und wegen der Türkengefahr, im Jahr 1532 in Straßburg.

Gesetzlicher Feiertag

In den unterschiedlichen Territorien Deutschlands wurden für den Buß- und Bettag unterschiedliche Termine festgelegt. So konnte man im Jahr 1878 in 28 deutschen Ländern insgesamt 47 Bußtage an 24 unterschiedlichen Tagen zählen. Diese Vielfalt wurde um der Einheitlichkeit willen 1893 in Preußen auf Initiative der zuständigen staatlichen Stellen zugunsten des Mittwochs vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr aufgegeben.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Buß- und Bettag auf einen Sonntag gelegt und damit als separater Feiertag abgeschafft – zur Aufbietung aller Kräfte im Krieg.

Nach Kriegsende wurde der Buß- und Bettag wieder eingeführt. In der DDR war er ein arbeitsfreier Feiertag, bis er 1966 im Zuge der Einführung der 5-Tage-Woche abgeschafft wurde. Die westdeutschen Bundesländer (mit Ausnahme Bayerns) erklärten ihn nach dem Krieg zum gesetzlichen Gedenk- und Feiertag. Bayern zog 1952 nach, jedoch wurde der Tag zunächst nur in Regionen mit überwiegend evangelischer Bevölkerung gesetzlich anerkannt. Ab 1981 war der Buß- und Bettag auch in überwiegend katholisch bevölkerten Regionen Bayerns ein arbeitsfreier Feiertag und wurde nunmehr in der gesamten Bundesrepublik einheitlich begangen.

Nach der Wiedervereinigung wurde der Buß- und Bettag auch von allen neuen Bundesländern übernommen und war somit ab 1990 ein deutschlandweiter Feiertag.

Abschaffung als gesetzlicher Feiertag

Im Jahr 1994 wurde beschlossen, den Buß- und Bettag als arbeitsfreien Tag mit Wirkung ab 1995 zu streichen, um die Mehrbelastung für die Arbeitgeber durch die Beiträge zur neu eingeführten Pflegeversicherung durch Mehrarbeit der Arbeitnehmer auszugleichen.

Lediglich im Freistaat Sachsen besteht er bis heute als gesetzlicher Feiertag weiter, dafür bezahlen in Sachsen abhängig Beschäftigte (nicht jedoch deren Arbeitgeber) einen höheren Beitrag zur Pflegeversicherung als im restlichen Bundesgebiet. Dieser zusätzliche Beitrag in Höhe von 0,5 % des Bruttoarbeitsentgeltes übersteigt jedoch die Kosten eines Arbeitstages. Insoweit ist die sächsische Regelung für die Arbeitnehmer ein Nachteil. Das Bundesverfassungsgericht hält dies im Gesamtkontext der Einführung der Pflegeversicherung aber für zumutbar.[1] Durch die Feiertagsgesetze ist es auch in den meisten anderen Bundesländern jedem Arbeitnehmer möglich, sich unter Hinweis auf religiöse Pflichten an diesem Tag freizunehmen. Hierfür muss kein Urlaubstag genommen, allerdings auf Lohn verzichtet werden. In Bayern ist am Buß- und Bettag an allen Schulen unterrichtsfrei.[2] Außerdem haben in diesem Bundesland die meisten Kindergärten geschlossen, weshalb auch viele Arbeitnehmer mit Kindern an diesem Tag Urlaub nehmen müssen, und der öffentliche Nahverkehr folgt dem Ferienfahrplan. In Berlin besteht für evangelische Schüler keine Verpflichtung zum Schulbesuch.[3]

Kritiker der Abschaffung führen insbesondere an, dass der damals gewünschte Effekt – die sichere Finanzierung der Pflegeversicherung –, anders als die Abschaffung des Feiertages, nicht von dauerhafter Wirkung war und bereits Beitragserhöhungen vorgenommen werden mussten.[4] Eine Wiedereinführung wurde in den ersten Jahren nach der Abschaffung von verschiedenen Initiativen, beispielsweise einem erfolglosen Volksentscheid in Schleswig-Holstein[5] und einem Gesuch des damaligen Bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber[6] gefordert, derzeit wird das Thema aber nicht mehr diskutiert.

Termine

Der frühestmögliche Termin ist der 16. November, der spätestmögliche der 22. November. Der nächste Buß- und Bettag ist Mittwoch, der 21. November 2012. Die Angaben für spätere Jahre findet man in der Liste der Termine der beweglichen Feiertage in Deutschland.

Siehe auch

Quellen

  1. Bundesverfassungsgericht – 1 BvR 190/00: Gründe II. 3. b)
  2. datumsrechner.de – [Bayerisches] Gesetz über den Schutz der Sonn- und Feiertage, Artikel 4, Absatz 2 i.d.F. vom 9. Mai 2006 (PDF, 21 kB)
  3. Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung Berlin: Schulkalender
  4. Pflegekasse halbiert Defizit; Der Tagesspiegel vom 10. März 2006.
  5. Annett Otto: Volksentscheid soll Bonn unter Druck setzen. Schleswig-Holstein stimmt über Buß- und Bettag ab; Berliner Zeitung vom 27. November 1997.
  6. Flexible Mehrarbeit für Buß- und Bettag? Ministerpräsident Stoiber will Arbeitgeberanteil an der Pflegeversicherung anders ausgleichen; Berliner Zeitung vom 26. Oktober 1995.

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