2010 SO16

2010 SO16
Asteroid
2010 SO16
Eigenschaften des Orbits (Animation)
Orbittyp Erdnaher Asteroid, Apollo-Typ
Große Halbachse 1,00038 AE
Exzentrizität 0,07519
Perihel – Aphel 0,92516 AE – 1,07560 AE
Neigung der Bahnebene 14,5°
Argument des Knotens 40,5°
Argument der Periapsis 108,3°
Siderische Umlaufzeit 365,46428 d
Physikalische Eigenschaften
Mittlerer Durchmesser 200–400 m[1]
Absolute Helligkeit 20,6 mag
Geschichte
Entdecker WISE
Datum der Entdeckung 17. September 2010
Andere Bezeichnung MPO192619
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten von JPL Small-Body Database Browser. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten.

2010 SO16 ist ein Asteroid vom Apollo-Typ, der 2010 mithilfe des Weltraumteleskops WISE entdeckt wurde.[2][1] Seine Bahnneigung beträgt 14,5°, die absolute Helligkeit 20,6.[3] Er läuft koorbital zur Erdbahn auf einer Hufeisenbahn. Mit einem Durchmesser von ca. 300 m ist er der bisher größte bekannte Asteroid, der auf einer erdgebundenen Hufeisenbahn läuft.

Er wurde 48-mal beobachtet.[3]

Inhaltsverzeichnis

Besonderheiten der Bahn

Zu den großen Besonderheiten von 2010 SO16 gehört seine Bahnform. Er läuft auf einer Hufeisenbahn, die praktisch denselben Abstand zur Sonne hat, wie die Erde selbst. Er ist das vierte bekannte Objekt, auf einer solchen Bahn.Anm 1 Dabei kommt er der Erde auf maximal 20 Millionen km nahe (etwa 50-fache Mondentfernung), weshalb auch keine Kollisionsgefahr besteht. Der Öffnungswinkel 2φmin (die Lücke des Hufeisens, in der sich die Erde befindet) beträgt 25°. Die Schwingungsperiode (hier: Dauer des Umlaufs auf der Hufeisenbahn) beträgt 350 Jahre.[1]

Computersimulationen

Bahnform

Anhand der vorhandenen Bahndaten wurden Computersimulationen möglicher Bahnen durchgeführt.[1] Dabei wurden auch die acht Hauptplaneten berücksichtigt. Die Schwerkraftwirkung des Mondes wurde als zusätzliche Erdmasse berücksichtigt. Die Berechnungen wurden anhand des Radau-Verfahrens mit Hilfe des Integrationspaketes MERCURY durchgeführt. Es wurden zwei Berechnungen durchgeführt:

  • Die erste basierte auf den Beobachtungen von WISE und bodengestützten Teleskopen, einschließlich Spacewatch II, die bis zum 18. November 2010 durchgeführt wurden (62 Tage),
  • die zweite auf zusätzlichen Beobachtungen von Spacewatch II bis zum 1. Dezember 2010 (75 Tage).

Beide Simulationen ergaben eine Hufeisenbahn. Momentan (Stand: April 2011) befindet sich der Asteroid nahe dem Umkehrpunkt, welcher sich hinter der Erde befindet. Bis 2016 wird 2010 SO16 der Erde zwischen 0,13 und 0,2 AE nahekommen. Er wird noch für mehrere Jahrzehnte am Abendhimmel beobachtbar sein.

Zur Überprüfung der Simulationen wurde eine Serie von Bahnvarianten mit MERCURY dynamisch integriert. Die Berechnungen dienten außerdem dazu, die Aufenthaltsdauer des Asteroiden auf der Hufeisenbahn zu untersuchen. Folgende Parameter wurden dabei variiert:

große Halbachse a
mittlere Anomalie M
Exzentrizität e
Argument des Perizentrums ω

Für a wurden neun Werte im Bereich der Messungenauigkeit 1-σ gerechnet, für die übrigen Paramater je drei Werte im Bereich 1,5-σ, insgesamt also 9×33 = 243 Bahnvarianten. Die Berechnungen wurden für einen Zeitraum von ±100.000 Jahren bezogen auf die Gegenwart durchgeführt. In sämtlichen Fällen ergaben sich Hufeisenbahnen.

Stabilität

Um die Stabilität der Hufeisenbahn zu untersuchen, wurden weitere Bahnvarianten gerechnet.[1] Dabei wurde die große Halbachse im Bereich ±4σ variiert. Je 35 Varianten wurden für Vergangenheit und Zukunft berechnet, insgesamt also 70 Bahnvarianten. Die Integrationen wurden bis zu einem Zeitraum von 2 Millionen Jahren gerechnet. Die Ergebnisse dieser Rechnungen zeigt Tabelle 1.

Tabelle 1 – Anzahl der gefundenen Bahnen in Abhängigkeit von der Verweildauer
Verweildauer
in Jahren
Anzahl Bemerkungen
<200.000 4 Kürzeste ermittelte Verweildauer 120.000 Jahre
200.000–500.000 50
>500.000 16 Davon 8 >1 Million Jahre und 2 >2 Millionen Jahre (Ende der Integration)

Daraus geht hervor, dass die Bahn von 2010 SO16 sehr stabil ist.

Der Asteroid begleitet die Erde seit mindestens 250.000 Jahren.[2][4] Damit ist seine Bahn weitaus stabiler als die anderer Objekte auf ähnlichen Bahnen, welche ihre Hufeisenbahn schon nach wenigen tausend Jahren verlassen.

Ursprung

Auch die Frage nach dem Ursprung wurde diskutiert.[1] Eine Herkunft aus dem Hauptgürtel gilt wegen der erdänlichen Umlaufbahn als unwahrscheinlich, wenn auch nicht als völlig ausgeschlossen. Als ebenso unwahrscheinlich gilt die Herkunft aus dem Erde-Mond-System, da sich die Bahn mehrfach innerhalb einiger 100.000 Jahre verändern würde.

Eine dritte Möglichkeit ist der Ursprung auf einer nierenförmigen Bahn nahe der Lagrangepunkte L4 oder L5 des Asteroid-Erde-Sonne-Systems. S. A. Tabachnik und N. W. Evans zeigten in einer Veröffentlichung 2000, dass Objekte auf solchen Bahnen durchaus 50 Millionen Jahre überdauern können, vorausgesetzt Inklination i und Exzentrizität e haben die richtigen Werte (für i: entweder 24° < i < 34° oder i < 16°; für e: e ≈ 0,06).[5] Im Fall von 2010 SO16 sind die entsprechenden Werte gegeben. Extrapolationen über 5 Milliarden Jahre ergaben zudem, dass ein kleiner Teil der Asteroiden selbst solche langen Zeiträume auf entsprechenden Bahnen überleben könnte.

Dagegen kann eingewendet werden, dass die Berechnungen von Tabachnik und Evans den Jarkowski-Effekt außer acht lassen. Dieser führt bei erdnahen Asteroiden zu Beschleunigungen von typischerweise 10-9 AE pro Jahr. 2010 SO16 könnte somit kaum länger als einige Millionen Jahre auf einer entsprechenden Bahn überdauern. Allerdings hat eine Studie über die Stabilität von Mars-Trojanern 2005 ergeben, dass der Jarkowski-Effekt große Trojaner nicht zwangsläufig destabilisiert.[6]

Für eine endgültige Entscheidung wären weitere Informationen über Größe, Spektralklasse und Drehimpuls notwendig. 2010 SO16 könnte hier auch ein Testobjekt für den Nachweis der Jarkowski-Beschleunigung werden.

Anmerkungen

  1. Die Meldung von Rüdiger Vass auf wissenschaft.de[2] spricht von drei weiteren Objekten, wie auch der Text des Artikels von Christou und Asher.[1] Tabelle 2 in selbigem Artikel dagegen listet noch ein weiteres Objekt auf. Es sei angemerkt, dass (3753) Cruithne eine sehr stark von der Hufeisenbahn abweichende Bahnform hat, die eigentlich einer nierenförmigen Bahn entspricht.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g A. A. Christou, D. J. Asher: A long-lived horseshoe companion to the Earth. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 000, 1–6 (2011) Printed 1. April 2011. (Englisch) PDF (1,94 MiB) auf: Armagh Observatory (abgerufen: 9. April 2011, 22:52 h)
  2. a b c Heimlicher Gefährte der Erde. Auf: wissenschaft.de (abgerufen: 8. April 2011, 23:01 h)
  3. a b JPL Small-Body Database Browser: 2010 SO16. (Englisch) auf: Solar-System Dynamics (abgerufen: 8. April 2011 10:32)
  4. Astronomers Find Newly Discovered Asteroid is Earth's Companion (Englisch) (abgerufen: 30. April 2011, 16:29 h).
  5. S. A. Tabachnik, N. W. Evans: Asteroids in the inner Solar system – I. Existence. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 319, 63–79 (2000)
  6. H. Scholl, F. Marzari, P. Tricarico: Dynamics of Mars Trojans. Icarus, 175, 397–408 (2005)

Weblinks


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