al-Mustansir (Fatimiden)

al-Mustansir (Fatimiden)

Abu Tamim Maadd al-Mustansir bi-’llah (arabisch ‏أبو تميم معد المستنصر بالله‎, DMG Abū Tamīm Maʿadd al-Mustanṣir bi-’llāh, „der Gott um Beistand anfleht“; * 2. Juli 1029; † 1094) war ab 1036 der achte Kalif der Fatimiden.

Er wurde am 2. Juli 1029 geboren und trat beim Tod seines Vaters az-Zahir 1036 dessen Nachfolge an. Er war ein schwacher unbedeutender Herrscher, der trotz seiner langen Regentschaft kaum Einfluss auf die Geschicke des Reiches ausübte. Zeit seines Lebens überließ er die Regierung des Reiches den jeweiligen Günstlingen am Hof und verhielt sich während der Machtkämpfe sehr passiv.

Zunächst führte Wesir al-Dschardscharai die Regierung bis 1045. Nach dessen Tod breitete sich die Günstlingswirtschaft am Kalifenhof in Kairo aus, wobei besonders die Mutter von al-Mustansir ihren Einfluss ausweiten wollte. Dennoch konnte sich in dieser Zeit der Machtkämpfe und Hofintrigen mit al-Yazuri nochmals ein Wesir durchsetzen und die Regierung des Reiches von 1050 bis 1058 führen.

Trotz der inneren Probleme erreichte das Reich in dieser Zeit seine größte Ausdehnung und den Höhepunkt seiner Macht. So konnte nach dem Abfall der Ziriden in Ifriqiya 1049 der Einfluss der Fatimiden in Nordafrika durch die Invasion der Banu Hilal 1051 zunächst wieder ausgeweitet werden. Des Weiteren errang im Jemen mit den Sulaihiden eine Vasallendynastie der Fatimiden die Macht. 1059 wurde mit dem zeitweiligen Sturz der Abbasiden in Bagdad (siehe: al-Basasiri) auch das große Ziel erreicht, das alle bisherigen Kalifen der Fatimiden verfolgt hatten.

Allerdings begann zu dieser Zeit auch der schnelle Zusammenbruch des Fatimidenreichs. Nach dem Sturz von Wesir al-Yazuri breitete sich wieder die Günstlingswirtschaft am Hof aus. Dabei versuchte die Mutter von al-Mustansir, den Einfluss der sudanesischen Negersklaven im Militär zu vergrößern, was zu Spannungen mit den türkischen Truppen führte. Durch den schnellen Wechsel der Wesire (zwischen 1063 und 1067 gab es 30 Wesire) kam es zum Niedergang der Reichsverwaltung. Als 1067 erneut Kämpfe zwischen den türkischen und sudanesischen Truppen aufflammten, brach die Reichsverwaltung der Fatimiden schnell zusammen. Zwar konnten sich die Türken in Kairo durchsetzen, doch dauerten die Auseinandersetzungen mit den Sudanesen in Ägypten weiter an.

Da al-Mustansir die steigenden Soldforderungen seiner Truppen nicht mehr befriedigen konnte (der Sold stieg von 28.000 auf 400.000 Dinar im Monat), plünderten diese die Schätze der Fatimiden und deren Paläste. Sogar die Reichsinsignien der Kalifen wurden geraubt. Al-Mustansir soll am Ende in seinem geplünderten Palast mit drei Dienern gelebt haben. Durch die sich ausbreitende Anarchie brach bald eine schwere Hungersnot aus, da durch die Wirren die Landwirtschaft in Ägypten schwer beeinträchtigt wurde. Diese wurde noch durch Kämpfe innerhalb der türkischen Truppen verschärft, als es zum Streit um die Verteilung der erbeuteten Schätze kam.

In diesem allgemeinen Chaos fasste al-Mustansir den einzigen von ihm bekannten politischen Entschluss. Er ernannte mit Badr al-Dschamali den Statthalter von Syrien zum Regenten des Reiches und übertrug ihm alle militärischen, zivilen und religiösen Vollmachten im Reich. Dieser konnte mit seinen armenischen Truppen 1073 Kairo besetzen und Ägypten befrieden. In der Folgezeit gelang ihm auch wieder die Belebung der Wirtschaft und die Sanierung der Staatsfinanzen.

Durch das erfolgreiche Wirken wurde zwar der Sturz der Fatimiden verhindert, doch waren deren Kalifen nun weitgehend entmachtet und mussten sich mit ihrer religiösen Führerrolle beschränken. Allerdings konnte auch Badr nicht den Niedergang des Fatimideneinflusses in der islamischen Welt stoppen. Neben dem Verlust von Mekka und Medina (1070) ging auch Syrien an die Seldschuken verloren, die auch die Abbasiden im Kampf gegen die ismailitischen Missionare unterstützten.

Nach al-Mustansirs Tod im Jahr 1094 wurde dessen Sohn al-Mustali neuer Kalif der Fatimiden (reg. 1094–1101).

Literatur


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