Alfred Ittner

Alfred Ittner

Alfred Jakob Ittner (* 13. Januar 1907 in Kulmbach; † 3. November 1976 ebenda) war ein deutscher SS-Oberscharführer und an der „Aktion T4“ und der „Aktion Reinhardt“ beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ittner, von Beruf kaufmännischer Angestellter, wurde im Februar 1926 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnr. 30.805), verließ die Partei im Sommer 1927 und trat ihr nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erneut bei. Der SA trat Ittner 1936 bei.[1] Durch seinen Neffen Willy Schneider erhielt er 1934 eine Anstellung als Buchhalter bei der NSDAP/AO. Als höher vergütete Anstellung nahm Ittner im November eine Anstellung als Buchhalter in der Aktion T4-Zentrale an, wo er bis Frühjahr 1942 tätig war.

Ende März/Anfang April 1942 wurde Ittner mit Karl Frenzel, Ernst Bauch, Erich Hermann Bauer, Kurt Bolender, Herbert Floss, Hubert Gomerski, Ferdinand Grömer, Hermann Michel, Hans-Heinz Schütt, Karl Steubl, Josef Vallaster und anderen zum SS- und Polizeiführer Odilo Globocnik nach Lublin beordert.[2] und von Ende April 1942 bis Ende Juli 1942 war er im Vernichtungslager Sobibor eingesetzt. Dort war er als Lagerbuchhalter für die Konfiszierung der Wertsachen der Opfer verantwortlich; bei ihm mussten die nackten Transporthäftlinge auf ihrem Weg zu den Gaskammern Gold und ihre Wertsachen abliefern.[3] Ittner saß am Ende des Weges zu den Gaskammern an einem Schalter hinter Glas. Daneben befand sich meistens ein junger jüdischer Lagerinsasse, der Vertrauen bei den Transportjuden erwecken sollte. Er wurde „Goldjude“ oder „kleiner Max“ genannt.[1]

Nach Meinungsverschiedenheiten mit dem Lagerkommandanten Franz Stangl über die Verwendung der geraubten Wertsachen wurde er zu einem Arbeitskommando in Lager III versetzt, wo er jüdische Häftlinge beim Ausheben von Massengräbern überwachen musste. Er bemühte sich bei Stangl vergeblich darum, diesen Posten verlassen zu können. Erst nach einer Intervention bei Friedrich Lorent, dem Hauptwirtschaftsleiter der Zentraldienststelle-T4, konnte Ittner wieder auf seinen Posten in der T4-Zentrale zurückkehren. Seinen Posten am Schalter übernahmen später Hans-Heinz Schütt und Herbert Floss.[1]
Ittner erklärte nach dem Kriegsende:

„Ich habe gesehen, dass die gebrechlichen und kranken Juden an den Gruben im Lager 3 [des Vernichtungslagers Sobibór] erschossen worden sind. Ich wandte mich bei diesen Exekutionen immer ab und habe aus diesem Grund keine Vorstellung mehr darüber, wer der eigentliche Schütze war. Es war mehr als eine Schweinerei dort“.[2]

Nach Kriegsende war er als ungelernter Arbeiter tätig und wurde im Zuge der Ermittlungen Anfang der 1960er Jahre in Haft genommen. Im Sobibor-Prozess wurde Ittner 1966 schließlich wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord an mindestens 68.000 Personen zu vier Jahren Haft verurteilt. Ittner starb 1976 in Kulmbach.

Literatur

  • Dick de Mildt: In the Name of the people: Perpetrators of Genocide in the Post-War Prosecution in West-Germany – The 'Euthanasia' an 'Aktion Reinhard' Trial Cases. Kluwer law International, Niederlande 1996, ISBN 90-411-0185-3.
  • Informationsmaterial des Bildungswerks Stanislaw Hantz e.V.: Belzec, Reader – basiert auf einem bisher unveröffentlichten Manuskript des Historikers und Leiters der Gedenkstätte Belzec Robert Kuwalek
  • Jules Schelvis: Vernichtungslager Sobibór. Unrast-Verlag. Hamburg/Münster 2003. ISBN 3-89771-814-6

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Schelvis: Vernichtungslager Sobibór. S. 82
  2. a b Schelvis: Vernichtungslager Sobibór. S. 43
  3. Schelvis: Vernichtungslager Sobibór. S. 304

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ittner — ist der Familienname folgender Personen: Alfred Ittner (1907–1976), deutscher SS Oberscharführer und Täter des Holocaust Anthony F. Ittner (1837–1931), US amerikanischer Politiker Franz Ittner (1721–1795), kurmainzischer Leibarzt und Professor… …   Deutsch Wikipedia

  • Alfred William Lamb — (* 18. März 1824 in Stamford, Delaware County, New York; † 29. April 1888 in Hannibal, Missouri) war ein US amerikanischer Politiker. Zwischen 1853 und 1855 vertrat er den Bundesstaat Missouri im US Repräsentantenhaus. Werdegang Im Jahr 1836 …   Deutsch Wikipedia

  • Alfred Morrison Lay — (* 20. Mai 1836 im Lewis County, Missouri; † 8. Dezember 1879 in Washington D.C.) war ein US amerikanischer Politiker. Im Jahr 1879 vertrat er den Bundesstaat Missouri im US Repräsentantenhaus. Werdegang Im Jahr 1842 zog Alfred Lay mit… …   Deutsch Wikipedia

  • Alfred Rosenheim — Infobox Architect name=Alfred Faist Rosenheim mother= father= nationality= American birth date=birth date|1859|6|10 birth place= St. Louis, Missouri death date=death date and age|mf=yes|1943|9|9|1859|6|10 death place= Los Angeles, California… …   Wikipedia

  • Sobibor extermination camp — Sobibor redirects here. For the nearby town, see Sobibór. Sobibor Extermination camp Nazi extermination camps in occupied Poland (marked with black and white skulls) …   Wikipedia

  • Camp d'extermination de Sobibor — Localisation des camps d extermination nazis. Le camp d extermination de Sobibór était un camp d extermination nazi, situé au sud est de l actuelle Pologne, dans la voïvodie de Lublin, district de Włodowa, à l’orée d une forêt de pins clairsemée …   Wikipédia en Français

  • John Demjanjuk — Demjanjuk (centre) hearing his death sentence on April 25, 1988, in Jerusalem, Israel. This sentence was later overturned. Born April 3, 1920 (1920 04 03) (age  …   Wikipedia

  • Odilo Globocnik — Odilo Globocnik …   Wikipedia

  • Christian Wirth — Nickname Christian the Terrible (German: Christian der Grausame), The Wild Christian …   Wikipedia

  • Michel Velleman — Ben Ali Libi (real name: Michel Velleman) (Groningen, 5 January 1895 Sobibor, 2 July 1943) was a Jewish magician who was killed in World War II. He is notable for Dutch poet Willem Wilmink s poem about him being killed by the Nazis. External… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”