Alteuropa (Sprachforschung)

Alteuropa (Sprachforschung)

Alteuropa ist ein Begriff der Ur- und Frühgeschichte und Sprachforschung, der das Europa vor der angenommenen Einwanderung indogermanischer Stämme nach Europa bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Konzept

Der Begriff wird u. a. seit dem 19. Jahrhundert durch Linguisten vertreten. Die Theorie des vorindoeuropäischen Alteuropa hängt von der Annahme ab, dass die Ausbreitung der indogermanischen Sprache mit einer physischen Einwanderung einer neuen Bevölkerung einhergehe. Daher werden Kulturen vor den "Indogermanen" als alteuropäisch bezeichnet. Archäologische Indizien für die Ausbreitung einer indogermanischen Ursprache während des Neolithikums wurden unter anderem mit der Anatolien-Hypothese von Colin Renfrew erbracht. Marija Gimbutas nahm eine indoeuropäische Einwanderung im Jung-/Endneolithikum an. Mit der Theorie des vorindoeuropäischen Alteuropa im Zusammenhang steht auch die Theorie der Vaskonischen Sprache. Allerdings gehören nicht alle nachstehend genannten Völker zu einer gemeinsamen Sprachfamilie.

Völker

Zu den vorindoeuropäischen/vorindogermanischen Völkern des Alten Europa zählen (teilweise auch anatolischer Herkunft)

Sie gelten demnach als älter als die keltischen Stämme, wurden von diesen aber zum größten Teil assimiliert, bevor diese wiederum vor allem sprachlich von den Italikern romanisiert wurden. Andere, wie die Pelasger und Leleger, wurden angeblich von griechischen Stämmen assimiliert, oder bestehen, wie die Basken, bis heute als sprachliche Einheit fort.

Gimbutas' matrilineare Konzeption Alteuropas

Hauptartikel Kurgan-Hypothese

Der Begriff Alteuropa wurde durch die Archäologin Marija Gimbutas für archäologische Kulturen des Neolithikums in Mitteleuropa verwendet. Gemäß M. Gimbutas sei Alteuropa vor Einwanderung der Indogermanen im Wesentlichen friedfertig und matrilinear organisiert gewesen. Das sozial einheitliche neolithische Alteuropa habe sich von Mitteleuropa über den Donauraum bis zum Mittelmeerraum und Anatolien erstreckt. M. Gimbutas glaubte weiterhin, dass im Neolithikum die Biologie der Reproduktion unbekannt gewesen sei.[1] Die zugrundeliegende These der Verehrung einer „Großen Göttin“ – gestützt auf vielfache Funde weiblicher Figurinen im Neolithikum und der frühen Kupferzeit auf dem Balkan – ist bei ihr sowohl eine religionsgeschichtliche als auch ereignisgeschichtliche Konzeption. Svend Hansen weist auf Vorläufer dieses Konzepts hin, das insbesondere bei der Eranos-Tagung 1938 bereits ausführlich formuliert worden war.[2][3] Eine Übersicht kritischer Beiträge zu diesem Konzept eines „feministischen Utopia“ und den zeitgeschichtlichen Projektionen wurde 1995 von Lynn Meskell vorgelegt.[4].

Gegen ein ausschließlich friedliches Alteuropa sprechen zum Beispiel Belege von Massakern am Ende der Linienbandkeramik um 5.000 v. Chr., wie das Massaker von Talheim in Baden-Württemberg.[5] Ein ähnlicher und zeitgleicher Befund liegt von Schletz (Asparn an der Zaya) in Niederösterreich vor.

Einzelnachweise

  1. M. Gimbutas, The Goddesses and Gods of Old Europe 6500–3500. London 1990. S. 237
  2. Svend Hansen, Bilder vom Menschen der Steinzeit: Untersuchungen zur antropomorphen Plastik der Jungsteinzeit und Kupferzeit in Südosteuropa. Archäologie in Eurasien, Band 20. (Hrsg.: Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts) ISBN 3805337736
  3. Olga Fröbe-Kapteyn, Gestalt und Kult der "Grossen Mutter". Vorträge gehalten auf der Tagung in Ascona 8.-15. August 1938. Eranos- Jahrbuch VI/1938 (Rhein-Verlag, Zürich) 1939.
  4. Lynn Meskell: Goddesses, Gimbutas and New Age archaeology. Antiquity 69/ 262, 1995, S. 74–86
  5. Ursula Eisenhauer: Jüngerbandkeramische Residenzregeln. Patrilokalität in Talheim. In: Jörg Eckert, Ursula Eisenhauer, Andreas Zimmermann (Hrsg.): Archäologische Perspektiven. Analysen und Interpretationen im Wandel. Festschrift für Jens Lüning zum 65. Geburtstag. Leidorf, Rahden Westf. 2003, S.562–573, ISBN 3896464000.

Siehe auch


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