Andreas Gautschi

Andreas Gautschi

Andreas Gautschi (* 1956) ist ein Schweizer Forstwissenschaftler. Er ist vor allem mit umfangreichen Studien zur preussisch-deutschen Jagd- und Forstgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts bekannt geworden und gilt als Spezialist für das Jagdgebiet der Rominter Heide. Gautschi veröffentlichte Untersuchungen zur jagdhistorischen Bedeutung von Hermann Göring und Kaiser Wilhelm II. sowie Biographien zu den Forstmännern Walter Frevert und Ferdinand von Raesfeld.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Andreas Gautschi absolvierte ein Studium der Forstwirtschaft an der ETH Zürich, das er 1980 als Diplom-Forstingenieur abschloss. Bereits in seiner Diplomarbeit Untersuchung über den Einfluss von meteorologischen Faktoren auf die Geweihentwicklung beim Reh beschäftigte er sich mit einem wildbiologischen Thema. [1]

Seit 1991 hat er seinen Wohnsitz in Żytkiejmy (Szittkehmen) am Südrand der Rominter Heide, deren Jagd- und Forstgeschichte er intensiv erforscht. Zusammen mit Burkhard Winsmann-Steins veröffentlichte er 1992 den Prachtband Rominten gestern und heute, der bis 1999 drei Auflagen erlebte. Diesem folgte 1995 Der Rominter Hirsch. Sein Bild im Wandel des Jahrhunderts, für das Gautschi auch die Geweihzeichnungen selbst anfertigte. Allein dafür hatte er ein ganzes Jahr aufgewandt.

Im Zuge seiner Studien beschäftigte er sich zwangsläufig mit den jagdlichen Aktivitäten des auch als „Reichsjägermeister“ fungierenden Hermann Göring in der Rominter Heide, die während der Zeit des „Dritten Reichs“ Staatsjagdrevier war. Zwar gab es – unter anderem von Heinrich Rubner und Zoltán Rozsnyay – ausführliche forstgeschichtliche Darstellungen für die Zeit des Nationalsozialismus, eine wissenschaftlich gesicherte Abhandlung der Jagd im „Dritten Reich“ fehlte jedoch. Die letztliche Anregung, eine solche Forschungsarbeit anzugehen, erhielt Gautschi im Frühjahr 1994 von dem Lüneburger Zoologen Dr. Christoph Hinkelmann, der eine Museumsausstellung über die Rominter Heide aufbaute. [2] Mit der Dissertation Die Wirkung Hermann Görings auf das deutsche Jagdwesen im Dritten Reich wurde er dann 1997 bei Antal Festetics am Institut für Wildbiologie und Jagdkunde der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Georg-August-Universität Göttingen zum Dr. forest. promoviert. Auf der Grundlage dieser Untersuchung schrieb Gautschi das Buch Der Reichsjägermeister. Fakten und Legenden um Hermann Göring (1999), das ihn weithin bekannt machte und binnen kürzester Zeit drei Auflagen erlebte. Wie die meisten Bücher Gautschis erschien es im Nimrod-Verlag.

Mit Wilhelm II. und das Waidwerk. Jagen und Jagden des letzten Kaisers betrat Gautschi im Jahr 2000 erneut wissenschaftliches Neuland und legte die bis dahin erste jagdliche Biographie des letzten deutschen Kaisers vor. Aufsehen erregte auch Walter Frevert. Eines Weidmanns Wechsel und Wege (2004), die erste ausführliche Darstellung von Leben und Wirken dieses Forstmannes abseits von dessen eigenen verklärenden autobiografischen Bestsellern. Gautschi stellte darin nicht nur die Leistungen Freverts und seinen massgeblichen Einfluss auf die Jagd in Deutschland im 20. Jahrhundert heraus, sondern legte erstmals auch die unerfreulichen Seiten von dessen Persönlichkeit offen. Das betraf nicht nur seine Tätigkeit als Forstbeamter ab 1936 in Rominten und die enge Verbindung zu Göring, sondern vor allem seine Verstrickung in Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkriegs in der besetzten Bialowieser Heide. Gautschi entzauberte damit gründlich das Bild, das die Öffentlichkeit von dem beliebten Jagdschriftsteller bis dahin hatte. Im Jahr 2006 legte Gautschi zusammen mit Helmut Suter eine Biografie Ferdinand von Raesfelds vor, ebenfalls eine umfangreiche Darstellung von Leben und Werk des bekannten „Altmeisters des deutschen Weidwerks“. Alle diese biografischen Bücher gelten mittlerweile als Standardwerke auf ihrem Gebiet.

Mit Der Schaufelhirsch von Rominten. Eine Geschichte aus dem Walde schuf Dr. Andreas Gautschi 2005 auch ein belletristisches Werk. Daneben veröffentlicht er regelmässig Beiträge in jagdlichen Fachzeitschriften. Auch in der Dokumentation Wiedersehen mit der Rominter Heide. Winter in Ostpreußens Zauberwald (2008) von Wolfgang Wegner kommt er zu Wort. [3]

Schriften

  • zusammen mit Burkhard Winsmann-Steins: Rominten gestern und heute, Bothel 1992 (3. Auflage, Suderburg 1999, ISBN 3-927848-06-9)
  • Der Rominter Hirsch. Sein Bild im Wandel des Jahrhunderts, Bothel 1995 (2., komplett überarbeitete und stark erweiterte Auflage unter dem Titel Die Hirsche der Rominter Heide im damaligen Ostpreußen, Melsungen 2008, ISBN 978-3-7888-1177-8)
  • Die Wirkung Hermann Görings auf das deutsche Jagdwesen im Dritten Reich, Dissertation, Göttingen 1997
  • Der Reichsjägermeister. Fakten und Legenden um Hermann Göring, Suderburg 1999 (3., durchgesehene und ergänzte Auflage, Hanstedt 2000, ISBN 3-927848-20-4)
  • Wilhelm II. und das Waidwerk. Jagen und Jagden des letzten Kaisers. Eine Bilanz, Hanstedt 2000 (ISBN 3-927848-27-1)
  • Durch Wälder und Zeiten. Überlieferungen, Charaktere, Beobachtungen, Hanstedt 2001 (ISBN 3-927848-34-4)
  • Walter Frevert. Eines Weidmanns Wechsel und Wege, Hanstedt 2004 (2., ergänzte Auflage, Melsungen 2005, ISBN 3-7888-0981-7)
  • als Zusammensteller und Herausgeber: Das ungeschriebene Gesetz. Eine Erinnerung an den grünen Mahner Eugen Wyler, mit Farbbildern von Josef Griffel, Melsungen 2005 (ISBN 3-7888-1044-0)
  • Der Schaufelhirsch von Rominten. Eine Geschichte aus dem Walde, Melsungen 2005 (ISBN 3-7888-1040-8)
  • zusammen mit Helmut Suter: Vom Jagen, Trinken und Regieren. Reminiszenzen aus dem Leben des Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg, nach alten Briefen zitiert, Aus dem Deutschen Adelsarchiv (Neue Folge, Band 9), Limburg an der Lahn 2005 (ISBN 3-7980-0609-1)
  • zusammen mit Helmut Suter: Ferdinand von Raesfeld. Leben, Wirken und Werk eines Altmeisters des deutschen Weidwerks, Melsungen 2006 (ISBN 3-7888-1096-3)
  • als Herausgeber: Kaiserliche Hirschjagd in Rominten. Nach Berichten des Büchsenspanners Josef Rollfing von 1896 – 1913, Singhofen 2006 (ISBN 978-3-89715-552-7 oder ISBN 3-89715-552-4)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eintrag bei NEBIS
  2. Andreas Gautschi: Der Reichsjägermeister. Fakten und Legenden um Hermann Göring. 3., durchgesehene und ergänzte Auflage. Nimrod-Verlag, Hanstedt 2000, ISBN 3-927848-20-4, Vorwort S. 14
  3. Wiedersehen mit der Rominter Heide. Winter in Ostpreußens Zauberwald (Inhaltsangabe bei www3.ndr.de; abgerufen am 24. September 2009)

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gautschi — ist der Familienname folgender Personen: Andreas Gautschi (* 1956), Schweizer Forstwissenschaftler Georges Gautschi (1904–1985), Schweizer Eiskunstläufer Heinrich Alfred Gautschi (1871–1955), Schweizer Industrieller Karl Gautschi (* 1939),… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Gautschi — (* 11. September 1927 in Basel) ist ein Schweizer Mathematiker, der vornehmlich auf dem Gebiet der Numerik tätig ist. Er veröffentlichte mehrere Fachbücher und über 150 Artikel auf diesem Gebiet. Walter Gautschi ist emeritierter Professor für… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Gautschi — (September 11 1927) is a Swiss American mathematician, known for his contributions to numerical analysis. [Philip J. Davis, [http://history.siam.org/oralhistories/gautschi.htm Walter Gautschi] , interview Society for Industrial and Applied… …   Wikipedia

  • Karl Gautschi — (* 9. Juni 1939 in Menziken) ist ein Schweizer Satiriker. Biografie Gautschi studierte an der Universität Zürich Germanistik und Geschichte und promovierte bei Emil Staiger. Er war Bezirkslehrer in Menziken und Dozent für Geschichte und Didaktik… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Frevert — Von links nach rechts: Oberforstmeister Walter Frevert, Reichsjägermeister Hermann Göring und Oberstjägermeister Ulrich Scherping bei der Begutachtung von Hirschgeweihen (Abwurfstangen) Walter Frevert (* 13. Oktober …   Deutsch Wikipedia

  • Krasnij Les — Die Rominter Heide (russisch Krasnij Les, polnisch Puszcza Romincka) ist ein Hügel , Wald und Heidegebiet im Südosten der Oblast Kaliningrad, Russland, sowie in der nordöstlichen Woiwodschaft Ermland Masuren, Polen. Inhaltsverzeichnis 1 Name 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Rominter Heide — Die Rominter Heide (russisch Krasnij Les, polnisch Puszcza Romincka) ist ein Hügel , Wald und Heidegebiet im Südosten der Oblast Kaliningrad, Russland, sowie in der nordöstlichen Woiwodschaft Ermland Masuren, Polen. Storchennest in der Rominter… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Mueller — Darß (* 29. April 1890 in Lindau, Landkreis Northeim; † 18. Juni 1976 in Lenggries, Oberbayern; eigentlich Franz Mueller) war ein deutscher Forstmann. Er wirkte von 1925 bis 1945 als Forstmeister auf dem Darß. Er beschäftigte sich mit dem Einsatz …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Mueller-Darß — (* 29. April 1890 in Lindau, Landkreis Northeim; † 18. Juni 1976 in Lenggries, Oberbayern; eigentlich Franz Mueller) war ein deutscher Forstmann. Er beschäftigte sich mit dem Einsatz von Hunden in Armee und Forstwirtschaft, in Fachkreisen wurde… …   Deutsch Wikipedia

  • Bruno Hespeler — (* 1943) ist ein deutscher Berufsjäger, freier Journalist und international bekannter Sachbuchautor zu jagdlichen Themen. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 2.1 Kontroverse um jagdliches Brauchtum …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”