Anthony Braxton’s Charlie Parker Project

Anthony Braxton’s Charlie Parker Project
Anthony Braxton’s Charlie Parker Project
Studioalbum von Anthony Braxton
Veröffentlichung 1993
Label HatHut Records
Format 2 CD
Genre Jazz
Anzahl der Titel 15
Laufzeit 130:19

Besetzung

Produktion Ulrich Kurth und Werner X. Uehlinger
Studio Rote Fabrik, Zürich, Großer Sendesaal des WDR, Köln
Chronologie
Trio (London) 1993
(1993)
Anthony Braxton’s Charlie Parker Project The Braxton Quartet Plays Twelve Braxton Compositions
(1993)
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Anthony Braxton

Anthony Braxton’s Charlie Parker Project ist ein Jazzalbum von Anthony Braxton, das am 21. Oktober in Roten Fabrik in Zürich und am 22. und 23. Oktober 1993 im Großen Sendesaal des WDR in Köln aufgenommen und von dem Jazzlabel HatHut Records veröffentlicht wurde.

Inhaltsverzeichnis

Das Album

Der Avantgardemusiker und Komponist Braxton hatte sich schon in den 1970er und 1980er Jahren mit der Jazz-Tradition beschäftigt; zum einen nahm er mehrere Alben mit Jazz-Standards auf, wie In the Tradition für Steeplechase (1974) und Seven Standards, 1985 (auf Windham Hill); zum anderen widmete er sich dem Werk eines einzelnes Komponisten, wie 1987 in seinem Thelonious Monk-Projekt Six Monk's Compositions (1987). Ähnlich ist auch das Album von 1993 einem einzelnen Künstler (als Musiker wie als Komponisten) gewidmet, nämlich dem Bebop-Pionier Charlie Parker und dem von ihm interpretierten bzw. komponierten Repertoire.
In einem Interview, das Anthony Braxton ein halbes Jahr vor den Parker-Aufnahmen führte,[1] verdeutlichte er seine Herangehensweise an die „Tradition“, die er in einer Gegenposition zu den Neo-Traditionalisten der 1980er und 1990er Jahre sieht. „Tradition“ sei lediglich eine Komponente in der Weiterentwicklung seiner Musik; gleichzeitig sieht er das Parker-Projekt - wie auch die vorangegangenen Projekte in dieser Richtung - als Referenz an musikalische Vorbilder in seiner frühen Entwicklung, so an Clifford Jordan, dessen Komposition Toy er 1985 spielte, an Warne Marsh (Eight (+3) Tristano Compositions 1989: For Warne Marsh, 1989) sowie an vergessene Pioniere wie Gigi Gryce, Jimmy Woods, Anthony Ortega und Giuseppi Logan und schließlich an den von ihm verehrten Joe Henderson, dessen Komposition Punjab Braxton besonders hervorhebt. Braxton betont außerdem die Bedeutung des Blues als das zentrale Merkmal, dem man sich entsprechend annähern müsse, um in Parkers Musik einzutreten..

Braxton spielte bei dem Konzert in Zürich und den beiden Studio-Sessions in Köln mit einem Sextett aus dem Saxophonisten Ari Brown, dem Trompeter Paul Smoker, dem Pianisten Misha Mengelberg, dem Bassisten Joe Fonda und den Schlagzeugern Han Bennink (in Zürich) bzw. bei vier Nummern Pheeroan AkLaff in Köln[2]. Das Programm bestand aus klassischen Titeln des Bebop-Pepertoires, wie Parkers legendärer Komposition „Koko“ von der Savoy-Session 1945, seiner „Yardbird Suite“ (aus der Zeit von Parkers Aufnahmen für Dial Records 1946) und „Scrapple fro the Apple“ (von den späten Aufnahmen für Savoy Records 1947) und seinen Auftritten im Royal Roost 1949, aber auch Dizzy Gillespies „Bebop“ und „A Night in Tunisia“ sowie Tadd DameronsHot House“; hinzu kamen relativ unbekannte Parker-Kompositionen wie „Dewey Square“ (1947), „Klactoveesedsteene“ (1947), „An Oscar for Treadwell“ (1950), „Bongo Bop“ (1947), „Passport“ (1949), „Mohawk“ (1950), sowie „Sippin’ at Bells“ (1947, von Miles Davis).

„Yardbird Suite“ startet in einer verloren-melancholische Stimmung, umkreist das Thema und mit swingenden Spiel wird eine Weile Nostalgie beschworen. Nach einem süßlichen Saxophon-Solo, kommt der Pianist in Monkscher Spielweise, zerlegt die Melodie mit kurzen Stößen, bis schließlich Trompeter Paul Smoker Spannung erzeugt. Andere Stücke wiederum werden mit einem noch höheren Maß an Intensität, Abstraktion und Eingriff in die Originalversion behandelt; mit Überblastechniken, Vokal-Einwürfen und Abschnitten von kollektiver Improvisation wird immer wieder an das Material herangegangen, wie im zwölfminütigen „Dewey Square“.

Kontraste setzte Braxton durch die Verwendung unterschiedlicher Blasinstrumente; so verwendete er das Sopranino, Flöte und auch die (im Jazz selten gespielte) Kontrabass-Klarinette in “Scrapple from the Apple” und “Sippin’ at Bells”.

Albumstücke

Han Bennink (2005)
  • Anthony Braxton's Charlie Parker Project (HatOLOGY 2-612)

CD 1

  1. Hot House“ (Tadd Dameron) 15:05
  2. A Night in Tunisia“ (Dizzy Gillespie) 9:03
  3. „Dewey Square“ 12:28
  4. „Klactoveesedsteene“8:46
  5. „An Oscar for Treadwell“ 19:37

CD 2

  1. „Bebop“ (Dizzy Gillespie) 8:22
  2. „Bongo Bop“ 6:45
  3. „A Night in Tunisia“ (Dizzy Gillespie) 8:28
  4. „Passport“ 6:30
  5. „Scrapple for the Apple“ 5:15
  6. „Mohawk“ 2:45
  7. „Sippin’ at Bells“ (Miles Davis) 4:08
  8. „Koko“ 4:08

Alle anderen Kompositionen stammen von Charlie Parker.

Wirkungsgeschichte

Misha Mengelberg (2004)

Richard Cook und Brian Morton bezeichneten das Charlie Parker Project im Penguin Guide to Jazz Recordings als ein außergewöhnliches Album; sie weisen auf das tiefe Verständnis Braxtons für die Formensprache des Bebop hin, wie in seinen erstaunlichen und ausgedehnten Interpretationen von „Dewey Square“ und „An Oscar for Treadwell“; sie zeichneten es mit der zweithöchsten Bewertung aus.Im Vergleich zu den relativ konventionellen Rhythm-sections der anderen Standards-Projekten setzen Mengelberg und Bennink hier kratzbürstige, subversive Akzente.
Scott Yanow im Allmusic, der dem Parker-Project vier Sterne vergab, erwähnt, das Braxton die Parker-Melodien lediglich als Basis für seine farbigen und oft erstaunlichen Improvisationen nutzt. Er fühle sich dabei von den alten Eingrenzungen der 1940er und '50er Jahre nicht betroffen und ziehe es vor, mit seinem Ansatz dem Geist und dem Wagnis von Charlie Parker zu huldigen, statt das Vergangene neu zu schaffen. Das leidenschaftliche und unkalkulierbare Ergebnis sei auf jeden Fall stimulierend und voller Überraschungen, frischer Ideen und Witz.

Editorische Hinweise

Die Original-Sessions zogen sich über drei Tage hin - das Konzert in Zürich und zwei Studio-Tage in Köln. Einige Titel wurden aus technischen Gründen nicht aufgenommen. Der Neuausgabe mit dem neuen Remastering fiel die ursprüngliche Covergestaltung zu Opfer (das Album ist - gemäß der gegenwärtigen Design-Linie - mit dem Foto einer nächtlichen Stadtansicht versehen). Die Essays von Peter Niklas Wilson und Alex Dutilh wurden durch ein Interview von Graham Lock mit Braxton in den Liner Notes ersetzt. Pia Uehlinger wird als Co-Produzentin bei der Neuausgabe nicht erwähnt.

Literatur/Quellen

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Vgl. Liner Notes des Albums von Graham Lock
  2. Ein Teil der Kölner Studio-Aufnahmen ist ohne Schlagzeug entstanden.

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