Rosebery d’Arguto

Rosebery d’Arguto

Rosebery d’Arguto (Pseudonym für Martin Rozenberg; * 24. Dezember 1890 in Srenzk; † 1943 Auschwitz-Birkenau) war ein bedeutender Musikpädagoge, Komponist und Dirigent, der vor allem in der Arbeitermusikbewegung aktiv war.

Leben

Rosebery d’Arguto entwickelte künstlerisches Talent und politisches Interesse. Mit 14 Jahren wurde er 1905 beim Verteilen revolutionärer Flugblätter von der Polizei verhaftet und floh wenig später nach Österreich, um weiterer Verfolgung zu entgehen. Dort nahm er ein Musikstudium auf und wurde schließlich habilitiert.

Anfang der 1920er Jahre ging d’Arguto nach Deutschland. In Berlin-Neukölln übernahm er einen seit 1890 bestehenden gemischten Chor der Arbeitersängerbewegung und gestaltete diesen in einen Gesangsverein mit hohem musikalischen Anspruch um. Die sich bald „Gesangsgemeinschaft Rosebery d'Arguto“ nennende Vereinigung spezialisierte sich in den Folgejahren auf die pädagogische Arbeit und verhalf Arbeiterkindern zu einer musischen Ausbildung.

Mit den Repressionen gegen die Arbeitermusikbewegung nach 1933 geriet auch der Jude d’Arguto immer stärker in Bedrängnis. Es folgten Auftrittsverbote des Chores unter seiner Leitung und schließlich Berufsverbot. 1939, kurz vor dem deutschen Überfall auf Polen, verließ d’Arguto Deutschland, kehrte aber wenig später wegen wichtiger Erledigungen nach Berlin zurück. Dort wurde er sofort von der Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg deportiert. In Sachsenhausen baute er einen gemischten Häftlingschor auf und versuchte seine Arbeit fortzusetzen. Im Zuge eines Befehls Hitlers aus dem Jahr 1942, wonach sämtliche noch im Reich befindliche Juden nach Auschwitz-Birkenau zu deportieren sind, wurde auch d'Arguto in das Vernichtungslager gebracht, wo er 1943 ermordet wurde.

Werk

Rosebery d’Arguto ist heute fast völlig vergessen. Dies kann als ein Ergebnis der nationalsozialistischen Politik angesehen werden. So wurden sämtliche Dokumente d’Argutos, darunter auch Aufzeichnungen für eine geplante Veröffentlichung zum Thema Musikpädagogik sowie Kompositionen von den Behörden planmäßig vernichtet. In einem Keller versteckte weitere Dokumente fielen einem Bombenangriff zum Opfer. Zeitgenössische Zeitungsartikel und vor allem Äußerungen von Mitgliedern der Gesangsgemeinschaft und anderen Zeitgenossen, deuten allerdings auf eine große Bedeutung d'Argutos hin. Insbesondere seine musikpädagogischen Ansätze galten seinerzeit als modern und bahnbrechend.

D’Arguto verfasste auch eine Reihe von Kompositionen, vorwiegend Chorwerke, von großer Qualität. Hier stechen vor allem die Absoluten Sinfonischen Gesänge hervor, in der d’Arguto die menschliche Stimme wie ein Instrument behandelte und auf Worte verzichtete. Überliefert sind zudem einige Kompositionen aus seiner Gefangenschaft in Sachsenhausen. Bekannt wurde vor allem der Jüdische Todessang (1942), den sein überlebender Mithäftling Aleksander Kulisiewicz nach dem Krieg bei Konzerten als Sänger oft aufgeführt hat.

Dokumente zu Rosebery d'Arguto und der gleichnamigen Gesangsgemeinschaft finden sich vor allem im Arbeiterliedarchiv der Akademie der Künste (Berlin), wo eine eigene Sammlung für d’Arguto existiert.

Literatur

  • Peter Andert: Rosebery d'Arguto: Versuche zur Erneuerung des proletarischen Chorgesangs. In: Berliner Begegnungen. Ausländische Künstler in Berlin 1918 bis 1933. Aufsätze - Bilder - Dokumente. Hrsg. von Klaus Kändler, Helga Karolewski und Ilse Siebert. Dietz, Berlin 1987 (Veröffentlichungen der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der DDR für Deutsche Kunst und Literatur des 20. Jahrhunderts), ISBN 3-320-00836-6.
  • Aleksander Kulisiewicz: Adresse: Sachsenhausen. Literarische Momentaufnahmen aus dem KZ. Hrsg. v. Claudia Westermann. Aus dem Polnischen von Bettina Eberspächer. Bleicher, Gerlingen 1997, ISBN 3-88350-731-8.
  • Jörn Wegner: Die Arbeitermusikbewegung im Nationalsozialismus. In: Kulturation. Online-Journal für Kultur, Wissenschaft und Politik 2/2008 (Web-Ressource).

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