Bindungsenergie (Chemie)

Bindungsenergie (Chemie)
Bindungsenergie von Methan[1]
Reaktion ΔE (kJ·mol−1) Anmerkung
CH4 → CH3 + H 421 tetraedrisch (sp3-Hybrid)
CH3 → CH2 + H 470 trigonal (sp2-Hybrid)
CH2 → CH + H 415
CH → C + H 335
CH4 → C + 4 H 411 mittlere Energie (ΔĒ)

Bindungsenergie, mittlere Bindungsenergie (auch: Dissoziationsenergie, Bindungsspaltungsenergie, Bindungsenthalpie, Bindungsdissoziationsenthalpie, Valenzenergie) wird in der Chemie die Menge an Energie bezeichnet, die aufgewendet werden muss, um die kovalente Bindung zwischen zwei Atomen eines Moleküls vollständig zu spalten. Dabei bilden sich zwei Radikale (homolytische Spaltung). Die Energie wird meist in Joule pro Mol der Verbindung angegeben und beschreibt die Festigkeit der Bindung. Werden alle Bindungen dissoziiert, spricht man von Atomisierungsenergie oder Atomisierungswärme, die die Gesamtbindungsenergie einer Verbindung ist. Die molare Bindungsenergie von Ionenkristallen wird unter Gitterenergie beschrieben.

Die Bindungsenergie unterscheidet sich von der Standardbildungsenthalpie, die von Reaktionen aus den Elementen in ihrer stabilen Form ausgeht. Die Bindungsenergie ist ungleich der Energie einer heterolytischen Spaltung (Ionisation), die deutlich größer als bei einer homolytischen Bindungsspaltung ist. In der Physik wird unter der Bindungsenergie meist die Bindungsenergie der Atomkerne verstanden, die zur Zerlegung in einzelne Nukleonen erforderlich ist, siehe Bindungsenergie.

Die wirkliche Festigkeit (wahre Bindungsenergie) lässt sich experimentell nicht bestimmen, da die Bruchstücke u. a. die Anordnung ihrer Bindungspartner (bei Molekülen, die aus mehr als zwei Atomen bestehen) und ihre elektronische Struktur verändern. Einige Trennungsenergien lassen sich experimentell in Einzelschritten bestimmen (siehe Beispiel Methan), andere Trennungsenergien werden aus vorhandenen Daten rechnerisch abgeschätzt. Zur Abschätzung werden bekannte mittlere Bindungsenergien verwendet.

Die Größe der Bindungsenergie hängt unter anderem von der Bindungslänge (je länger desto niedriger), der Polarität der Bindung (polare Atombindungen sind schwerer zu spalten als apolare) und der Art der Bindung (Einfachbindung lässt sich leichter als eine Doppelbindung und diese wiederum leichter als eine Dreifachbindung spalten) ab.

Tabelle

Abhängigkeit der mittleren Bindungsenergie von der Bindungslänge[2]
Bindungslänge d in pm, Bindungsenthalpie ΔH in kJ pro mol
Halogene untereinander
Bindung ΔH d
F−F 159 142
Cl−Cl 242 199
Br−Br 193 228
I−I 151 267
Br−Cl 219 214
Br−F 249 176
Br−I 178
Cl−F 253 163
Cl−I 211 232
mit Wasserstoff
Bindung ΔH d
H−H 436 74
H−C 413 108
H−O 463 97
H−N 391 101
H−P 322 142
H−S 367 134
H−F 567 92
H−Cl 431 128
H−Br 366 141
H−I 298 160
mit Kohlenstoff
Bindung ΔH d
C−C 348 154
C=C 614 134
C≡C 839 120
C−H 413 108
C−O 358 143
C=O 745 122
C−N 305 147
C=N 615 130
C≡N 891 116
C−P 264 184
C−S 272 182
C=S 536 189
C−F 489 138
C−Cl 339 177
C−Br 285 194
C−I 218 214
mit Sauerstoff
Bindung ΔH d
N=O 607
O−N 201 136
O−P 335 154
O−F 193 142
O−Cl 208 170
O−Br 234
O−I 234 1
gleiches Element
Bindung ΔH d
H−H 436 74
N−N 163 146
N=N 418 125
N≡N 945 110
O−O 146 148
O=O 498 121
P−P 172 221
S−S 255 205

Einzelnachweise

  1. James E. Huheey: Anorganische Chemie: Prinzipien von Struktur und Reaktivität, de Gruyter, Berlin 1988, S. 1061 ff. ISBN 3-11-008163-6.
  2. Neufingerl: Chemie 1 - Allgemeine und anorganische Chemie, Jugend & Volk ;Wien 2006; ISBN 978-3-7100-1184-9. S.47

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