Hans-Jürgen Breuste

Hans-Jürgen Breuste
Overkill — Die Kräfte der Steine und die Kräfte, die Steine bersten lassen (1982). Findling, Geschützrohre, Panzerketten, Textplatten. Straße der Skulpturen, St. Wendel

Hans-Jürgen Breuste (* 1933 in Hannover) ist ein deutscher bildender Künstler und Objekt-Künstler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hans-Jürgen Breuste machte 1949 eine Lehre als Maurer und zunächst arbeitete er in diesem Beruf. Ab 1956 begann er, sich künstlerisch zu betätigen.

Während seiner „Holz- und Eisenzeit“ in Hannover-Linden übte die Bekanntschaft mit Jorge La Guardia ab 1970 einen gegenseitigen Einfluß aufeinander aus.[1]

Von der Hochschule für Bildende Künste in Münster erhielt Breuste in den Jahren 1976 bis 1978 einen Lehrauftrag, 1980 von der Fachhochschule Hannover. 1991 lehrte er an der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg, zusammen mit Almut Breuste.

Breuste lebt und arbeitet in Hannover.

Auszeichnungen und Ehrungen[2]

  • 1969 Niedersächsischer Förderpreis für junge Künstler; Kunstpreis der Stadt Wolfsburg
  • 1973 Will Grohmann-Preis der Akademie der Künste Berlin
  • 1981 Kunstpreis des Landes Niedersachsen
  • 1982 Kunstpreis der Stadtsparkasse im Kunstverein Hannover
  • 1988 Sonderpreis des Deutschen Künstlerbunds (Litzmannstadt)
  • 2008 Verdienstkreuz am Bande des Niedersächsischen Verdienstordens

Werk

Anfang der 1960er Jahre entstanden zunächst figürliche Arbeiten u.a. aus Bronze. Bekannt wurde Breuste später mit seinen Arbeiten aus alltäglich Weggeworfenem, Ausrangiertem, dem scheinbar Wertlosen. Er bringt es in Assemblagen zum Sprechen. Die Herkunft und Geschichte jedes Stücks wird dabei Teil der Aussage des Kunstwerks. So schafft Breuste Orte wider das Vergessen. «Er kompensiert den Zerfall des Weltlichen durch das Gegenwerk des Geistes, der kein Ende, kein Nichts zulässt. Er lässt aber den Dingen die Traurigkeit des Verfalls.» (Professor Otto Mauer, Wien[3])

Breustes Arbeiten transportieren häufig eine politische oder sozial-kritische Botschaft. Etliche seine Arbeiten erinnern an den Terror und das Morden während der nationalsozialistischen Diktatur.

Mahnmal Rampe Bergen-Belsen

Das Mahnmal Rampe Bergen-Belsen (zusammen mit Almut Breuste) etwa liegt an der Eisenbahnverladerampe, an der die Güterzüge der Reichsbahn mit Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen für das KZ Bergen-Belsen ankamen. Von hier aus mussten sie ins 6 km entfernte Lager marschieren (oder wurden nach Auschwitz oder Theresienstadt abtransportiert). Der riesige, 90 t schwere Koloss löst einen Sog aus, näher zu treten. Seine Trichterform weckt Assoziationen an die Endgültigkeit eines Schmiedeofens. Indem das beklemmende Mahnmal den Betrachter der Härte und der Rohheit des rostenden, aufspringenden Stahls ausliefert, macht es sein Wissen um die Gewalt und die Erbarmungslosigkeit gegenüber den geschändeten Menschen spürbar.

RosebuschVerlassenschaften

Ein Hauptwerk Breustes ist das Projekt RosebuschVerlassenschaften, an dem er zusammen mit seiner Frau Almut Breuste seit 1997 arbeitet.[4][5] In der Turbinenhalle des ehemaligen Umspannwerks der PreussenElektra in Hannover-Ahlem trugen sie unzählige Gegenstände, vieles davon aus dem Contiwerk Limmer Hannover, zusammen. Angesichts der ausgebreiteten Gegenstände - ausrangierte Eisen, Gummi, Holz oder Textilien - erkennt der Betrachter ihre Geschichte bzw. projiziert sie in sie hinein.

Herz der Rauminstallation ist das Objekt Litzmannstadt, das sich im Besitz des Landes Niedersachsen befindet. Die Nationalsozialisten benannten im Zweiten Weltkrieg die Stadt Łódź in Polen um in „Litzmannstadt“. Das 1940 dort eingerichtete Ghetto Litzmannstadt war Ausgangspunkt für die Vernichtung der zweitgrößten jüdischen Gemeinde Polens und weit darüber hinaus. Im Objekt Litzmannstadt führt das Ehepaar Breuste u.a. über 2500 Lazaretttragen in meterlangen Reihen und, ihnen gegenüber, Fotografien von Zwangsarbeitern, Briefe und Namenslisten von Deportierten zusammen. Das Gesammelte und Bewahrte verdichtet sich zu einem Ort, der eine Gedankenwelt erzeugt, die in der Plastizität und Gegenwärtigkeit der ermöglichten Erinnerung weit über den konkreten Ort und über die konkrete Funktion der Objekte hinaus geht.

„Wenn die Erinnerung, ja auch jedes einzelne dieser Pritschen, Schrauben, Riemen, Matten, Seile, Schnallen, Bleche, Gitter, Platten, Schuhe usw. ein eigenes Schicksal haben mag, so ist nicht die Sehnsucht nach dem Vergangenen und der Vergänglichkeit das künstlerische Thema, sondern die Aufhebung der Vergänglichkeit durch neue Zuordnungen, überraschende Zusammenstellungen und serielle Blickerweiterungen.“

Prof. Rolf Wernstedt, Niedersächsischer Kultusminister a.D., 29.9.2005: Zitiert nach: RosebuschVerlassenschaften - a. und h.j. breuste, 2006, S.6[4]

Werke im öffentlichen Raum (Auswahl)

Literatur

  • Hermann Otto (Hrsg. und Verlag): Hans-Jürgen Breuste, Bd. dokument 1 in der Reihe ARTFORUM, o.J. (ca. 1970er Jahre)

Weblinks

 Commons: Hans-Jürgen Breuste – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jorge La Guardia in seiner kurzen „Autobiographie“ in: ARTFORUM, dokument 2, herausgegeben und verlegt von Hermann Otto
  2. Breuste, Hans-Jürgen - Institut für aktuelle Kunst im Saarland
  3. Kraft der Liebe zum Geringen - Breuste. (Galerie e-Damm)
  4. a b RosebuschVerlassenschaften - a. und h.j. breuste. Hrsg. RosebuschVerlassenschaften e.V., Hannover, 2006.
  5. Rosebusch Verlassenschaften. Netzwerk Erinnerung und Zukunft in der Region Hannover
  6. Kunst in Erlangen (H. Hedayati)
  7. Denkmal KZ-Außenlager Stöcken (Akku). Netzwerk Erinnerung und Zukunft in der Region Hannover
  8. Dillingen, Breuste, Plastik. Institut für aktuelle Kunst im Saarland
  9. Hans-Jürgen Breuste, Hannover - Modelle für „Polumo“. (Kreismuseum Peine)

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