Britisch-französische Garantieerklärung

Britisch-französische Garantieerklärung

Als britisch-französische Garantieerklärung wird die Erklärung der Regierungen Großbritanniens und Frankreichs vom 31. März 1939 bezeichnet, welche die Unabhängigkeit Polens zum Gegenstand hat. Inhalt war die Versicherung des Beistandes in Form militärischer Unterstützung und Entlastung bei Verletzung der territorialen Integrität durch eine andere „europäische Macht“ ("European power")[1]. Im Falle eines Angriffs mit Truppen gegen Polen kündigten Großbritannien und Frankreich an, dieser Macht den Krieg zu erklären. Obwohl der Haupttext den Angreifer nicht speziell nennt, wurde in einem geheimen Zusatzprotokoll[2] die „europäische Macht“ als „Deutschland“ definiert. Dies enthob Großbritannien der Verpflichtung, auch bei einem Einmarsch durch die Sowjetunion zu reagieren.

Nach der italienischen Besetzung Albaniens (7.–12. April 1939) wurden ähnliche Erklärungen auch gegenüber Rumänien und Griechenland abgegeben.

Hitler hielt diese Absichtserklärung für eine Maßnahme zur Abschreckung ohne wirkliche Handlungsabsichten. Er hatte sich damit allerdings getäuscht. Frankreich erweiterte in der Folge sein seit 1921 bestehendes Bündnis mit Polen um eine gegenseitige Beistandspflicht im Falle eines deutschen Angriffs (Kasprzycki-Gamelin-Konvention, 19. Mai 1939). Mit dem Stahlpakt mit Italien (22. Mai) und dem deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion (23. August), der in einem geheimen Zusatzprotokoll die Aufteilung Polens und anderer Staaten Osteuropas vorsah, verfolgte Hitler unter anderem das Ziel, die Westmächte von einem Eingreifen zugunsten Polens abzuhalten. Kurz nach dem Bekanntwerden des Hitler-Stalin-Pakts ratifizierte allerdings Großbritannien den am 6. April unterzeichneten Beistandspakt mit Polen (25. August 1939).

Der „Verrat des Westens“

Die Unterstützung der Westmächte nach dem deutschen Angriff auf Polen blieb dann deutlich hinter dem erwarteten Ausmaß zurück (Sitzkrieg). Laut dieser Vereinbarung hätte spätestens 15 Tage nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen eine französische Offensive an der deutschen Westgrenze erfolgen müssen (Saaroffensive), und dieses Ausbleiben militärischer Unterstützung wird heute in Polen als „Verrat des Westens“ bezeichnet. Zusätzlich staatspolitisch komplizierend wirkte allerdings die Tatsache, dass Polen auf den Einmarsch der sowjetischen Truppen ins eigene Land nicht mit einer Kriegserklärung an die Sowjetunion (oder auch nur mit einer Erklärung eines Kriegszustandes mit anderen Angreifern als Deutschland) reagiert hatte, sondern den Schritt einer Kriegserklärung an die Sowjetunion stattdessen von Großbritannien forderte – ein Schritt, zu dem sich das Vereinigte Königreich nicht bereiterklären wollte[3]. Ob der Botschafter Polens in London, Graf Raczyński, sich der Existenz des geheimen Zusatzprotokolls (das den Beistand Großbritanniens auf aggressive Handlungen Deutschlands beschränkte) bewusst war, als er diesen Schritt von Großbritannien forderte, ist umstritten.

Siehe auch

Quellen

  1. Text des Beistandspaktes ohne Zusatzprotokoll
  2. http://en.wikisource.org/wiki/Agreement_of_Mutual_Assistance_between_the_United_Kingdom_and_Poland-London_%281939%29
  3. Prazmowska, Anita J. (1995). Britain and Poland 1939–1943: The Betrayed Ally. Cambridge: Cambridge University Press. ISBN 0-521-48385-9.

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