- Kriegserklärung
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Bei der Kriegserklärung handelte es sich nach klassischem Völkerrecht um eine einseitige, formlose Willenserklärung an die gegnerische Partei, die den Eintritt des Kriegszustandes ankündigt.
Sie wurde einem Staat von einem anderen vor Aufnahme der Feindseligkeiten zugestellt, wenn der sich betroffen Fühlende seine Interessen bedroht oder seine Existenz gefährdet sah und keine diplomatische Lösung für diesen Staat in Frage kam. Auch durch seine Bündnisverpflichtungen konnte sich ein Staat gezwungen sehen, eine Kriegserklärung gegen einen anderen auszusprechen.
Da mit der Kriegserklärung die diplomatischen Mittel als ausgeschöpft angesehen sind, werden üblicherweise auch die diplomatischen Beziehungen der Kontrahenten mehr oder weniger abrupt abgebrochen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Bis zum Ersten Weltkrieg waren Kriegserklärungen vor Beginn der Eröffnung von Feindseligkeiten allgemein Usus. Das änderte sich mit dem Briand-Kellogg-Pakt vom 27. August 1928, der Krieg als politisches Instrument grundsätzlich für ungesetzlich erklärte. Zulässig sind seitdem nur noch Verteidigungskriege.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Krieg oft nur dann erklärt, wenn keine unmittelbaren Kriegshandlungen folgten. Das war zum Beispiel im September 1939 der Fall, als nach dem Überfall Deutschlands auf Polen dessen Verbündete Frankreich und das Vereinigte Königreich dem Deutschen Reich den Krieg erklärten (sogenannter Sitzkrieg oder „Drôle de Guerre”). Auch erklärte das Deutsche Reich den USA 1941 den Krieg, obwohl diese schon längere Zeit zu Gunsten des Kriegsgegners Großbritannien logistische und aufklärende Unterstützung geleistet hatten, ohne dass danach offene Kriegshandlungen gefolgt waren. Am Ende des Zweiten Weltkrieges erklärten auch fast alle lateinamerikanischen Staaten Deutschland den Krieg, ohne dass direkte Kriegshandlungen folgten.
Seit dem Zweiten Weltkrieg ist Krieg offiziell völkerrechtlich geächtet, sodass es förmliche Kriegserklärungen seitdem nicht mehr gibt. Im modernen Völkerrecht ist jede Partei eines Krieges vielmehr bemüht, den Konfliktbeginn der anderen Partei zuzuschieben, den Beginn der Feindseligkeiten als Prävention vor einer drohenden Aggression darzustellen oder übergeordnete Gesichtspunkte wie die Friedenserhaltung, den Schutz vor Massenvernichtungswaffen oder die Menschenrechte als Rechtfertigung heranzuziehen.
Kriege ohne Kriegserklärungen
Der deutsche Angriff auf Polen 1939 und der Krieg gegen die Sowjetunion ab 1941 wurden ohne Kriegserklärung begonnen. Im zweiten Fall überreichte der deutsche Botschafter Friedrich Werner Graf von der Schulenburg stattdessen am 22. Juni 1941 im Moskauer Außenministerium ein Memorandum, das über die Eröffnung der Feindseligkeiten informierte, das Wort „Kriegserklärung“ musste er aber auf Hitlers Befehl vermeiden.[1] Der Angriff der Japaner auf Pearl Harbor 1941 erfolgte völlig überraschend und ohne Kriegserklärung.
1967 griff Israel mit einem Präventivschlag die ägyptischen Flugfelder an, was den Sechstagekrieg auslöste.
Die USA griffen 1950 auf der Seite Südkoreas in den Koreakrieg ein und nannten es eine „internationale Polizeiaktion“, die sie im Auftrag der Vereinten Nationen durchführten. Auch für die amerikanischen Interventionen in Vietnam, Laos und Kambodscha (Vietnamkrieg) gab es keine Kriegserklärung, genauso wenig für den Golfkrieg 1990/91 zur Befreiung Kuwaits. Für den zweiten Irakkrieg wählten die Alliierten den Begriff „Entwaffnung“. Der Krieg in Afghanistan seit 2001 wird gewöhnlich als „Internationale Militärpräsenz“ bezeichnet und wird durch den UN-Sicherheitsrat seit 2001 Jahr für Jahr durch Resolutionen mandatiert. Der Grund für diese Kunstbegriffe liegt darin, dass es kein explizites „internationales Mandat“ zur Kriegführung gibt. Stattdessen wird die rechtliche Fiktion geschaffen, dass es sich nicht um eine Intervention fremder Mächte, sondern um die militärische Unterstützung einer legalen Staatsgewalt in diesen Ländern handelt.
Verfahren
Österreich
In Österreich ist gemäß Art. 38 B-VG die Bundesversammlung für Kriegserklärungen zuständig. Diese sind gemäß Art. 40 Abs. 2 B-VG vom Bundeskanzler amtlich kundzumachen. Weitere Regelungen diesbezüglich existieren nicht, es wurde auch seitens Österreichs seit Bestehen des Bundes-Verfassungsgesetzes kein Krieg erklärt.
Einzelnachweise
- ↑ Ingeborg Fleischhauer: Diplomatischer Widerstand gegen »Unternehmen Barbarossa«. Die Friedensbemühungen der Deutschen Botschaft Moskau 1939–1941. Ullstein, Berlin 1991, S. 349–351.
Literatur
- Andreas Zack: Studien zum „Römischen Völkerrecht“. Kriegserklärung, Kriegsbeschluss, Beeidung und Ratifikation zwischenstaatlicher Verträge, internationale Freundschaft und Feindschaft während der römischen Republik bis zum Beginn des Prinzipats. Duehrkohp & Radicke, Göttingen 2001, ISBN 3-89744-139-X, (Göttinger Forum für Altertumswissenschaft Beihefte: Geschichte 5), (Zugleich: Köln, Univ., Diss., 1999).
- Anuschka Tischer: Kriegserklärung. In: Enzyklopädie der Neuzeit. Hrsg. Friedrich Jaeger im Auftrag des Kulturwissenschaftlichen Instituts (Essen) und in Verbindung mit den Fachherausgebern. Metzler, Stuttgart, Weimar 2005 ff., ISBN 3-476-01935-7 (online, PDF-Datei; 152 kB)
Weblinks
Wikisource: Erklärung des Kriegszustandes des Deutschen Kaiserreiches – Quellen und VolltexteWiktionary: Kriegserklärung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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