- Bunker Eichenthal
-
Der Bunker Langsdorf - erst nach der politischen Wende in der DDR wurde ihm die ortsspezifische Beschreibung Bunker Eichenthal zugewiesen - ist eine Bunkeranlage des strategischen Troposphären-Nachrichtensystem „BARS“ (deutsche Übersetzung: Schneeleopard) der Teilnehmerländer des Warschauer Pakts. Sie liegt im Gebiet der Gemeinde Lindholz in Mecklenburg-Vorpommern. Es ist eine von drei typengleichen Troposphärenfunkstationen, die auf dem Territorium der DDR errichtet wurden. Zwei weitere Stationen waren in Wollenberg bei Bad Freienwalde in Brandenburg und Röhrsdorf bei Königsbrück in Sachsen erbaut. Das System sollte im Falle eines Atomkriegs die Führungsverbindungen der oberen Ebene gewährleisten.
Inhaltsverzeichnis
Vorwende-Nutzung
Die Bunkeranlage wurde in den Jahren von 1983 bis 1988 errichtet. In Medien und in Internetbeiträgen genanntes Fertigstellungsjahr 1986 ist unzutreffend. Zum Zeitpunkt der offiziellen Inbetriebnahme des Systems "BARS" am 1. Dezember 1987 war die Anlage noch nicht fertiggestellt. Hauptursache dafür war der zwischenzeitliche Abzug von Baukräften zur Realisierung eines anderen militärischen Bauvorhabens. Änderungen am Projekt des Troposphären-Nachrichtensystem in der Phase seiner Realisierung führten zur Abschwächung operativer Forderungen an die Troposphärenfunkstation Langsdorf, was den Abzug der Baukräfte rechtfertigte. Mit nur einem von vier möglichen Troposphärenfunkgerätsätzen ausgestattet, blieb die Anlage Langsdorf bis 1990 im Troposphären-Nachrichtensystem fast bedeutungslos. Im nationalen Rahmen ging sie als Stütznachrichtenzentrale 302 (StNZ) in das Nachrichtensystem der NVA ein.
Die Anlage wurde bezeichnet als:
- Rostocker Station (ganz allgemein)
- Troposphärenfunkstation Bad Sülze
- Troposphärenfunkstation 302 Langsdorf
- Troposphärenfunkzentrale „SIROPNYI“ (Tarnbezeichnung)
- Stütznachrichtenzentrale 302
Mit der offiziellen Inbetriebnahme des Systems am 1. Dezember 1987 begann die Phase des Probebetriebes. Von diesem war die Troposphärenfunkstation Langsdorf mit der einzigen zu betreibenden Troposphärenfunkrichtung nach Wollenberg ausgeschlossen. Die Troposphären-Funkrichtungen wurden nach Programmzeiten gefahren, in der Regel 100 Stunden aufeinanderfolgend im Monat. Diese Phase diente sowohl der Qualifizierung des Personals als auch der Sicherstellung von Gewährleistungen. Probleme, insbesondere mit der Kühlung der Sendeendstufen (Klystrone) führten nicht eher als am 7. Mai 1990 zum Übergang in die operative Nutzung.
Nicht selten wird in Presseveröffentlichungen und in Niederschriften die Verhinderung einer frühzeitigen Enttarnung des Systems durch den „Gegner“ als Grund für die Phase des Probebetriebes angegeben. Solche Aussagen entbehren jeglicher Grundlagen. Allein die Inbetriebnahme eines Gerätesatzes von nur kurzer Zeit reicht für eine Enttarnung des Systems durch den Gegner aus, so sie nur gewollt ist.
Am 10. Mai 1990 wurden die ersten operativen Nachrichtenkanäle des Systems von der Hauptnachrichtenzentrale des Ministeriums für Nationale Verteidigung in Strausberg zu Führungsstellen im Ausland geschaltet. Der Standort der Anlage Langsdorf wurde unter operativ-strategischen Gesichtspunkten des Einsatzes der Nationalen Volksarmee (NVA) im Bestand der Koalition der Teilnehmerstaaten des Warschauer Pakts ausgewählt.
Im Falle eines Kriegs sollten von der Troposphärenstation Langsdorf Nachrichtenkanäle aus dem Troposphären-Nachrichtensystem zum in der Nähe gelegenen Hauptgefechtsstand (HGS) der Volksmarine der DDR geschaltet werden. Zum anderen lag ihr Standort im vorgesehenen Handlungsstreifen der 5. Armee (Militärbezirk V) der NVA im Bestand der Westfront, bestehend aus GSSD und NVA. Erst nach Zuführung und Installation weiterer Troposphärenfungerätesätze hätte sie als Gegenstelle für einschließlich auch mobile Troposphärenfunstation zur Verfügung stehen können.
Die Errichtung der Station Langsdorf und der anderen erfolgte unter einer enormen Belastung des Finanzhaushaltes der DDR und der ökonomischen Ressourcen des Landes. Bereits erwähnte Planungsänderungen im Troposphären-Nachrichtensystem kamen diesem Umstand entgegen, führten zu den erwähnten Änderungen im Ausbau der Station Langsdorf. Eine Gegenstelle auf dem Territorium der Volksrepublik Polen stand nicht zur Verfügung, die geplante Troposphärenachse entlang des Küstenstreifens wurde ausgesetzt, die mobilen Troposphärenfunkgerätesätze waren erst für 1990 zur Einführung in die NVA zugesagt. Alles u.a. Gründe für die Installation nur eines Troposphärenfunkgerätesatzes in der Station Langsdorf. Mit diesem Gerätesatz war die Aufnahme nur einer Troposphärenfunkrichtung möglich, die nach Wollenberg betrieben wurde. Mit diesem Ausrüstungsgrad unterschied sich die Station wesentlich von dem der anderen Stationen in der DDR.
Im Nachrichtensystem der NVA wurde die Funktion und Zweckbestimmung der Troposphärenfunkstationen verschleiert, indem man ihnen die Bezeichnung Stütznachrichtenzentrale 301 -303 (StNZ) zuordnete. Mit diesen Bezeichnungen gingen sie ein in die Arbeit der Nachrichtenorgane von Führungsstellen sowie des Schalt- und Betriebspersonals zusammenwirkender Nachrichtenzentralen.
Heutige Nutzung
Die Bunkeranlage ist privatisiert. Sie wird als Denkmal des Kalten Krieges erhalten und dargestellt. Führungen und Besichtigungen sind möglich. Nach Erlebnisberichten von Besuchern steht die eigentliche Funktion und Zweckbestimmung der Anlage nicht im Mittelpunkt von Besichtigungen, vielmehr wird die dramaturgische Inszenierung einer Kernwaffendetonation ohne Bezug zur Anlage demonstriert. Damit unterscheidet sich die Präsentation der Bunkeranlage Langsdorf wesentlich von der Bunkeranlage Wollenberg, die als Gegenstelle für Langsdorf arbeitete. Hier werden den Besuchern geschichtliche Zusammenhänge zur einstigen Funktion, Zweckbestimmung, Rolle und Aufgaben im strategischen Troposphären-Nachrichtensystem und im Nachrichtensystem der NVA vermittelt.
Literatur
- Joachim Kampe: TUSHURKA die Troposphärenfunkstation 301. Broschüre und Videodokumentation. online: eine geheime Bunkeranlage
- Hans-Werner Deim u. a.: Die militärische Sicherheit der DDR im Kalten Krieg. Inhalte, Strukturen, verbunkerte Führungsstellen, Anlagen. Meißler, Hönow 2008, ISBN 978-3-932566-80-6.
- Götz Thomas Wenzel: Geheimobjekt Atombunker. Die Troposphären-Funkstation Eichenthal. 2. durchgesehene Auflage. Links, Berlin 2008, ISBN 978-3-86153-388-7, Rezension zum Buch.
Weblinks
- Literatur über Bunker Eichenthal in der Landesbibliographie MV
- Deckname Tushurka im strategischen Troposphären- Nachrichtensystem
- Kritisches zu Medienberichten
- Glanz und Schatten einer Philosophie in Eichenthal
- Website des Bunkers 302 (Eichenthal, ebenfalls militär-historisches Baudenkmal)
- Dokumentation Spiegel Online Nov. 2008
- Tag der offenen Tür im Bunker Wollenberg / Mai 2010
- Unzutreffende Aussagen über Eichenthal und das System "BARS"
54.06254912.724281Koordinaten: 54° 3′ 45″ N, 12° 43′ 27″ OKategorien:- Strategischer Bunker
- Militärische Einrichtung (NVA)
- Bunker in Mecklenburg-Vorpommern
- Bauwerk im Landkreis Vorpommern-Rügen
- Baudenkmal im Landkreis Vorpommern-Rügen
- Architektur (DDR)
- Erbaut in den 1980er Jahren
- Lindholz
Wikimedia Foundation.