Carmen de bello saxonico

Carmen de bello saxonico

Carmen de bello saxonico (Lied vom Sachsenkrieg) ist eine hexametrische Dichtung über die Auseinandersetzungen Heinrichs IV. mit den Sachsen.

Das Gedicht beschreibt in drei Büchern von insgesamt 757 Hexametern die ersten Jahre des sächsischen Aufstandes bis zur endgültigen Unterwerfung der unterlegenen Sachsen in Spier im Oktober 1075. Das Carmen ist in seiner Darstellung räumlich auf den Harzraum beschränkt. Das erste Buch berichtet von der allgemeinen Gesetzlosigkeit, die in Sachsen während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. herrschte. Das Carmen verdeutlicht, dass die Zustände während der Minderjährigkeit Heinrich IV. zum Eingreifen in Sachsen veranlasst haben. Es habe in dieser Zeit keinen Respekt vor dem Gesetz, keinen Unterschied zwischen Recht oder Unrecht gegeben. Nach dem Recht des Stärkeren sei den Kirchen, Armen, Witwen und Waisen gewaltsam ihr Eigentum genommen. Als Erwachsener habe Heinrich Recht und Ordnung wiederhergestellt und den Geschädigten das Geraubte zurückgegeben. Dieses Durchgreifen habe bei den Sachsen Furcht und Schmerz hervorgerufen, so dass sie sich zum Krieg gegen den König entschlossen hätten. Das zweite Buch schildert, wie Heinrich im Herbst 1073 ein Reichsheer sammelt und mit einem kleinen Heer den Feldzug durchführt, der als ein glänzender Erfolg gefeiert wird. Nicht erwähnt wird, dass Heinrich sich zu einem Vertrag verpflichten musste, in dem er weitgehend die Forderung der Sachsen auf Zerstörung der Burgen zu erfüllen hatte. Das dritte Buch erzählt von der folgenreichen Zerstörung der Harzburg durch die Sachsen im März 1074, die als ein unrechtmäßiges und verbrecherisches Unternehmen dargestellt wird. Das Buch schließt mit einer Mahnung an den König, gegenüber den Besiegten Milde walten zu lassen. Der Verfasser teilt völlig den Standpunkt des Königs. Von Beginn des Carmen tritt der König als ideale Verkörperung christlicher Herrschertugenden auf. Durch pietas und virtus, die er von seinen Vorvätern übernommen hat, steht er allen voran.[1] Die Sachsen werden als zügellos, übermütig, wild und friedensbrecherisch geschildert. Jeder Erfolg der Sachsen beruht auf List und Verbrechen oder wird gänzlich verschwiegen. Der König hingegen siegt immer und Niederlagen werden übergangen.

Der Verfasser verwendete besonders Vergil, aber auch Lukan und Horaz. Er kannte Ovid und Sedulius und seine Verse weisen Anklänge an Venantius Fortunatus und den Poeta Saxo auf. Außer einer offenkundigen Nähe zum königlichen Hof gibt es in den Versen keine direkten Hinweise über den Verfasser. Erste Vermutungen, Lampert von Hersfeld sei der Verfasser des Carmen, wurden schnell widerlegt. Besonders enge Zusammenhänge ergeben sich zwischen dem Carmen und der allerdings erst drei Jahrzehnte später verfassten Vita Heinrici IV. imperatoris eines ebenfalls anonymen Verfassers, dessen Identität mit dem Carmen mittlerweile als gesichert gilt. Aufgrund der genauen Kenntnis der Verhältnisse in Sachsen und seiner das Carmen durchziehenden Absicht, den König milde zu stimmen, ist es möglich, dass es sich beim Verfasser des Carmen um einen königsfreundlichen Sachsen gehandelt hat, der nach karolingischem Vorbild sein Volk wieder mit dem König aussöhnen wollte.[2]

Das Epos ist nur handschriftlich in einer Abschrift des 16. Jahrhunderts überliefert. Georg Heinrich Pertz hatte 1851 erstmals dem wissenschaftlichen Publikum das Gedicht vorgestellt und seine Herkunft im Humanismus verortet. Doch konnte an gewissen Eigenarten der Abschrift gezeigt werden, dass ihr eine Handschrift aus dem ausgehenden 11. Jahrhundert oder beginnenden 12. Jahrhundert zugrunde gelegen haben muss. Nach einhelliger Meinung der Forschung ist das Gedicht spätestens zur Jahreswende 1075/76 fertiggestellt worden.

Werkausgaben

  • Franz-Josef Schmale/ Irene Schmale-Ott: Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV. Lateinisch und deutsch. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe; 12). 5. Aufl., unveränd. Nachdr. der 4. Aufl., Darmstadt 2006 ISBN 3-534-19876-X. (enthält das Carmen de bello saxonico. Das Lied vom Sachsenkrieg (S. 143–189)

Literatur

Weblinks

Anmerkungen

  1. Carmen I, 8ff.
  2. Bernhard Vogel: Zum Quellenwert des Carmen de bello Saxonico In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Bd. 52 (1996), S. 85–133, hier: S. 132.

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