- Das Schloß Dürande
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Das Schloß Dürande ist eine Novelle von Joseph von Eichendorff, die, im Winter 1835/1836 entstanden, zur Herbstmesse 1836 im Taschenbuch „Urania“ beim F. A. Brockhaus Verlag in Leipzig erschien.[1]
Der Jäger Renald begehrt zu Beginn der Französischen Revolution gegen die gräfliche Herrschaft auf und kommt dabei um.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Schloss Dürande bei Marseille um 1789:[2] Nachdem Renald Dübois annehmen muss, seine Schwester Gabriele ist mit dem jungen Grafen Hippolyt von Dürande nach Paris durchgebrannt[3], geht er zu seinem Herrn, dem alten Grafen, Dürande und bittet „ehrerbietig um kurzen Urlaub zu einer Reise nach Paris“. Der alte Herr gestattet lachend die Reise. Weiß er doch um den Grund. Er bittet seinen Jäger nur, es nicht gar zu arg zu machen.
In Paris angekommen, stellt Renald den jungen Grafen Dürande zur Rede. Der Adelige weiß angeblich nichts von Gabriele. Renald glaubt, die Schwester werde gegen ihren Willen im gräflichen Pariser Palast festgehalten und will nur sein Recht. Fast bis zum König dringt der Jäger vor. Graf Dürande - im Gefolge des Herrschers - lässt den zudringlichen Renald mehrere Monate ins Irrenhaus einsperren. Der Insasse kann entfliehen und schlägt sich bis in die heimatliche Provence durch. Daheim ist seine Stelle inzwischen von einem anderen Jäger besetzt. Auch in Südfrankreich wächst die Aufruhr; schreitet von Schloss zu Schloss vor. Der alte Graf Dürande hat alles Pulver im Eckturm seines Schlosses zusammentragen lassen. Vor dem Sturm auf Schloss Dürande stirbt der alte Herr. Der Sohn eilt aus Paris herbei. Die „Bande“ dringt ins Schloss ein. Gabriele, inzwischen auch wieder auf Schloss Dürande, hat sich so wie der junge Graf gekleidet, um dem Geliebten die Flucht aus dem Schloss zu ermöglichen. Beide werden von tödlichen Kugeln getroffen.
Renald, der als Angreifer den jungen Schlossherrn und zu seinem eigenen maßlosen Entsetzen auch die geliebte Schwester Gabriele auf dem Gewissen hat, erfährt noch vom getreuen sterbenden Schlosswart Nicolo die Wahrheit. Die Schwester war dem jungen Grafen nachgelaufen und hatte sich im Pariser Palast als Gärtnerbursche „verdungen“. Auch der junge Graf habe seinerseits Gabriele „geliebt bis in den Tod“. Renalds Haar ergraut. Der Jäger folgt dem Liebespaar freiwillig in den Tod: Er steckt das Schloss Dürande „an allen vier Ecken“ an. Die Flammen erreichen den Eckturm. Mit einem „furchtbaren Blitz“ stürzt das Gemäuer zusammen.
Form
Nach Goethe dürfe ein Prosatext keine Moral predigen.[4] Eichendorff beschließt seine Novelle mit dem Appell: „Du aber hüte dich, das wilde Tier zu wecken in der Brust, daß es nicht plötzlich ausbricht und dich selbst zerreißt.“[5] Somit verstößt er gegen diese Maxime.
Eichendorff steht als Adeliger auf der Seite des jungen Grafen Dürande. Die Gegenpartei, also die Angreifer auf das Schloss, sind - Renald ausgenommen - plünderndes[6] „Gesindel“.[7]
Rezeption
Zeitgenossen
- Am 3. November 1836 in der Zeitschrift „Phönix“[8], Frankfurt am Main: „Seine [Eichendorffs] Figuren jagen wie Schattenbilder über die Scene,…“
- Am 15. November 1836 in den „Blättern für literarische Unterhaltung“[9], Leipzig: „Liebe, Leben, Tod, Sprache, Charakteristik, Alles ist seltsam und in seiner Seltsamkeit poetisch,…“
- Philipp von Leitner, Berlin, am 16. November 1836 in „Literarische und Kritische Blätter der Börsen-Halle“[10], Hamburg: „Wir hören hier wieder einmal die Wälder rauschen, die Quellen sprechen, Nachtigallen singen,…“
- O. L. B. Wolff lobt im Dezember 1836 in der „Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung“[11] „die reiche Ausstattung des gesammten Gemäldes“ und hebt das Verhältnis der Protagonisten „zu dem Ganzen“ besonders hervor.
- In seinem Verriss vom 15. April 1837 in dem Blatt „Westfalen und Rheinland“[12] wirft Arnold Mundt den Verfasser in einen Topf mit Jean Paul. Diese Autoren hätten sich späterhin unbewusst selbst kopiert.
- Schillbach und Schultz[13] sehen die Novelle anno 1993 als Warnung des Autors. Nach dem Hambacher Fest in der Folge der französischen Julirevolution von 1830 müsse - so meine Eichendorff - der Ruf der Liberalen nach „Freiheit und Gleichheit!“ unterdrückt werden.
- Hillach und Krabiel zitieren eine Arbeit von Helmut Koopmann[14], nach der Eichendorff als tiefere Ursache der Französischen Revolution die „Emanzipation des Verstandes“[15] erkannt habe.
- Obwohl Eichendorff die Französische Revolution nicht gutheißen konnte, habe er sie doch als begreifliche Folge staatlichen Unrechts gesehen.[16]
- Renalds Beziehung zur Schwester Gabriele könne als inzestuös verstanden werden. Renalds Missverstehen der Beziehung von Gabriele zum jungen Grafen[17] und Gabrieles „Geschlechterwechsel“ lösten das tödliche Ende aus.[18]
- Nach Schulz[19] wird die „künstlerische Geschlossenheit“ der Novelle nicht durch das Revolutionsgeschehen erreicht, sondern den „Liebeskonflikt“. Die drei Protagonisten scheiterten hauptsächlich „an sich selbst“.
Vorbilder
- In manchen Untersuchungen aus dem 20. Jahrhundert werde die Novelle als Variante des Michael Kohlhaas gesehen.[18][20][21]
- In jungen Jahren habe Eichendorff „Klara du Plessis und Klairant“ gelesen und sich später darauf besonnen.[22]
Vertonung
Die gleichnamige Oper von Othmar Schoeck wurde am 1. April 1943 an der Staatsoper Unter den Linden uraufgeführt. Hermann Burte schrieb das Libretto nach Eichendorff. Es sangen Peter Anders, Maria Cebotari, Willi Domgraf-Fassbaender, Josef Greindl, Marta Fuchs und Gerhard Hüsch.
Weblinks
Literatur
- Ansgar Hillach, Klaus-Dieter Krabiel: Eichendorff-Kommentar. Band I. Zu den Dichtungen. 230 Seiten. Winkler, München 1971
- Helmut Koopmann: Joseph von Eichendorff. S. 505-531 in Benno von Wiese (Hrsg.): Deutsche Dichter der Romantik. Ihr Leben und Werk. 659 Seiten. Erich Schmidt Verlag, Berlin 1983 (2. Aufl.), ISBN 3-503-01664-3
- Paul Michael Lützeler (Hrsg.): Achim von Arnim. Hollin's Liebeleben. Gräfin Dolores. Bd. 1 in: Roswitha Burwick (Hrsg.), Jürgen Knaack (Hrsg.), Paul Michael Lützeler (Hrsg.), Renate Moering (Hrsg.), Ulfert Ricklefs (Hrsg.), Hermann F. Weiss (Hrsg.): Achim von Arnim. Werke in sechs Bänden. 825 Seiten. Deutscher Klassiker Verlag Frankfurt am Main 1989 (1. Aufl.), ISBN 3-618-60010-0
- Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Teil 2. Das Zeitalter der Napoleonischen Kriege und der Restauration: 1806 - 1830. 912 Seiten. München 1989, ISBN 3-406-09399-X
- Günther Schiwy: Eichendorff. Der Dichter in seiner Zeit. Eine Biographie. 734 Seiten. 54 Abbildungen. C. H. Beck, München 2000, ISBN 3-406-46673-7
- Detlev Kremer: Romantik. Lehrbuch Germanistik. 342 Seiten. Metzler Stuttgart 2007 (3. Aufl.), ISBN 978-3-476-02176-2
Zitierte Textausgabe
- Das Schloß Dürande. Novelle S. 421-465 in Brigitte Schillbach (Hrsg.), Hartwig Schultz (Hrsg.): Dichter und ihre Gesellen. Erzählungen II. in Wolfgang Frühwald (Hrsg.), Brigitte Schillbach (Hrsg.), Hartwig Schultz (Hrsg.): Joseph von Eichendorff. Werke in fünf Bänden. Band 3. 904 Seiten. Leinen. Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main 1993 (1. Aufl.), ISBN 3-618-60130-1
Einzelnachweise
Quelle meint die zitierte Textausgabe
- ↑ Quelle, S. 822, 15. Z.v.o. und S. 821, 3. Z.v.o.
- ↑ Quelle, S. 839, 2. Z.v.u. und S. 840, 9. Z.v.o.
- ↑ Renald wusste von der heimlichen Liebe der Schwester zu dem jungen Herrn. Deshalb hatte er Gabriele in ein Kloster gesteckt. Daraus war sie entwichen, als sich der junge Graf nach Paris begeben hatte,
- ↑ Lützeler im Kommentar, S. 757, 11. Z.v.u.
- ↑ Quelle, S. 465, 12. Z.v.o.
- ↑ Quelle, S. 457, 21. Z.v.o.
- ↑ Quelle, S. 459, 27. Z.v.o. und 33. Z.v.o.
- ↑ zitiert in der Quelle, S. 831, 12. Z.v.u.
- ↑ zitiert in der Quelle, S. 832, 16. Z.v.o.
- ↑ zitiert in der Quelle, S. 833, 13. Z.v.u.
- ↑ zitiert in der Quelle, S. 834, 15. Z.v.o.
- ↑ zitiert in der Quelle, S. 835, 16. Z.v.o.
- ↑ Quelle, S. 822-823, Kapitel „Aspekte der Deutung“
- ↑ Hillach und Krabiel, S. 159, 20. Z.v.o.
- ↑ Hillach und Krabiel, S. 159, 7. Z.v.u.
- ↑ Schiwy, S. 546 oben
- ↑ Koopmann, S. 523, 13. Z.v.o.
- ↑ a b Kremer, S. 187, 16. Z.v.o.
- ↑ Schulz, S. 499 oben
- ↑ Hillach und Krabiel, S. 158, 2. Z.v.u.
- ↑ Schiwy, S. 546, 13. Z.v.o.
- ↑ Schulz, S. 499, 8. Z.v.o.
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