Staatsoper Unter den Linden

Staatsoper Unter den Linden
Staatsoper Unter den Linden, Fassade Unter den Linden, 2003
Staatsoper Unter den Linden, Seitenansicht vom Bebelplatz, 2006


Die Staatsoper Unter den Linden (auch Deutsche Staatsoper oder Staatsoper Berlin) ist das älteste Opernhaus und Theatergebäude in Berlin und befindet sich im Ortsteil Mitte des gleichnamigen Bezirks. Sie ist die zweitgrößte der drei Staatsopern des Landes Berlin und mit ihren Schwesterinstituten Deutsche Oper Berlin und Komische Oper, dem Staatsballett Berlin und den Berliner Opernwerkstätten Teil der Berliner Opernstiftung. Das Gebäude Unter den Linden wurde zwischen 2010 und 2013 für Sanierungsarbeiten geschlossen; die Staatsoper nutzt in dieser Zeit das Schillertheater in Charlottenburg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

18. Jahrhundert

Das Opernhaus in der ursprünglichen Form, um 1745

Der Architekt Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff begann im Juli 1741 im Auftrag Friedrichs II. mit dem Bau der Königlichen Hofoper. Besonders hervorzuheben ist bei dem Entwurf die palladianische Front zur Straße Unter den Linden (siehe auch: La Rotonda). Noch Monate vor der Fertigstellung des Gebäudes 1743 wurde das Opernhaus am 7. Dezember 1742 mit Carl Heinrich Grauns Cleopatra e Cesare eröffnet. Das Gebäude gehörte zur Anlage des Forum Fridericianum am Opernplatz, dem heutigen Bebelplatz, und verfügte neben dem Hauptsaal über einen weiteren Saal, den Apollosaal. Durch Anheben des Parketts im Theaterraum konnten beide zu einem großen Festraum verbunden werden.

Das Haus war das erste königliche Theatergebäude und das erste freistehende Opernhaus Deutschlands sowie das damals größte Europas.

19. Jahrhundert

In der Nacht vom 18. zum 19. August 1843 brannte die Lindenoper bis auf die Grundmauern ab. Das von dem Architekten Carl Ferdinand Langhans unter Verlegung des Eingangs an die Nordseite wieder aufgebaute Opernhaus wurde ein Jahr später mit Giacomo Meyerbeers Ein Feldlager in Schlesien neu eröffnet. Kleinere Umbauten erfolgten 1869. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurden eiserne Nottreppen angebracht.

Bereits im 17. Jahrhundert begleitete die Königliche Kapelle (die heutige Staatskapelle Berlin) die Opernaufführungen als Orchester. Die historischen Wurzeln der Staatskapelle reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück; sie wird im Jahr 1570 erstmals urkundlich als Kurfürstliche Hofkapelle erwähnt. Wilhelm Taubert initiierte 1842 die bis heute bestehende Tradition selbstständiger und regelmäßiger Sinfoniekonzerte der Kapelle. Ebenfalls im Jahre 1842 wurde Giacomo Meyerbeer als Nachfolger von Gaspare Spontini zum Generalmusikdirektor berufen, während Felix Mendelssohn Bartholdy die Sinfoniekonzerte leitete.

Als Chor der Staatsoper fungierte zunächst ein aus Schülern der Berliner Gymnasien bestehender Laienchor; ab 1821 wurde der Staatsopernchor mit Festengagements eingerichtet.

20. Jahrhundert

Innenansicht des Hauptsaals

Nach Ende der Monarchie wurde die Hofoper Unter den Linden in Staatsoper Unter den Linden umbenannt und aus der Königlichen Kapelle entstand die Kapelle der Staatsoper. Von 1924 bis 1928 wurde das Bühnenhaus stark modernisiert, unter anderem wurde der Bühnenturm komplett unterfangen, um die neuen Seitenbühnen anbauen zu können, die einen rascheren Kulissenwechsel nach modernen Regieanforderungen ermöglichten. Die Hauptbühne wurde technisch völlig neu strukturiert, unter anderem durch den Einbau von Doppelstockpodien, einer komplett hydraulischen Obermaschinerie und fahrbaren Seitenbühnenwagen (Wiedereröffnung 28. April 1928). Gleichzeitig wurde die Kroll-Oper mitbespielt und zeitweise als Ausweichspielstätte genutzt.

Brand der Staatsoper nach einem Bombenangriff, 1941

Während der Zeit des Nationalsozialismus diente das Haus der Repräsentation der Staats- und Parteiführung. Als preußisches Staatstheater unterstand es dem preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring. Jüdische Sänger, Musiker, Dirigenten und anderes Personal wurden aus dem Hause gedrängt, nicht mehr engagiert und zum Teil ermordet. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Staatsoper zweimal durch Bombeneinschläge vollständig zerstört. Es folgten Neuaufbauten zwischen 1941 und 1942, an denen der Bildhauer Fritz Szalinski mit Arbeiten beteiligt war, sowie von 1952 bis 1955 durch Richard Paulick in Anlehnung an das Knobelsdorff'sche Original. Einige Teile der historischen Fassade wurden von Paulick in die Rekonstruktion integriert. Der Paulick-Bau gilt in seinem sogenannten Nationalen Stil der DDR heute als eigenes Denkmal.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt das am 23. August 1945 provisorisch wiedereröffnete Spielhaus den Namen Deutsche Staatsoper[1]. Man unterstrich damit im Ostsektor Berlins den Anspruch, für ganz Deutschland zu sprechen, da damals die Wiedervereinigung Deutschlands unter sozialistischer Gesellschaftsordnung erklärtes Ziel war. Als erster Intendant fungierte Ernst Legal. 1955 wurde zur großen Wiedereröffnung des Hauses Unter den Linden die alte Fries-Inschrift Fridericus Rex Apollini et Musis, die auf den historischen Preußencharakter des Hauses verwies, entfernt und durch den Schriftzug Deutsche Staatsoper ersetzt.

Bis zur Wiedereröffnung des Opernhauses im September 1955 wurden der Große Sendesaal des Funkhauses in der Masurenallee und der Admiralspalast als Spielstätten genutzt. Während der SED-Diktatur diente das Haus der Repräsentation der Staats- und Parteiführung. Künstlerisch erfolgte, nicht zuletzt durch die stattfindende Zensur, eine deutliche Erstarrung. Viele Musiker der Staatskapelle, von denen etliche in den Westsektoren Berlins wohnten, flohen vor der Diktatur und waren maßgeblich an der Gründung des RIAS-Sinfonieorchesters (heute Deutsches Symphonie-Orchester Berlin) beteiligt, andere jedoch blieben noch bis zum Bau der Mauer als West-Berliner am Hause tätig. Nach der Errichtung der Berliner Mauer setzte sich die künstlerische Auszehrung fort. Fehlende Internationalität wusste die DDR-Führung dadurch auszugleichen, dass bedeutende Musiker und Sänger in der DDR quasi verpflichtet waren, auch an der Lindenoper aufzutreten, um ihr Fortkommen nicht zu gefährden. Dies führte vor allem in Leipzig und Dresden zu großer Ablehnung des Berliner Hauses.

Detail im Hauptsaal

Das Opernhaus verfügt derzeit über 1396 Plätze und ist damit vergleichsweise klein (Bayerische Staatsoper 2101 Plätze, Staatsoper Hamburg 1698 Plätze, Deutsche Oper Berlin 1954 Plätze, Metropolitan Opera 4065 Plätze, Wiener Staatsoper 2276 Plätze). Das Haus wurde zuletzt 1983 bis 1986 umfassend restauriert.

Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland und der Wiedervereinigung Berlins erhielt die Oper ihren angestammten Namen zurück, auch zur Vermeidung von Verwechslungen mit der ähnlich klingenden Deutschen Oper Berlin.

Der am 6. Dezember 1992 gegründete Verein der Freunde und Förderer der Deutschen Staatsoper Berlin e. V. unterstützt die Arbeit der Staatsoper finanziell und ideell. Zu seinen Gründungsmitgliedern gehören Hans-Dietrich Genscher, Friede Springer, Teddy Kollek und Henry Kissinger. Geschäftsführerin ist seit 2009 Evelyn Fischer, der Vorsitzende des Fördervereins ist der Unternehmer Peter Dussmann.

21. Jahrhundert

Ausweich-Spielort des Opern-Ensembles: Das Schillertheater

Die nach der Jahrtausendwende anvisierte bauliche Sanierung der Lindenoper führte zunächst zu heftigen Kontroversen. Der von einer Jury prämierte Entwurf des Architekten Klaus Roth, der den Abriss des alten Saals und eine Neugestaltung des Zuschauerraums vorgeschlagen hatte, wurde nach Eingreifen des Regierenden Bürgermeisters und Kultursenators Klaus Wowereit verworfen.[2] Die Sanierung wurde darauf Mitte 2008 neu ausgeschrieben; in den neuen Auflagen wurde eine stärkere Berücksichtigung des Denkmalschutzes gefordert, die Gestaltung des Innenraums müsse sich am Vorbild des DDR-Architekten Richard Paulick orientieren. Anfang 2009 erhielt darauf das Stuttgarter Architektenbüro HG Merz den Zuschlag für die Generalplanleistung.[3]

Seit September 2010 werden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen im Umfang von 239 Mio. Euro durchgeführt; mit 200 Mio. Euro trägt der Bund den größten Teil dieser Kosten, weitere 30 Mio. Euro möchte der Verein der Freunde der Staatsoper durch Spenden aufbringen. Die Sanierung umfasst das Operngebäude (rund 126 Mio. Euro), die Bühnentechnik (rund 50 Mio. Euro), das Intendanzgebäude (rund 90 Mio. Euro), das Magazingebäude mit neuen Probensälen sowie das Verbindungsbauwerk.[4]

Im Rahmen der Baumaßnahme sollen auch Verbesserungen der Akustik und der Sichtverhältnisse im Zuschauerraum erreicht werden. Das bisher baulich gegebene Klangbild des Zuschauerraumes wird durch eine sehr geringe Raumresonanz bestimmt; seit den 1990er Jahren wurde daher eine Nachhallverlängerungsanlage genutzt.[5]

Mit dem Ziel, die Nachhallzeit zu verlängern – ein Wunsch des Generalmusikdirektors Daniel Barenboim – wird die Decke des Innenraumes um vier Meter angehoben, das Raumvolumen von 6500 auf 9500 m³ vergrößert, was allerdings von außen nicht zu sehen sein wird, denn die Kubatur des denkmalgeschützten Gebäudes bleibt gemäß der denkmalpflegerischen Vorgaben erhalten. Die baulichen Veränderungen sollen nach akustischen Berechnungen die Nachhallzeit von rund 1,1 auf 1,6 Sekunden erhöhen.[6]

Das Ensemble zog für die Zeit der Sanierungsmaßnahmen in das Schillertheater in der Bismarckstraße in Charlottenburg um; der neue Spielort wurde am 3. Oktober 2010 mit der Uraufführung von Jens Joneleits Oper Metanoia eröffnet, bei der ursprünglich Christoph Schlingensief Regie führen sollte. Das Schillertheater – eigentlich eine Bühne für das Sprechtheater – war seit Januar 2009 renoviert und für die Bedürfnisse des Opernbetriebes vorbereitet worden. Veranstaltungen, die zuvor im Apollo-Saal der Staatsoper Unter den Linden durchgeführt wurden, finden während der Sanierung entweder im Foyer des Schillertheaters, im Bode-Museum oder im Roten Rathaus in Berlin-Mitte statt.

Der Wiedereinzug in das Staatsoperngebäude in der Straße Unter den Linden ist für den Beginn der Spielzeit 2014/2015 mit einer Aufführung am 3. Oktober 2014 (Tag der Deutschen Einheit) geplant.

Bedeutende Uraufführungen an der Staatsoper

Künstlerische und musikalische Leiter, Generalmusikdirektoren

Generalmusikdirektoren bis 1918

Künstlerische Leiter und Generalmusikdirektoren ab 1918 Musikalische Leiter

Ab 1936 gab es unter dem Intendanten Heinz Tietjen mehrere ständige Dirigenten mit unterschiedlich großem Einfluss:

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es verschiedene Chefdirigenten:

Intendanten und Dirigenten

Intendanten und Dirigenten bis 1918

Intendanten ab 1918

Künstlerisches Profil

  • Neben künstlerisch höchst produktiven Phasen, die schon durch die lange Geschichte von Haus und Ensemble bedingt sind, forderte die ästhetische Erstarrung, die immer wieder mit der Hauptfunktion des Hauses als Hof- und Staatstheater der Hohenzollern, des NS- und SED-Staates sowie jetzt auch zum Teil der Bundesrepublik einherging, schon mehrmals zu Gegengründungen heraus. So verstanden und verstehen sich teils bis heute Einrichtungen wie die Kroll-Oper, die Komische Oper von 1905 an der Weidendammer Brücke oder das Deutsche Opernhaus in Charlottenburg (heute Deutsche Oper Berlin) als innovative und anti-elitäre Gegengründungen.
  • Eine eigene Balletcompagnie hat das Haus nicht mehr. Das 2004 aus dem Staatsopernballett und dem Ballett der Deutschen Oper Berlin hervorgegangene Staatsballett Berlin unter seinem Intendanten Vladimir Malakhov spielt neben seinen Vorstellungen an den anderen Berliner Opernhäusern an der Staatsoper Unter den Linden.
  • Bemerkenswerte Produktionen der letzten Jahre sind unter anderem ein Zyklus mit sämtlichen Sinfonien und Klavierkonzerten Beethovens mit Daniel Barenboim als Solist/Dirigent; ein zehnteiliger Wagner-Zyklus zu den Festtagen 2002 (weltweit erste Aufführung der zehn Hauptwerke Wagners unter derselben musikalischen Leitung, Regie und Bühnenbild) innerhalb einer Woche. Sowie die Aufführung von Barockopern wie Cleopatra e Cesare, Croesus, L’opera seria und Griselda unter der Leitung des Barock-Spezialisten René Jacobs mit unterschiedlichen Gast-Orchesterensembles auf historischen Instrumenten.

Gastspiele

Auswahl von Gastspielen der Staatsoper:

Siehe auch

Literatur

  • Rold Hosfeld, Boris Kehrmann, Rainer Wörtmann: Friedrichs Traum. Die Berliner Staatsoper Unter den Linden. Metz, Hamburg 2000, ISBN 3-9805563-6-0.
  • Georg Quander (Hrsg.): 250 Jahre Opernhaus Unter den Linden. Apollini et musis. Propyläen, Frankfurt am Main/Berlin 1992, ISBN 3-549-05209-X.
  • Sabine Vogt-Schneider: „Staatsoper Unter den Linden“ oder „Deutsche Staatsoper“? Auseinandersetzungen um Kulturpolitik und Spielbetrieb in den Jahren zwischen 1945 und 1955. Kuhn, Berlin 1998, ISBN 3-928864-57-2.
  • Hugo Fetting: Die Deutsche Staatsoper. Berlin 1937, 1955, 1960.
  • Erich Meffert: Das Haus der Staatsoper und seine neue Gestaltung, dargebracht von der Generalintendanz der Preussischen Staatstheater. M. Beck, Leipzig 1944.
  • Julius Kapp (Hrsg.): 185 Jahre Staatsoper. Festschrift zur Wiedereröffnung des Opernhauses Unter den Linden am 28. April 1928. Berlin 1928.
  • Louis Schneider: Geschichte der Oper und des königlichen Opernhauses in Berlin. Duncker und Humblot, Berlin 1852.

Weblinks

 Commons: Staatsoper Unter den Linden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Institut für Zeitgeschichte (DDR): Geschichtliche Zeittafeln / Deutsche Demokratische Republik, Kongress-Verlag Berlin 1954, S.10
  2. Berliner Staatsoper: Sanierung wird neu ausgeschrieben. In: Focus. 15. Juli 2008. Abgerufen am 10. November 2010.
  3. Stuttgarter Architekten sanieren Staatsoper Unter den Linden. In: Neue Musikzeitung. (NMZ), 7. März 2009. Abgerufen am 10. November 2010.
  4. Baumaßnahmen zur Sanierung der Staatsoper beginnen im September 2010, Staatsoper im Schiller-Theater, abgerufen am 10. November 2010.
  5. Staatsoper unter den Linden: Jürgen Flimm wird neuer Intendant. In: Spiegel Online – Kultur. 22. Dezember 2008. Abgerufen 22. Dezember 2008.
  6. Stefan Kirschner: So wird die Lindenoper zum Klingen gebracht. In: Morgenpost.de. 18. August 2010. Abgerufen am 28. September 2010.
  7. Kerstin Decker: Dirigent Otmar Suitner – Klassisch war nur die Musik In: tagesspiegel.de. vom 15. Mai 2009. Abgerufen am 14. Oktober 2010.

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