Der Campus

Der Campus

Der Campus ist ein 1995 erschienener Universitätsroman von Dietrich Schwanitz. Der Autor zeichnet ein satirisch überspitztes Bild von Intrigen und Vetternwirtschaft an der Hamburger Universität und von der Vernichtung der Karriere eines angesehenen Hamburger Soziologie-Professors durch den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs am Arbeitsplatz.

Die Universitätssatire war das erste belletristische Werk des Anglisten Schwanitz und machte ihn einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.[1] Vor allem nachdem die gleichnamige Verfilmung Der Campus unter der Regie von Sönke Wortmann 1998 in die Kinos gekommen war, wurde der Roman zum Bestseller. Ebenfalls 1998 veröffentlichte Schwanitz als eine Art Fortsetzung die Kriminalkomödie Der Zirkel.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Hanno Hackmann, Professor für Kultursoziologie, hat eine Affäre mit Barbara Clauditz, einer seiner Studentinnen. Die Beziehung wird ihm zu heikel, da er befürchtet, wegen „Unzucht mit Abhängigen“ belangt zu werden, und er beschließt, sie zu beenden. Hackmann lässt sich zu einem letzten Beischlaf in seinem Büro hinreißen, wobei das Paar von Arbeitern auf einem Baugerüst beobachtet wird.

Einige Zeit später − inzwischen hat Barbara das Studium abgebrochen und will nun Schauspielerin werden − ruft die Leiterin des Studiengangs für Theater und Schauspielerei die Frauenbeauftragte der Universität an und berichtet von einer Studentin, die, nachdem sie auf der Bühne eine Vergewaltigungsszene gespielt habe, ihr unter Tränen gesagt habe, dass sie diese Situation in Wirklichkeit auch schon erlebt habe. Nun würde sie nach einem Nervenzusammenbruch in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses liegen. Daraufhin wird Bernd Weskamp, der Vorsitzende des Disziplinarausschusses, von der Frauenbeauftragten aufgefordert, dieser Sache nachzugehen.

Weskamp will der Angelegenheit zunächst keine weitere Beachtung schenken, wird dann aber von dem unter politischem Druck stehenden Präsidenten der Universität gezwungen, eine Befragung mit dem angeblichen Opfer durchzuführen. Bei der Befragung bestreitet Barbara Clauditz, dass es eine Vergewaltigung gegeben habe, weshalb Weskamp beschließt, den Fall abzuschließen.

Martin Sommer, ein junger Mitarbeiter der Zeitung JOURNAL, wird auf den „Vergewaltigungsfall“ hingewiesen (eigentlich hingelenkt bzw. abgelenkt von einer anderen universitätsinternen Geschichte). Um der Sache Substanz zu geben, wird das Protokoll von Barbaras Befragung verfälscht. Ein entsprechender Artikel erscheint, eine aus Unikreisen gesteuerte Demonstration wird vom Fernsehen aufgebauscht, weitere Berichterstattung folgt, gefüttert mit Material aus den gleichen Unikreisen, wodurch der Präsident der Universität und somit auch Weskamp zunehmend unter den Druck von Öffentlichkeit und Medien geraten.

Währenddessen verschlechtert sich Hackmanns Zustand, der nicht mehr schlafen kann. Als Weskamp in einem Gespräch ihm beiläufig mitteilt, dass Barbara den Namen des Täters genannt habe, reagiert er panisch und lenkt so Weskamps Verdacht auf sich. Als Weskamp erfährt, dass es Zeugen für die Vergewaltigung gäbe, entschließt er sich, ein entschiedenes Vorgehen gegen Hackmann zur Förderung der eigenen Karriere zu instrumentalisieren.

Weskamp lädt Hackmann zu einer Anhörung vor dem großen Disziplinarausschuss vor, wo über die Einleitung eines Verfahrens diskutiert werden soll. Der Präsident hatte eine öffentliche Anhörung gewünscht, um sich als Kämpfer gegen sexuelle Belästigung und Nötigung zu profilieren. Zwar wird bei der Anhörung eine unterschriebene Aussage Barbaras vorgelegt, in der sie bekundet, es sei nur eine Affäre gewesen und eine Vergewaltigung habe nicht stattgefunden. Doch aufgrund falscher Schlüsse von Barbaras Ärztin und der Aussagen der Bauarbeiter, die nun eine eindeutige Vergewaltigung beobachtet haben wollen, hat Hackmann keine Chance mehr. Zum Ende der Anhörung, da sowieso schon alles verloren ist, klärt Hackmann die Anwesenden über die Korruption an der Universität und seine Opferrolle in dieser ganzen politischen Kampagne auf.

Kritik

Der Sozialwissenschaftler und Politologe Simon Möller sieht Schwanitz’ Roman als Teil einer Welle gegen „politische Korrektheit“ und Feminismus gerichteter Werke, die das Ziel hatten, den Feminismus zu stigmatisieren und emanzipatorische Bestrebungen lächerlich zu machen oder zur Gefahr zu stilisieren. In Der Campus werde „politische Korrektheit“, und was Schwanitz darunter versteht, nämlich vor allem Feminismus und Emanzipation, als zentrales Problem (nicht nur) der Universitäten behauptet. Der Campus konstruiere das Feindbild eines übermächtigen, sexfeindlichen und „politisch korrekten“ Feminismus an den Universitäten, wobei eine Frauenbeauftragte mit sämtlichen gängigen antifeministischen Klischees ausgestattet wird. Hackmann, der Professor aus Der Campus, fühlt sich als Opfer eines hegemonialen Feminismus und zieht am Ende des Romans das Resümee, die Universität werde von „Hilfsbütteln der Gesinnungspolizei“ und einem „Haufen Feministinnen und Fundamentalisten“ regiert. Möller sieht Schwanitz’ Roman als Teil eines antifeministischen Backlash.[2]

Ausgaben

Außerdem erschienen Buchgemeinschafts-Lizenzausgaben der Büchergilde Gutenberg und des Bertelsmann-Clubs.

  • Hörbuch: Der Campus. Gelesen von Christian Baumann. Der Hörverlag, München 1998, ISBN 3-89584-473-X
  • Verfilmung: Der Campus. 123 min. Deutschland 1998. Regie: Sönke Wortmann, Drehbuch: Dietrich Schwanitz, Produktion: Bernd Eichinger, Verleih: Constantin Film. Starlight Video 22588.

Literatur

Rezensionen

  • Friedmar Apel: Dem Grauen entbunden. Weltneuheit: ein lustiger Roman aus der deutschen Universität. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 31. März 1995
  • Franziska Frank: Saatgrund. Dietrich Schwanitz: Der Campus. In: Süddeutsche Zeitung. 15./16./17. April 1995
  • Eva Leipprand: Lodernder Irrsinn. Dietrich Schwanitz' Campus-Roman. In: Neue Zürcher Zeitung. 11./12. März 1995
  • Christine Pries: Die Hosen des Herrn Hackmann. Dietrich Schwanitz gibt sein Romandebüt: „Der Campus“. In: Frankfurter Rundschau. 8. Juni 1995

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Stachowicz 2001, S. 28
  2. Simon Möller: Sexual Correctness: Die Modernisierung antifeministischer Debatten in den Medien. Leske + Budrich, Opladen 1999, ISBN 3810023019. Simon Möller: Operation gelungen. In: der Freitag, 2003, abgerufen am 27. Dezember 2010. Rolf Löchel: Freiheit oder Feminismus: Antifeminismus in den Printmedien. Abgerufen am 27. Dezember 2010.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Campus Bockenheim — Eingang „Jügelhaus“ Sozialzentrum …   Deutsch Wikipedia

  • Campus for Finance — e.V. Vorsitzender Johannes Frankenfeld Rechtsform Eingetragener Verein Gegründet 2004 Sitz Vallendar …   Deutsch Wikipedia

  • Campus Brigittenau — von der Heiligenstädter Brücke aus. Von links nach rechts: Firnberg, Panorama, Schärf. Der Campus Brigittenau ist ein Verbund von Studentenheimen im 20. Wiener Gemeindebezirk Brigittenau. Mit ca. 1700 Bewohnern ist der Campus der größte… …   Deutsch Wikipedia

  • CAMPUS (Datenbank) — CAMPUS www.campusplastics.com Beschreibung Materialinformationssystem für Kunststoffe …   Deutsch Wikipedia

  • Campus Berufsbildung — e.V. Schulform Berufsbildende Schule Ort Berlin Land Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Campus-Verlag — GmbH Rechtsform GmbH Gründung 1975 …   Deutsch Wikipedia

  • Campus Fichtenhain — Der Campus Fichtenhain ist ein 74.500 m² großes Areal im Süden der Stadt Krefeld. Er wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als „Rheinische Provinzial Fürsorgeerziehungsanstalt“ errichtet. Heute ist er ein Gewerbestandort, der vor allem von… …   Deutsch Wikipedia

  • Campus Vienna Biocenter — 5 Campus Vi …   Deutsch Wikipedia

  • Campus (Begriffsklärung) — Campus (lat. campus – Feld) ist die Bezeichnung für die Gesamtanlage einer Hochschule oder ähnlichen Institution, das heißt das Gelände mit mehreren zusammengehörenden Gebäuden/Einrichtungen. Campus steht außerdem für: CAMPUS (Datenbank), eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Campus Tower — Hertie Zentrale Basisdaten Ort: Herriotstraße 4 (Niederrad) Eröffnung: 1969 …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”